Die Schiffe der Kleopatra
Überfall erhalten.« »Dann werden wir bloß wieder zu spät kommen«, bemerkte sie.
»Mit den nächsten ein oder zwei Überfällen müsste ein Muster erkennbar werden«, erklärte ich ihr. »Wenn wir dieses Muster gedeutet haben, kann ich vorhersehen, wo sie als nächstes zu schlagen werden. Außerdem sind die Männer alles andere als gut ausgebildet, so dass diese Ausfahrten ihre Tauglichkeit für den Ernstfall verbessern werden.«
»Und was, wenn sich kein Muster ergibt?« fragte sie trotzig. »Was, wenn sie wahllos zuschlagen oder einfach willkürlich herumkreuzen, bis sie einen geeigneten ungeschützten Ort entdeckt haben?«
»Wenn wir es mit gewöhnlichen Seeräubern zu tun hätten, wäre das eine ernstzunehmende Erwägung«, räumte ich ein. | »Aber ihr Anführer scheint ein Römer mit militärischer Erfahrung zu sein. Er kennt die geschäftlichen Abläufe auf den Inseln und in den Hafenstädten, und ich denke, er führt seine Raubzüge mit Blick auf die Profitmaximierung durch. Wenn uns genug Informationen über seine Aktivitäten vorliegen, werden wir seine Handlungen voraus ahnen können.«
»Du verlässt dich sehr auf die Geschichte von der angeblich römischen Herkunft des Mannes«, meinte Kleopatra. »Was ist, wenn sie gar nicht stimmt? Es ist nicht schwer, einen römischen Namen anzunehmen und die Legendenbildung um die eigene Person zu fördern.«
»Trotzdem ist er kein geistloser Verbrecher, der mit der Piraterie angefangen hat, weil sich ihm nichts Besseres geboten hat«, entgegnete ich. »Wenn er kein Römer ist, hat er zumindest bei den römischen Truppen im Osten gedient, darauf gehe ich jede Wette ein. Soweit ich weiß, hat Gabinius eine große Anzahl von Ausländern für die Armee rekrutiert, mit der er nach Ägypten gezogen ist, um eurem Vater wieder auf den Thron zu helfen.«
»Das ist richtig«, bestätigte sie, »nur der Kern der Truppen bestand aus römischen Soldaten. Der Rest bestand aus allen möglichen Griechen und Syrern. Dann gab es noch Kappadokier, Lykier, Judäer, Dardanier und so weiter. Es war wie der Aufzug der Schiffe vor Troja. Sogar ein paar Gallier und Germanen waren darunter, die ersten Germanen, die ich überhaupt je gesehen habe.«
»Warum habt ihr die nicht gefragt, ob sie singen?« fragte ich. Sie lächelte. »Mein Vater hat mich nie in die Nähe der Soldaten gelassen. Er findet, dass lediglich die mazedonische Hauswache den Maßstäben einer Prinzessin gerecht wird.« »Viele dieser Soldaten haben sich doch in Ägypten niedergelassen, oder?« erkundigte ich mich.
»Ja, etliche«, bestätigte sie. »Die Leute haben über die römische Besatzung geknurrt, aber das waren bloß Söldner. Sie haben einen Eid auf meinen Vater geleistet und gehören jetzt nicht mehr zur römischen Armee.«
»Sind auch Römer darunter?« wollte ich wissen.
»Einige. Aber es handelt sich um altgediente Veteranen, nicht um Fahnenflüchtige oder Mitglieder einer römischen Streitmacht. Es steht ihnen frei, ihre Dienste zu verkaufen. Warum bist du so neugierig?«
»Ich versuche mir nur ein klares Bild der militärischen Lage in diesem Teil der Welt zu machen«, erklärte ich ihr. »Im Westen ist das denkbar einfach. Es gibt die römischen Legionen, und es gibt unsere Feinde, und dazwischen gibt es kaum etwas. Hier ist die Gemeinlage komplizierter. Ich habe gehört, dass unter diesen Söldnern auch etliche der von Pompeius im Inland angesiedelten ehemaligen Piraten sein sollen.«
Kleopatra zuckte die Schultern. »Und wenn schon, ich bin sicher, es ist absolut legal zugegangen. Schließlich hat ein römischer General die Sache organisiert.«
»Eben«, sagte ich kryptisch und nippte an meinem Wein. »Senator«, unterbrach Alpheus uns, »würdest du mir erlauben, dir den Aphrodite-Tempel zu zeigen, wenn morgen kein Notruf eingeht, der euch anderweitig beschäftigt? Der Besuch lohnt sich allemal, und ich habe das Gefühl, dass du, wenn du erst einmal die Verfolgung dieses Spurius aufgenommen hast, wenig Zeit für die schönen Dinge des Lebens haben wirst.«
»Das klingt wie eine großartige Idee«, sagte ich. »Ion besteht ohnehin darauf, dass diese faulen Matrosen eine Pause brauchen.
Wenn die Pflicht nicht ruft, würde ich dein Angebot mit größtem Vergnügen annehmen.« In Wahrheit brauchte ich selbst eine Pause. Der Wein begann seine Wirkung zu tun und nahm der Piratenjagd immer mehr von ihrer Dringlichkeit, je länger der Abend dauerte. Ich blickte mich um. »Wo ist eigentlich
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