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Die Schatzinsel (Original)

Die Schatzinsel (Original)

Titel: Die Schatzinsel (Original) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Rettung sich nur durch mich fand.
    Einstweilen stand es so, soviel wir auch reden mochten: von den sechsundzwanzig waren es nursieben, auf die wir uns verlassen konnten, soviel wir genau wußten. Und von diesen sieben war der eine ein Knabe, so daß also nur sechs erwachsene Männer auf unserer Seite den neunzehn auf der anderen gegenüberstanden.

     

III - Mein Abenteuer an Land

     

13. Der Anfang meines Landabenteuers

    Als ich am nächsten Morgen auf Deck kam, sah die Insel ganz anders aus. Obwohl es jetzt vollkommen windstill war, hatten wir doch während der Nacht eine gute Strecke zurückgelegt; jetzt lagen wir in der Kalmte ungefähr eine halbe Meile südöstlich von der flachen Ostküste. Graugrüne Wälder bedeckten einen großen Teil des Bodens. Diese gleichmäßige Färbung war allerdings durch Streifen gelben Sandes in dem niedrigen Teil der Insel unterbrochen, sowie durch viele große Bäume, dem Anschein nach Nadelholz, die über die Wälder emporragten – manche einzeln, manche in kleinen Gruppen; aber die allgemeine Färbung war eintönig und trübe. Über den Wäldern erhoben die Berge sich als nackte Felsen. Diese waren alle von seltsamer Form, und das »Fernrohr«, das um drei- oder vierhundert Fuß über die anderen emporragte, war zugleich auch in bezug auf die Gestalt am sonderbarsten; denn der Berg fiel beinahe auf allen Seiten steil ab und war an der Spitze plötzlich scharf abgebrochen, wie ein Sockel für ein Denkmal.
    Die Hispaniola schwankte in der Dünung des Ozeans. Das Steuerruder schlug hin und her, und das ganze Schiff stöhnte und ächzte. Ich mußte mich fest an das Bollwerk anklammern, und mir wurde schwarz vor den Augen; denn obgleich ich unterwegs leidlich seefest war, so konnte ich mich doch niemals daran gewöhnen, so auf einer Stelle stillzuliegen und wie eine Flasche herumgerollt zu werden; besonders morgens auf nüchternen Magen fühlte ich mich immer übel.
    Vielleicht war es dieses Unwohlsein – vielleicht war es auch der Anblick der Insel mit ihren grauen, trübseligen Wäldern und den wilden Felsenbergen, und der Brandung, die schäumend sich an der steilen Küste brach und deren Donnern ich hörte. Obgleich die Sonne hell und warm schien, und die Strandvögel rings um uns herum fischten und schrien, und obgleich man hätte meinen sollen, jeder wäre gern an Land gegangen, nachdem er so lange auf See gewesen war – so sank mir doch das Herz in die Stiefel, wie man zu sagen pflegt; und bei dem ersten Blick haßte ich den bloßen Gedanken an diese Schatzinsel.
    Wir hatten eine harte Morgenarbeit vor uns; denn da es vollkommen windstill war, so mußten die Boote ausgesetzt und bemannt werden, um das Schiff drei oder vier Meilen weit um die Ecke der Insel herumzuschleppen, bis wir in dem engen Sund hinter der Skelettinsel waren. Ich ging als Freiwilliger in eins der Boote, wo ich natürlich nichts zu tun hatte. Die Hitze war fürchterlich drückend, und die Leute schimpften mächtig bei ihrer Arbeit. Anderson hatte den Befehl über mein Boot, und schimpfte so lautwie die schlimmsten, anstatt seine Leute in Zucht zu halten.
    »Na,« sagte er mit einem Fluch: »es ist ja nicht für ewig!«
    Ich hielt dies für ein sehr schlimmes Zeichen; denn bis zu diesem Tage hatten die Leute eifrig und willig ihre Arbeit getan; aber der bloße Anblick der Insel hatte die Mannszucht gelockert.
    Während der ganzen Fahrt stand Long John neben dem Mann am Steuerruder auf dem Schiff und gab die Richtung an. Er kannte das Fahrwasser wie seine Handfläche; und obgleich der Mann, der die Tiefen lotete, überall mehr Wasser fand, als auf der Karte angegeben war, brauchte John sich niemals auch nur einen Augenblick zu besinnen.
    »Die Ebbe bringt einen starten Strom,« sagte er, »und diese Fahrtrinne hier ist sozusagen mit dem Spaten ausgegraben.«
    Wir machten genau an der Stelle halt, wo auf der Karte der Anker eingezeichnet war, ungefähr eine Drittelmeile von beiden Küsten entfernt, von der der Hauptinsel auf der einen Seite, von der der Skelettinsel auf der anderen. Der Boden war reiner Sand. Als unser Anker in das Wasser plumpste, erhoben sich Wolken von Vögeln flatternd und kreischend über die Wälder; aber in weniger als einer Minute waren sie wieder auf ihren Bäumen, und alles war wieder still.
    Der Ort war auf allen Seiten von Land umschlossen und lag in Wäldern vergraben, deren Bäume bis unmittelbar an die Hochwassermarke herankamen; der Strand war beinahe ganz flach, und

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