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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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beunruhigenden Eigenschaften der römischen Venus gänzlich abgehen. Das hält uns jedoch nicht davon ab, die beiden Göttinnen gleichzusetzen. Neben zahlreichen anderen Vorteilen erlaubt es uns, griechische Aphrodite-Statuen zu stehlen und sie ohne jede Blasphemie in unseren Venus-Tempeln aufzustellen.
    Ich habe gelernt, dass unsere Götter in den alten Tagen, bevor wir unter griechischen Einfluß gerieten, keine Gestalt hatten und wir nicht einmal wussten, wie sie ungefähr aussahen. Heute fällt es einem schwer, an Jupiter zu denken, ohne sich Zeus vorzustellen, oder Mars ohne das Bild von Ares, aber so ist es einmal gewesen.
    Ich wartete im Schatten der Obstbäume, bis Alpheus seinen Gesang beendet hatte. Dabei fiel mir der Mann ins Auge, der neben Kleopatra saß. Es war eine durchaus vertraute Gestalt - ein rundes schwammiges Gesicht mit kahlem Schädel, dazu zahllose ägyptische Ringe an den dicken Fingern, und der Schmuck war es schließlich auch, der meinem Gedächtnis auf die Sprünge half. Es war Photinus, Erster Eunuch am Hofe König Ptolemaios'. Als ich ihm vor Jahren in Alexandria begegnet war, hatte er ägyptische Kleidung samt Perücke und Schminke getragen, wie es unter den Höflingen Mode war. Dessen ungeachtet war er wie sämtliche seiner Kollegen Grieche und kleidete sich hier im Ausland auch entsprechend. »Guten Abend, Prinzessin«, sagte ich, als Alpheus sich verneigt hatte und der Applaus abebbte.
    »Äh, Senator, da bist du ja«, sagte sie lächelnd. »Wir haben dich schon gesucht.«
    »Ich habe die Gastfreundschaft von Sergius Nobilior genossen«, erklärte ich ihr.
    »Du erinnerst dich gewiss an Photinus«, sagte Kleopatra und wies auf ihren Nachbarn.
    »Es ist so schön, dich wieder zusehen, Senator Metellus«, begrüßte er mich aufs herzlichste. Unsere bisherigen Beziehungen waren zwar dezidiert feindseliger Natur gewesen, aber für Diplomaten und Höflinge zählt nur die Gegenwart. »Welch unerwartete Freude«, erwiderte ich sein Kompliment. »Was führt dich nach Zypern?«
    »Einige Belanglosigkeiten im Zusammenhang mit der Übertragung der Amtsgewalt an Rom. Zahlreiche ägyptische Adelige haben ausgedehnte Ländereien auf Zypern, und ihren Befürchtungen in bezug auf ihre Besitztümer muss Rechnung getragen werden.«
    »Wir wollen schließlich nicht, dass sie sich Sorgen machen« meinte ich. »Ich bin sicher, alles wird sich zu eurer Befriedigung regeln lassen. Wir Römer sind überaus pingelig, wenn es um Eigentumsrechte vor allem an Land und Sklaven geht.« »Du meinst, nachdem ihr die ganze Insel gestohlen habt, wollt ihr jetzt sämtliche Eigentumsrechte und Titel anerkennen?« fragte Kleopatra.
    »Exakt«, bestätigte ich. »So ist der Lauf der Welt, falls ihr das noch nicht bemerkt haben solltet, Prinzessin. Schließlich habt ihr Ptolemäer die Insel auch gestohlen, oder nicht? Und ich wette, ihr habt die vorherigen Eigentümer schlicht aus dem Weg geräumt. Liquidiert oder sie ohne eine Drachme davongejagt. Unsere Methode ist besser. Jeder kann bestätigen, dass die römischen Steuern weit niedriger sind als die, die die einheimischen Herrscher erhoben haben. Es dauert gar nicht lange, und die Leute haben sich daran gewöhnt.« »Roms Herrschaft genießt überall auf der Welt Bewunderung«, erklärte Photinus.
    »Komm, setz dich zu uns, Senator«, lud Kleopatra mich ein. »Du hast einen brillanten Vortrag verpasst.«
    »Die letzten Verse habe ich noch mit bekommen«, entschuldigte ich mich, und im selben Moment gesellte Alpheus sich zu uns. Kleopatra überreichte ihm einen Kranz aus Olivenzweigen, als hätte er die Olympischen Spiele gewonnen. »Ihr schmeichelt meinen bescheidenen Versen«, sagte der Poet, obwohl er dabei nicht vollkommen aufrichtig klang. »Ist das ein neues Gedicht von dir?« fragte ich, weil ich wusste, dass man Dichter am besten immer nach ihren Werken fragt.
    »Ich arbeite schon seit geraumer Zeit daran«, berichtete er stolz und nahm einen Becher Wein von einem der Sklaven entgegen. »Der hiesige Aphrodite-Tempel hat es für die großen Feierlichkeiten in Auftrag gegeben. Sie werden mit dem nächsten Vollmond in zehn Tagen beginnen. Hast du den Tempel der Aphrodite schon besucht, Senator?« »Das habe ich vor, aber ich bin nicht hier, um die Sehenswürdigkeiten abzuklappern«, beschied ich ihn. »Das wird also warten müssen, bis ich ein wenig Freizeit habe.« »Fahren wir morgen wieder auf See?« fragte Kleopatra. »Wenn wir Nachricht von einem weiteren

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