Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«
aufzutreibenden Vorräte gesammelt, um dann an die einzelnen Familien verteilt zu werden. Das hatte große Unzufriedenheit zur Folge. Aber die für nötig befundenen Maßnahmen wurden ausgeführt und um das Murren der Gegner kümmerte man sich nicht.
Inzwischen wurden in Südamerika auf Rechnung des Staates und vieler einzelner Personen große Einkäufe gemacht. Die ersten Ladungen wurden in Neudorf einen Monat später ausgeschifft und nun verbesserte sich die Lage zusehends.
Dank dieses wohltätigen Despotismus fand Liberia und sein Vorort bald die alte Lebenskraft und -freudigkeit wieder. Der Hafen beherbergte im Sommer mehr Schiffe als je und durch einen glücklichen Zufall berechtigte dieses Jahr der Walfischfang zu den denkbar günstigsten Hoffnungen. Norwegische und amerikanische Schiffe strömten dem Hafen zu und die Bereitung des Trans beschäftigte auch etwa hundert Hostelianer unter sehr guten Bedingungen. Die Sägewerke bekamen viel Arbeit, die Konservenfabriken hatten auch vollauf zu tun und die Anzahl der Seewolfsjäger verdoppelte sich.
Mehrere hundert Yacanas, die sich den strengen Maßnahmen der argentinischen Regierung nicht fügen wollten, verließen das Feuerland, übersetzten den Beagle-Kanal und erbauten ihre Hütten an der Küste der Insel Hoste.
Am 15. Oktober waren die Wunden der Kolonie wenn auch nicht geheilt, so doch verbunden. Der erlittene Schaden war bedeutend und konnte erst in vielen Jahren wieder wettgemacht werden, aber äußerliche Spuren waren nicht mehr wahrzunehmen. Das Volk hatte seine Beschäftigung wieder aufgenommen und das normale Leben ging wieder seinen Lauf.
Um diese Zeit kaufte der hostelische Staat einen Dampfer von sechshundert Tonnen an, der den Namen »Yacana« erhielt. Nun wurde eine regelmäßige Verbindung mit den Küstenorten und den anderen Niederlassungen des Archipels geschaffen. Auch sollte er mit dem Kap Hoorn in Kontakt bleiben, dessen Leuchtturm endlich fertiggestellt war.
In den letzten Tagen des Jahres 1893 war dem Kaw-djer diese erfreuliche Nachricht zugekommen. Alle Arbeiten waren beendet: die Wohnungen der Leuchtturmwächter, die Reservenmagazine, der zwanzig Meter hohe Turm, die Aufstellung der Dynamomaschinen, denen – durch eine geistvolle Erfindung Dicks – die Kraft der Wellen und der Gezeiten dienstbar gemacht wurden. Sie konnten daher ohne jegliches Brennmaterial in Ewigkeit funktionieren, wenn die nötigen Reparaturen an den Maschinen nicht vernachlässigt wurden und für Ersatzstücke der abgenützten Maschinenteile gesorgt war.
Die Einweihung, die der Kaw-djer sehr feierlich gestalten wollte, wurde auf den 15. Januar 1894 festgesetzt. An diesem Tage sollte die »Yacana« zwei-bis dreihundert Hostelianer zum Kap Hoorn bringen und vor ihren Augen sollten die Leuchtfeuer zum ersten Male aufflammen. Nach allen überstandenen Drangsalen freute sich der Kaw-djer auf diesen Festtag, der seine lange gehegten Lieblingspläne endlich verwirklichte.
So lautete das Programm und niemand ahnte, daß es geändert werden könnte, als ganz unerwartete Ereignisse es in roher Weise umstießen.
Am 10. Januar, also fünf Tage vor der Ausführung, ging ein Kriegsschiff im Hafen von Neudorf vor Anker. Auf seinem Hintermast wehte die chilenische Flagge. Aus einem Fenster des Regierungspalastes folgte der Kaw-djer, welcher das Fahrzeug bemerkt hatte, mit einem Fernrohr den verschiedenen Landungsmanövern, dann glaubte er an Bord eine Bewegung wahrzunehmen, aber Genaueres konnte er nicht unterscheiden.
Ungefähr eine Stunde war er in diese Betrachtung vertieft, als man ihm Mitteilung machte, daß ein Mann ganz atemlos aus Neudorf eingetroffen sei, welcher von Karroly geschickt war und den Kaw-djer unverzüglich zu sprechen verlangte.
Was gibt es? fragte dieser, als der Bote eingetreten war.
– Ein Schiff aus Chile liegt im Hafen, berichtete der Mann keuchend.
– Ich habe es gesehen; was weiter?
– Es ist ein Kriegsschiff.
– Ich weiß es.
– Es liegt mit zwei Ankern mitten im Hafen fest und seine Boote schifften Soldaten aus.
– Soldaten! rief der Kaw-djer.
– Ja… chilenisches Militär… schwer bewaffnet! Vielleicht dreihundert… Karroly hat sich nicht Zeit genommen, sie zu zählen, er hat mich nur rasch hergeschickt!«
Der Vorfall rechtfertigte Karrolys Erregung. Wie dürfen bewaffnete Soldaten in ein friedliches Land eindringen? Wenn es auch chilenische Soldaten waren, so fühlte sich der Kaw-djer durchaus nicht beruhigt. Gewiß
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