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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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noch nie einen Soldaten getroffen, der sich nicht zum Experten für alles erklärt hätte, was mit dem Töten von Menschen zu tun hatte. Lediglich fünf Männer waren beim Anheuern mit eigenen Bogen erschienen, und auf meinen Schiffen waren auch nur wenige dieser Waffen sowie ein paar Kisten mit Pfeilen vorrätig. Das Problem war nur, dass ich die Bogenschützen nicht auf See drillen konnte, weil ich dabei sämtliche Pfeile verlieren würde. Das musste also warten.
    Wir sahen den Rauch, lange bevor wir die Insel sichteten. Am Nachmittag rief der Mann auf dem Masttop, er hätte in der Ferne eine Rauchwolke entdeckt, und der Steuermann änderte nach Ions Anweisungen den Kurs. Wegen des ungünstigen Windes war das Rahsegel gerafft worden, und der Mann im Ausguck klammerte sich an den Mast wie ein Affe, wobei er lediglich von einem Seil gehalten wurde. Aber er machte den Eindruck, als hätte er es ganz bequem da oben. Vermutlich kann man sich an alles gewöhnen, wenn man es lange genug macht.
    Binnen einer Stunde war die Insel in Sichtweite, eine kleine Erhebung aus Grün und Braun, gesichtslos und in keiner Hinsicht so reizvoll wie die Ägäischen Inseln. Ihr Name sagte mir nichts, ein sicheres Anzeichen dafür, dass dort nichts produziert wurde, was auf den Märkten Roms verkauft wurde. Auf den meisten Inseln wurde zumindest ein einheimischer Wein gekeltert, außergewöhnliche Töpferwaren gebrannt, Marmor von einer ganz besonderen Tönung geschlagen oder sonst irgendwas, wofür sie berühmt waren. Nicht so bei dieser Insel.
    »Was machen die Menschen hier?« fragte ich Ion, als wir näher kamen und die Ruinen eines Dorfes ausmachen konnten. »Soweit ich weiß, sind sie Fischer, Bauern und Schafzüchter. Vermutlich machen sie jetzt gar nichts mehr, wenn die Piraten gründlich gearbeitet haben. In all meinen Jahren auf See war ich nur einmal hier, um ein bisschen getrockneten Fisch an Bord zu nehmen. Außerdem handeln sie ein wenig mit Wolle. Selbst im Vergleich mit den Bewohnern anderer Inseln sind diese Leute arm.«
    Der Schlagmann verlangsamte seinen Rhythmus, während ein Mann am Bug eine mit Blei beschwerte Leine ins Wasser senkte und die Wassertiefe vermeldete. Als wir den baufälligen kleinen Anlegesteg fast erreicht hatten, befahl Ion, die Ruder zu senken. Die Ruderer tauchten ihre Ruderblätter ein und bremsten das Schiff, so dass es neben dem Dock zum Stehen kam und die Ramme leicht über den kiesigen Strand schrammte. Auch meine anderen drei Schiffe gingen in der Bucht vor Anker. »Na, das ist ja ein schöner Anblick«, meinte irgend jemand. Nach den Überresten zu urteilen, musste das Dorf einst eine recht anmutige, hübsche Ortschaft gewesen sein: Lehmziegelhäuschen mit weißgetünchten Wänden und reetgedeckten Dächern, ein einem heimischen Gott geweihter Tempel von der Größe eines kleinen römischen Hauses, am Wasser eine Reihe von Bootsschuppen, lange horizontale Stangen auf Pfählen zum Trocknen der Netze und große Holzgestelle zum Trocknen der Fische.
    Vor seiner der Schleifung Karthagos ähnelnden totalen Zerstörung war es die Heimat von etwa zweihundert armen, aber nicht am Hungertuch nagenden Menschen gewesen. Das Stroh der Dächer war zu Asche verbrannt, und die meisten Lehmziegelwände waren unter der Hitze eingestürzt. Die Bootsschuppen waren Holzkohle, die Boote selbst Holztrümmer. Die Trockengestelle und sogar die Netze waren in dem kleinen Tempel zu einem Scheiterhaufen aufgetürmt und angezündet worden.
    Und es gab Leichen. Manche waren auf die Pfähle gespießt, die die Stangen zum Trocknen der Netze getragen hatten. Andere lagen auf dem Boden oder verkohlt in den Häusern, viele von ihnen verstümmelt. Der Gestank war widerwärtig, aber wer Schlachten, Belagerungen und gewisse finstere römische Straßen überlebt hat, dem dreht sich nicht so leicht der Magen um.
    »Sie haben jedenfalls gründliche Arbeit geleistet«, sagte Ion leicht verwundert, was überraschend war. »Warum die Zerstörung? Sie können sich doch kaum gewehrt haben.« »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen«, erklärte ich ihm. »Ion, lass die Schiffe anlanden und alle Männer von Bord gehen. Hier wird uns niemand unerwartet überraschen.« »Lass mich die Triton erst zu einer Erkundungsfahrt um die Insel schicken, bevor wir die Schiffe an Land bringen«, erwiderte er. »Es ist zwar recht unwahrscheinlich, aber es könnte jemand auf der Rückseite lauern.«
    »Du hast recht. Man kann nicht vorsichtig genug

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