Die Scheune (German Edition)
liebe dich . Sie wusste nicht, wie viel Wahrheit darin steckte. Ihr waren so viele Versprechungen bisher im Leben gemacht worden, dass es auf die eine oder andere auch nicht mehr ankam. So sagte sie: „Lassen wir alles auf uns zukommen und machen das Beste daraus, okay?“
Er nickte und legte sanft seinen Arm um sie.
So saßen sie auf der Bank und genossen die letzten Stunden ihrer Zweisamkeit in dieser Klinik, die sie so unverhofft zusammengebracht hatte.
*
Ich begann zu packen und sortierte gerade meine Kleidung in den Koffer, als Dane hereinkam.
„Alles klar?“, fragte ich.
Er nickte. In seinem Blick lag Traurigkeit. Ich wusste von seinem Abschied mit Sarah und zeigte ablenkend auf das Bett. „Die haben deine Sachen gewaschen und gebügelt. Ist das nicht nett?“
Dane nickte abermals.
Es war schon spät, als mir einfiel, noch einmal zu Roosevelt wegen des Abschlussberichts zu gehen. Ich sagte zu Dane: „Es könnte länger dauern. Ich sag schon mal gute Nacht“, tippte mit dem Zeigefinger an meine Schläfe, als eine Geste der Verabschiedung aus alter Zeit und verschwand.
*
Gegen Mitternacht ließen Dane dezente Klopfgeräusche an der Zimmertür hochschrecken. Ein kurzer Schrei des Entsetzens entglitt ihm. Der Lochschaufler! Er war gekommen! Er hatte es geschafft! Dane wurde blass und wusste nicht wohin mit seinen Gedanken. Unpässlicher hätte es nicht sein können. Er war nicht die Spur vorbereitet. Nicht jetzt schon.
Hilfe!, schrie Dane. Ich brauche deine Hilfe!
Das Loch schwieg.
„Dane?“, flüsterte eine helle Frauenstimme. „Dane, bist du wach?“ Sarah! Dane erlangte wieder seine Fassung und ließ sie leise herein. Sie sah hinreißend in ihrem goldenen Kimono aus und suchte nach einem Zeichen des Abschieds.
Sie in dieser Nacht bei sich zu haben, war wohl das schönste Abschiedsgeschenk, das er sich wünschen konnte.
Sei auf der Hut. Sei auf der Hut, summte das Loch.
Es war weit nach Mitternacht, als Roosevelt und ich alle Berichte fertig hatten. Wir waren mit dem Ergebnis zufrieden und wünschten uns eine gute Nacht.
Ich taumelte übermüdet über die Treppen nach oben. Meine Füße waren schwer wie Blei. Endlich sah ich meine Zimmertür und fühlte schon die weiche Bettdecke, unter die ich mich gleich verkriechen würde.
Ich nahm wohl den dezenten Geruch von Parfüm wahr, aber mehr nicht. Ich schmiss meine Kleider gleichgültig auf den Boden und wollte ins Bett steigen, als mir bewusst wurde, dass in diesem Zimmer etwas nicht stimmte. Ich sah mich um. Im Schatten des Mondlichts stand mein Koffer. Davor lag meine Kleidung auf dem Boden. Zu meinen Füßen sah ich ein Kleidungsstück, das mir nicht gehörte und hob es auf. Ich besah es verdutzt. Es war ein Kimono aus Seide. Ein Kimono? Es dauerte einige Sekunden, bis mir die Situation, in die ich geraten war, klar wurde. Ich entschlüsselte das nächtliche Rätsel mit einem Blick zu Danes Bett. Sie schliefen Arm in Arm und hatten mich nicht bemerkt, zumindest zeigten sie es nicht. Ich lächelte, denn ich hatte ein gutes Gefühl für die Beiden.
Mein nächster Gedanke galt einer neuen Schlafgelegenheit. Zunächst einmal schlich ich mich der Situation davon und fand mich einsam und fröstelnd vor Müdigkeit im Flur wieder. Meine einzige Bekleidung bestand aus einer Shorts. Ich musste ein anderes Zimmer finden. Das durfte nicht allzu schwierig sein, denn die umliegenden Zimmer in diesem Stockwerk waren unbewohnt. Das erste Zimmer war verschlossen sowie das zweite, dann das dritte und auch all die anderen. Mein Vorhaben schlug fehl und Verdruss kam auf. Ich konnte doch nicht bei den beiden im gleichen Zimmer schlafen! Mir fiel die Eingangshalle ein, die wohl jetzt der einzige Ort für mich wäre, um für den Rest der Nacht noch etwas Schlaf zu finden. Meine Füße trugen mich wieder die vielen Treppen hinunter. Ein Zweisitzer aus Rattan bot mir eine unbequeme, aber einigermaßen vertretbare Lösung. Ich wendete mich solange herum, bis ich die Bequemlichkeit erlangte, die mich einschlafen ließ.
*
Mrs. Buit brachte wie jeden Morgen ihr Fahrrad hinter das Haus und stellte es dort ab. Es erwartete sie ein Job, dem sie schon seit mehr als zwölf Jahren nachkam und liebte. Jeden Morgen ging sie mit Lust und Freude an ihre Arbeit, die sie stets gewissenhaft erledigte. Sie schloss die großen Eingangstüren auf und atmete tief durch. Es war sechs in der Frühe. Mrs. Buit war heute früher gekommen. Sie
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