Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«
Vorräte zu sammeln. Und wenn er nun seinen Posten aufgeben sollte… Wenn er seine Stellung verteidigte, kämpfte er für sein Leben, und er war zum Kampfe fest entschlossen. Er wehrte sich gar nicht gegen die von Dorick aufgezählten Mißgriffe. Das hätte ihm gleich den Hals gebrochen. Im Gegenteil, er vergrößerte seine Schuld. Von allen Unzufriedenen war er der Unzufriedenste.
Die beiden Gegner waren nicht der gleichen Meinung über den Ausweg, der einzuschlagen war. Während Dorick für einen Wechsel der Regierung stimmte, riet Beauval eine Union an und wollte mit anderen die Verantwortung wegen des Unglückes teilen, das die Kolonie betroffen hatte.
Wer waren die verantwortlichen Urheber dieses Unglückes? Nach seiner Auffassung niemand anderer, als die kleine Anzahl jener Emigranten, die während des Winters nicht in der Notwendigkeit gewesen, sich an die Küste zu flüchten. Die Folgerung Beauvals war sehr einfach. Nachdem sie sich nicht hatten blicken lassen, mußten sie vom Glück begünstigt worden sein. Folglich besaßen sie genug zu ihrem Lebensunterhalt und man hatte ein Recht, diese Nahrungsmittel zugunsten der anderen, Hungernden, zu konfiszieren.
Diese Sticheleien blieben nicht ohne Eindruck auf die verzweifelte Bevölkerung; man beschloß zu handeln. Erst suchte man die nähere Umgebung der Hauptstadt Liberia ab, dann wurden weitere Expeditionen in Aussicht genommen; Banden bildeten sich, wuchsen rasch an und am 15. Oktober war eine kleine Armee von mehr als zweihundert streitbaren Männern beisammen, welche unter Führung der Brüder Moore auf die Suche nach Brot ging.
Fünf Tage lang durcheilte die Truppe die Insel nach allen Richtungen. Was bezweckte sie? Man konnte es erraten, als man die Opfer ihres Beutezuges ganz erschreckt ankommen sah, niedergeschmettert durch diese unvorhergesehene Katastrophe, die die Frucht all ihrer Mühen vernichtet hatte. Einer nach dem anderen eilte zum Gouverneur, um Genugtuung zu fordern. Aber sie wurden barsch abgewiesen, außerdem des schnödesten Egoismus beschuldigt. Wie! Sie wollten herrlich und in Freuden leben, im Überfluß schwelgen während ihre weniger begünstigten Brüder Hungers starben? Ganz verblüfft zogen sich die Unglücklichen zurück und Beauval triumphierte.
Ihre Klagen bewiesen, daß die von ihm entdeckte Spur die richtige gewesen sei! Er hatte sich nicht geirrt. So wie er es auf gut Glück behauptet hatte, verhielt es sich auch: diejenigen, welche im Winter nicht an die Küste gekommen waren, besaßen Lebensmittel in Hülle und Fälle.
Jetzt war allerdings ihr Los dem der anderen gleich. Ihre fleißige Arbeit war umsonst gewesen, sie waren genau so arm, von allem Nötigen entblößt wie diejenigen, welche ihren Wohlstand zerstört hatten.
Die Räuber hatten sich nicht damit begnügt, wie ein Wirbelsturm unversehens bei ihnen einzufallen und alles an sich zu nehmen, was eßbar war, sondern es war auch zu anderen Ausschreitungen aller Art gekommen, die sich die durch den Siegestaumel berauschte Menge immer zuschulden kommen läßt. Die angebauten Felder wurden zertreten, die Hühnerhöfe geplündert und bis auf den letzten Bewohner geleert.
Und doch war die Beute der Räuber ganz unbeträchtlich. Denn der Erfolg der einzelnen, die durch sie geplündert wurden, war ein bescheidener, relativer gewesen. Das Gelingen der Unternehmungen der wenigen fleißigen, ausdauernden und geschickten Kolonisten bestand oft nur darin, daß ihrer Hände Arbeit das tägliche Brot zu schaffen imstande war, nicht aber, daß sie wie durch ein Wunder plötzlich reich geworden wären. Man entdeckte somit nicht viel in den armseligen Blockhäusern.
Daraus resultierte bei den Plünderern, die das Land durchzogen, eine große Enttäuschung, die sich in Akten wilder Grausamkeit äußerte.
Mehr als einer der Kolonisten wurde gefoltert, damit er das geheime Versteck seiner Schätze verrate, den Aufbewahrungsort seiner Lebensmittel.
Am fünften Tage nach ihrem Auszug langte die Räuberbande vor dem Palisadenzaun an, der die Behausungen Germain Rivières und der anderen drei Familien, seiner Nachbarn, umgab. Seitdem sie sich in Bewegung gesetzt hatte, mußte sie an diese Kolonisten denken, deren Unternehmungen die ältesten, auf der Insel bestehenden und gewiß in vollem Emporblühen begriffen waren; hier hoffte man den Löwenanteil des Raubzuges anzutreffen.
Ihre Erwartungen wurden getäuscht.
Die vier Blockhäuser waren dicht aneinandergebaut, jedes bildete
Weitere Kostenlose Bücher