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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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nicht konzentrieren.
    Ein alter Mann kam aus Roosevelts Büro gestürzt. Er war groß und bullig. Sein Haar war angegraut. Es hing ihm fettig in die Stirn. Er roch nach Schweiß – wie immer – und schoss hinterrücks an Dane vorbei.
    Danes Körper straffte sich. Der Geruch! Er war gekommen! Gott! Und er war hinter ihm! Er war tatsächlich gekommen!
    Danes Gefühle schlugen umeinander. Es packte ihn plötzlich eine unerwartete Resignation und schmiss ihn tiefer als er je gefallen war. Tief bis in seine früheste Kindheit hinein. Flinkheit ging in Lähmung über, Erregung in Angst. Seine ganze Kindheit sammelte sich im Magen und begann, langsam nach oben zu steigen. Ihm wurde übel. Es ließ ihn wieder Kind werden. Missstimmung und Verzweiflung rangen um Erregung und Sieg. Er wollte doch nur wieder den Weg in ein ehrliches Leben finden.
    Dane riss sich zusammen und erlangte seine Konzentration zurück. Er dachte an Sarah, ... das gab ihm die erste Kraft.
    Zuerst veränderten sich seine Augen. Sie zogen sich zu Schlitzen zusammen. Mrs. Buit sah Dane ungläubig an. Dann sah sie auf den alten Mann hinter ihm.
    Dane konzentrierte sich stärker. Er drückte seinen Atem auf den niedrigsten Pegel und rief nach dem Loch, in das er nun hinabsteigen musste. Es öffnete sich grinsend und ließ ihn eintreten. Er spürte ein Kribbeln in den Leisten und ließ seiner Lust, die langsam in ihm emporstieg, freien Lauf. Er fühlte die Kraft von allen Seiten einschießen. Sie durchfuhr seine Glieder und Gefühle. Es war wunderbar! Jetzt bin ich soweit, dachte er, lass uns beginnen, und er drehte sich langsam um ...
     
    Kämpfe!, schrie ihm das Loch zu. Kämpfe! Es wird dich niemand aufhalten, es wird dich niemand verurteilen, was immer du auch tust. Du bist hier auf sicherem Boden!
     
    Will Gelton hatte seinen Sohn in der Hektik von hinten nicht erkannt und war an ihm vorbeigerauscht. Doch dann spürte auch er einen Blick in seinem Rücken. Das ließ ihn in seiner Bewegung verharren, und langsam drehte er sich um. Blicke des Hasses trafen sich. Es waren die gleichen Augen – hassend, krank und wahnsinnig.
    Zum ersten Mal wurden Dane die abnormen Gesichtszüge seines Vaters richtig bewusst. Die letzten Jahre hatten ihn mächtig altern lassen. Sein Haar war noch grauer und die Haut tiefer durchfurcht und verlebter.
    Gelton sah seinen Sohn an. Dane sah prächtig aus, nach allem, was er hinter sich hatte. Er musste lächeln, als er daran dachte, wie dumm sein Sohn vor wenigen Monaten in seine Falle gelaufen war. Es war eine enorme Genugtuung gewesen, auf jeden Fall größer als die, die ihm jetzt bevorstand. Denn der Tod seines Sohnes sollte sicherlich nicht so aufregend werden, dafür aber die Qual, die er ihm dabei schenken wollte. Doch das eine ließ sich diesmal nicht mehr von dem anderen trennen. Sein Tod war so notwendig geworden, wie der Grund, den er ihm gegeben hatte, um hier zu erscheinen.
    „Hallo, Kleiner“, eröffnete Will Gelton den Kampf.
    Dane sah die Waffe nicht, aber er wusste von ihr. Es war ja seine. Er sah seinem Vater in die Augen, das genügte. Sie verrieten jeden Gedanken und jede künftige Handlung.
    „Ich habe schlimme Sachen über dich gehört. Du erzählst Lügen über mich.“
    Dane schwieg und konzentrierte sich. Sein Vater zuckte nervös mit den Augen. Er mochte es nicht, wenn sein Sohn ihn so überlegen ansah.
    Die ersten Patienten hatten sich um sie herum versammelt und schwiegen erschrocken.
    „Was soll ich jetzt mit dir machen?“, giftete sein Vater ihn an. Dane wusste, dass er ihn nur lächerlich machen wollte. Es blieb immer die gleiche plumpe Art. Er hatte sich nicht verändert.
    Roosevelt stand der Sache wie gelähmt gegenüber, Mrs. Buit saß hinter ihrem Schreibtisch – ebenfalls erstarrt. Sie beide sahen die Waffe in Geltons Hand und trauten sich nicht einzugreifen. Sie wussten ja nicht, wie er die Waffe zu brauchen gedachte. Er verbarg sie schräg hinter seinem Rücken, seine Art zu kämpfen – unfair und brutal, wie immer.
    Die zurückgebliebenen Patienten im Gruppenraum signalisierten durch eine immer größer werdende Lautstärke ihre Unbeholfenheit. Es bildete sich für Dane eine unangenehme Geräuschkulisse, die ihm Konzentration und Ruhe raubten. Will Gelton fühlte die Macht der Überlegenheit durch die Waffe, die seine rechte Hand fest umschloss. Er hatte sie vor der Klinik schon entsichert. Er freute sich, seinem Sohn wieder beweisen zu können, was für ein Schwächling er

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