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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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erlaubte ich mir, mich mit ihm zu identifizieren. Auch ich war umgeben von Leuten, deren Loyalität zumindest fragwürdig erschien, auch wenn ich nicht unbedingt offene Feindschaft erwarten musste.
    Doch was sollte man sonst von dem Mann halten? Die fließende Beherrschung mehrerer Sprachen war keine ungewöhnliche Fertigkeit. Aber »Griechisch wie ein Athener«, das konnte ein Anhaltspunkt dafür sein, dass er möglicherweise der römischen Oberschicht entstammte. Praktisch jeder spricht ein wenig Griechisch, und ein Reisender oder Händler muss die Sprache gut beherrschen, doch das gängige Handelsgriechisch ist etwas ganz anderes als die geschliffene Sprache, die an Rednerschulen gelehrt wird, und die hatte unweigerlich einen athenischen Einschlag. Darüber musste ich weiter nachdenken. Aramäisch hingegen ist die Sprache Judäas, Syriens und der angrenzenden Gebiete, ein vereinfachtes Gemisch aus mehreren verwandten Sprachen, die in jenem Teil der Welt gesprochen wurden, so wie die alten Dialekte der Falisker, Sabiner, Marser und Bruttier zu dem heutigen Latein verschmolzen waren. Jeder, der irgendwo zwischen Antiochia und Ägypten lebt oder Handel treibt, muss diese Sprache beherrschen.
    Der Vollbart und die langen Haare konnten eine Tarnung sein, die ihn für jeden, der ihn in seinem vorherigen Leben gekannt hatte, praktisch unkenntlich machte. Das wiederum konnte bedeuten, dass er hoffte, eines Tages mit seinem verbrecherisch erworbenen Reichtum wieder in jenes Leben zurück zu kehren und sich ehrbar nieder zu lassen. Er musste sich nur Haare und Bart abschneiden, und niemand würde ihn als den schrecklichen Anführer der Piraten wieder erkennen. Ich hatte selbst ein paar behaarte Germanen gesehen, die auf die römische Seite gewechselt waren. Ihrer filzigen Lockenpracht beraubt und vernünftig rasiert, sahen sie aus wie ganz normale Menschen, von ihrer seltsamen Hautfarbe einmal abgesehen. Und seine Vergangenheit? Ein weißer Fleck. Ich verwarf die Legende, er habe neben Spartacus gekämpft. Jedem prominenten, charismatischen Mann, der sich weigert, Informationen über seine Herkunft preiszugeben, wird eine Geschichte angedichtet, die unweigerlich düster und schillernd ist und ihn. mit berühmten Zeitgenossen in Verbindung bringt. Wir hatten mit Spartacus dasselbe getan: Er war der verstoßene Sohn einer vornehmen römischen Familie, er war ein verbündeter Stammesführer, der die Kriegskunst bei den Römern erlernt und dann gegen uns gewandt hatte, er war ein abtrünniger Sohn des alten Mithridates und so weiter. In Wahrheit weiß niemand, wer Spartacus war.
    Höchstwahrscheinlich wurde er als Sklave geboren oder war ein thrakischer Schafhirte, der zum Wehrdienst in den auxilia eingezogen wurde, desertierte und an eine ludus in Capua verkauft wurde, um in der Arena aufzutreten. Die imaginierte Geschichte ist eben stets unendlich befriedigender als die banale Realität.
    Zumindest hatte mein Feind nun ein Gesicht.
    Ein paar Stunden lang ließen wir die Männer an den Rudern schwitzen, übten Flottenmanöver, wobei wir den raschen Wechsel aus der Reiseformation, bei der die Schiffe hinter einander fuhren, in die Schlachtformation trainierten, in der sie neben einander fuhren oder einen flachen Halbmond bildeten. Es gab noch zahllose andere Formationen, doch mir war es lieber, wenn meine Männer dieses eine simple Manöver. von Anfang an richtig beherrschten.
    Auf der Überfahrt nach Zypern hatte ich eine Menge über maritime Taktik gelesen und stellte nun beglückt fest, dass manches davon sogar in der Praxis funktionierte. Während die Ruderer die Auffächerung der Formation übten, wies ich die Soldaten in den Gebrauch der Balliste ein, von mehreren Männern zu bedienende, riesige Armbrüste, die schwere Eisenpfeile mit solcher Kraft schleuderten, dass sie mit einem Schlag drei gepanzerte Männer durchbohrten, als wären sie Wachteln.
    Von diesen Waffen hatten wir nicht annähernd genug. Ich hatte damit gerechnet, in den Marinebeständen in Paphos weitere zu finden, was nur meine Unerfahrenheit in dieser Hinsicht belegt. Man darf sich nie auf die Versorgungslage vor Ort verlassen, selbst wenn man dafür vor seiner Abreise opulente Schmiergelder in den Marinearsenalen von Ostia und Tarrent verteilen muss. Es würde noch mehrere Tage dauern, bis die neuen, von mir in Auftrag gegebenen Maschinen einsatzbereit waren.
    Etliche der Männer hatten sich als ausgezeichnete Bogenschützen bezeichnet, doch ich habe

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