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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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war.
    Dane sah ihm weiterhin in die Augen und las in seinen Gedanken wie in einem offenen Buch. Der Blick sprach Bände. Sein Vater schien immer wieder zu vergessen, dass sein Sohn weder klein noch ein Schwächling war – und dumm schon gar nicht. Das hatte er unzählige Male bewiesen.
     
    Wir sind allein, nur du, er und ich, sagte das Loch.
     
    Dann endlich kam die Waffe zum Vorschein, und Dane setzte ein hämisches Grinsen auf. Das Spiel begann.
    Dane sah, wie der Lauf auf ihn zielte. Es gab einen scharfen, dröhnenden Knall. Dane spürte, wie die Kugel ihn durchbohrte. Sie schlug durch sein linkes Schlüsselbein. Er zuckte kurz, spürte keinen Schmerz. Er hatte gewusst, dass sein Vater nicht treffen würde, nicht so, dass er sich ernsthaft Sorgen machen musste. Es war wie immer. Starr und aufrecht hielt er die Stellung vor ihm. Sein Körper glühte vor Hitze. Dann spürte er langsam den Wahnsinn in sich hochkriechen, schleichend und zäh. Die Kraft kam. Dane öffnete den Mund zu einem Schrei. Er schrie, laut, zerreißend laut, irre, und dann stürzte er sich ungeachtet seiner Verletzung wie ein wildes Tier auf seinen Vater, bevor dieser ein zweites Mal schießen konnte. Beide schlugen hart zu Boden. Dane roch wieder den Schweiß. Will Gelton versuchte, die Waffe, die ihm beim Sturz aus der Hand gefallen war, wieder zu erreichen und an sich zu reißen. Ein Schuss, und alles wäre aus der Welt. Sein Geist hatte keine Fortschritte in all den Jahren gemacht.
    Beide rangen wie wilde Tiere. Dane begann, auf ihn einzuprügeln. Das Kind in ihm zeigte sich mit nicht verarbeiteten Aggressionen. Sie drangen mit unkontrollierbarer Brutalität nach außen. Unzählige Fausthiebe trafen Will Gelton Kopf. Er musste sich rasch seine Unterlegenheit eingestehen und atemlos die Hinterlassenschaft seines Alters akzeptieren.
    Vom Wahn gepackt war es Dane klar, dass er seinen Vater jetzt töten würde, mit allen Konsequenzen. Die Zeit war reif. Er schlug und prügelte sich um den Verstand.
    Ein zweiter Schuss peitschte plötzlich durch die Halle. Beide starrten sich regungslos an. Die Augen des Alten waren weit aufgerissen, Danes zu Schlitzen verengt. Dann schlug Dane weiter auf seinen Vater ein. Die Kraft, die Lust ihn zu töten, schien nicht nachzulassen. Der eintretende Tod seines Vaters ließ ihn nicht stoppen. Er prügelte all seine Schmerzen, seine Ängste, seinen Hass in den Körper eines Mannes hinein, der ihn fast um sein Leben gebracht hätte.
     
    Ich kam die Treppe heruntergerannt, aufmerksam geworden durch die Schüsse. Ich sah die große Menschenansammlung vor Roosevelts Büro und wusste sofort, dass Dane in irgendetwas verwickelt war. Hastig drängte ich mich durch die Menge und sah, wie Rhyan und Roosevelt meinen Freund gewaltsam von einem alten, leblosen Körper herunterzerrten. Dane schrie dabei. Wie ein Irrer schlugen seine Fäuste weiter ins Leere. Er wehrte sich verzweifelt gegen den Rückhalt seiner Kraft, so dass beide ernste Schwierigkeiten hatten, dabei nicht selbst verletzt zu werden.
    Eine Schwester kam herbeigerannt und half. Die Wirkung der Beruhigungsspritze trat spontan ein. Dane sackte in sich zusammen, stöhnte noch und fiel in tiefe Dunkelheit.
    Ich war starr vor Schock. Gelähmt verfolgte ich die Szenerie und starrte auf den leblosen, alten Mann. Dann schrie ich: „Wer in Gottes Namen ist das?!“
    „Ich weiß nicht. Sein Vater vielleicht?“, antwortete Dr. Roosevelt verzweifelt. „Er hatte eine Waffe. Ich glaube, er hat Ihren Freund an der Schulter erwischt. Wir bringen ihn ins Sanitätszimmer.“ Er schleppte ihn mit Rhyan in einen Nebenraum. Ich stand fassungslos dabei. Danes Vater saß doch im Gefängnis!?
    Mrs. Buit saß heulend hinter ihrem Schreibtisch. Einige Patienten hielten sich die Hände vor ihr Gesicht und flüchteten entsetzt in alle Richtungen. In einer Ecke saß Sarah. Zusammengekauert wippte sie mit verschränkten Armen vor sich hin, nicht ansprechbar. Entsetzen traf bei weitem nicht das Gefühl, das sie durchlebte. Sie stand unter Schock. Ich konnte ihr nicht helfen, ich brauchte selbst dringend Hilfe.
    Polizeisirenen heulten. Vier Beamte kamen hereingestürzt. Mrs. Buit hatte die Polizei unmittelbar bei Kampfbeginn informiert.
    Die letzten Patienten lösten sich auf Anweisung der Polizei in kleine Gruppen auf oder verschwanden in ihre Zimmer.
    Ich stellte überfordert eine Erklärung zusammen und bat sie, bitte Rücksprache mit Dr. Roosevelt zu halten, der alles gesehen

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