Die Schiffe der Kleopatra
worden.
»Ich hätte gedacht, du würdest ebenfalls dort oben sitzen«, sagte Flavia mit dem Zungenschlag einer passionierten Unruhestifterin.
Ich unterdrückte meinen eigenen Ärger ob dieser unentschuldbaren Tatsache und erwiderte: »Gabinius hat die Bestattung organisiert. Aber die Sitzordnung erscheint auch mir ein wenig spitzfindig.« Gabinius wollte mich offensichtlich demütigen, doch ich beschloß, die Angelegenheit später zu regeln. Im Augenblick mussten wir eine vereinte Front bilden. »Wo sind lone und die Priesterinnen der Aphrodite?« fragte ich ernsthaft interessiert, um das Thema zu wechseln. »So wenige Tage vor den Aphrodisia dürfen sie nicht an einer Bestattung teilnehmen oder ein trauerndes Haus betreten«, erklärte Alpheus. »Das würde sie rituell verunreinigen, und die Feiern müssten für dieses Jahr abgesagt werden. Das wäre ein schreckliches Omen für die gesamte Insel.«
»Und diese Insel hatte schon alles Pech, das sie verkraften kann«, sagte ich. »Die römische Annexion, die Piraten und die Kupfer-Förderung, die große Teile der Insel verödet hat.« »Ah, du weißt von der Zerstörung der Insel durch die Kupferminen?« fragte Alpheus überrascht.
»Ich habe davon gehört«, erwiderte ich ausweichend. »Aber die Minen haben die Insel reich gemacht«, bemerkte Flavia.
»Das besondere Genie Roms liegt darin«, erklärte ich, wohl unter dem Einfluß des Weins, der seine Wirkung zu tun begann und mich redselig machte, »dass wir den richtigen Weg zum Reichtum kennen.«
»Wie meinst du das?« sagte Alpheus, und ich hatte den Eindruck, dass er aus reiner Höflichkeit fragte.
»Man wird nicht reich, indem man sein Land zerstört oder seine Bodenschätze ins Ausland verkauft«, dozierte ich. »Statt dessen sollte man sein eigenes Land konservieren und den Reichtum der anderen plündern.« Flavia wieherte wie ein Esel. Sogar Gabinius hörte es auf seiner Tempelveranda und warf wütende Blicke in unsere Richtung. Nun ja, sein Freund war gestorben. Ich bemühte mich, zumindest solange er mich ansah, um eine angemessen betrübte Miene.
Als sich alle nach Herzenslust beköstigt und vollgestopft hatten, standen die Leute von ihren Tischen auf und begannen zwanglos umherzugehen. Der Abend dämmerte, und Fackeln wurden entzündet, um die Innenstadt zu beleuchten, was natürlich eine enorme Extravaganz war, aber es sind diese kleinen festlichen Momente, deretwegen wir hoffen, nach unserem Tod im Gedächtnis der Mitmenschen lebendig zu bleiben.
Flavia, Alpheus und ich waren mittlerweile dicke Freunde, zumindest bis die Wirkung des Weins nachließ, und wie viele andere machten wir einen kleinen Verdauungsspaziergang, um Platz für die Süßigkeiten zu schaffen, die als letzter Gang aufgetragen worden waren. Bei der Bestattung von Scipio Africanus waren ebenfalls Süßigkeiten serviert worden, und man hatte sich noch Generationen später daran erinnert, aber er hatte auch in kargeren Zeiten gelebt, während auf der Insel Zypern derlei Luxus im Überfluß zur Verfügung stand. Unterwegs begegneten wir einigen von Flavias Freundinnen, die offenbar genauso zügellos waren wie sie. Alpheus traf ein paar geschäftliche Verabredungen und ließ sich für die Komposition von Liedern für Feiern in anderen Städten verpflichten. Schließlich kamen wir von der großen Plaza in eine Seitenstraße, in der ebenfalls Tische standen, und bei dem Anblick, der sich meinen Augen bot, blieb mir vor Entsetzen der Mund offenstehen. »Was machst du denn hier?« brüllte ich.
Der so angesprochene Ion sah mich trotzig an und wirkte kein bisschen erschreckt. »Alle in der Stadt lebenden Ausländer wurden zu dem Bankett eingeladen«, informierte er mich, »genau wie du.« Ich ließ meinen Blick über die Tische schweifen und entdeckte die kompletten Mannschaften meiner Schiffe sowie meine Soldaten, und angeheuerten Söldner. »Ihr solltet bei den Schiffen bleiben und auf Kommando segelbereit sein!« tobte ich. »Was sollen wir machen, wenn wir jetzt Nachricht von einem Angriff erhalten?«
Er musterte mich von oben bis unten. »Glaubst du wirklich, du wärst in der Verfassung, uns anzuführen?«
»Ich könnte mich zu den Schiffen tragen lassen und während der Fahrt ausnüchtern!« erklärte ich ihm. »Wie ich in Kampfbereitschaft komme, lass getrost meine Sorge sein! Was gibt es da zu lachen?« Letzteres war an Alpheus und Flavia adressiert, die ob meiner Verlegenheit über die Maßen erheitert schienen.
»Was,
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