Die Schiffe der Kleopatra
mit einer selbstverständlichen Zwanglosigkeit ihre Hand über den Körper der jungen Frau gleiten, mit der man sonst vielleicht ein besonders geliebtes Haustier tätscheln würde. Das Mädchen schien das ganz natürlich zu finden, einmal beugte sie sich sogar vor, um ihrer Herrin etwas ins Ohr zu flüstern, was beide ausgesprochen zu erheitern schien. »Wird es Bestattungsspiele für Silvanus geben?« fragte Alpheus.
»Ich glaube nicht, dass er so bedeutend war«, antwortete ich. »Munera werden für gewöhnlich nur zu Ehren der herausragendsten Männer veranstaltet, vom Konsul an aufwärts. Früher waren sie auf ehemalige Konsuln, die einen Triumph gefeiert hatten, beschränkt, doch in jüngster Zeit sind unsere Maßstäbe ein wenig gesunken. Das gilt natürlich nur für Rom, versteht sich. In seiner Heimatstadt darf seine Familie nach Herzenslust Spiele veranstalten. Wer weiß, vielleicht war Silvanus in Bovillae, Lanuvium, Reate oder einem vergleichbaren Ort ein bedeutender Mann. Senatoren, die in Rom politisch bedeutungslos sind, sind in den Städten, aus denen ihre Familie stammt, häufig ungemein wichtige Männer. Vielleicht hat er in seinem Testament entsprechende Spiele verfügt.«
»Er stammte aus Ostia«, sagte Flavia, inzwischen schon ein wenig lallend, »genau wie mein Mann. Und ja, dort zählt seine Familie zur Lokalprominenz. Meistens dient irgendein Silvanus als Duumvir. Ich glaube, er selbst hat den Posten insgesamt dreimal bekleidet. Ja, ich denke, wir können uns auf ein gelungenes Spektakel freuen, wenn seine Asche die Heimat erreicht. Ich hoffe, wir sind rechtzeitig zurück. Ich liebe Kämpfe.«
»Bestimmt«, versicherte ich ihr. »Glaub mir, es dauert seine Zeit, bis man Spiele organisiert hat. Bevor er die endgültigen Riten bekommt, werden ein oder zwei Jahre ins Land gehen. Nimm beispielsweise Faustus Sulla. Er hat die Spiele zu Ehren seines Vaters, des ehemaligen Diktators, erst zwanzig Jahre nach dessen Tod veranstaltet. Du hast Glück, dass du in Ostia wohnst. In Rom sind Frauen zur munera nicht zugelassen.« »Rom ist sowieso so altmodisch und prüde«, lamentierte sie. »Du solltest zu den Feiertagen einmal nach Baiae kommen. Ich verbringe jeden Sommer dort, wenn es sich einrichten lässt. Dort treiben sie Dinge, die Cato und seine Fraktion von Langweilern vor Entsetzen tot umfallen lassen würden.«
»So hörte ich«, sagte ich neidvoll. »Ich habe es nie geschafft, dort zu sein, wenn irgend etwas wirklich Skandalöses vonstatten ging.«
»Dann lass dir erzählen, was passiert ist, als ich das letzte Mal da war«, sagte sie mit vor Moschus und Laszivität triefender Stimme und stürzte sich in eine detailfreudige Schilderung ihrer Abenteuer mit diversen Matronen aus diesem in jeder Beziehung lockeren Ferienort, die sich anläßlich der Feier der Priapalia zugetragen hatten, eines religiösen Festes, das bei uns schon seit Generationen verboten ist, vor allem wegen des freizügigen Verhaltens, das unweigerlich mit der Verehrung dieser ländlichen Gottheit einhergeht, die in Rom in Gärten und Bordelle verbannt worden war.
»Du bist eine abenteuerlustige Dame«, schmeichelte ich ihr, nachdem die Geschichte zu Ende war.
»Auf der Insel Cythera, die ebenfalls für sich in Anspruch nimmt, der Geburtsort der Aphrodite zu sein, gibt es während der jährlichen Festivitäten der Göttin ähnliche Praktiken«, wusste Alpheus zu berichten. »Aktivitäten, die selbst die Bewohner der Insel zu anderen Zeiten nicht tolerieren würden, werden während dieser drei Tage zu Akten frommer Ehrerbietung.« »In Rom haben wir Männer des Senatorenstandes uns immer gefragt, was unsere Frauen während der jährlichen Riten der Bona Dea so treiben«, berichtete ich. »Clodius hat einmal versucht, die Zeremonie als Frau verkleidet zu belauschen, doch er wurde erwischt und vertrieben, bevor er irgend etwas Interessantes gesehen hatte.«
»Es geht wahrscheinlich alles sehr zahm und manierlich zu«, meinte Flavia. »Römische Frauen von Geist und Phantasie müssen ihren Spaß schon außerhalb der Stadt suchen.« »Wo wir gerade von Frauen sprechen«, sagte ich, »wo ist eigentlich Kleopatra?« Ich sah mich um, konnte sie jedoch nirgends entdecken.
»Sie sitzt oben auf der Veranda des Tempels«, sagte Alpheus und wies auf das erhabene Gebäude. An einem langen Tisch lagerte Kleopatra neben Gabinius. Der Vorsitzende des Stadtrates, der Hohe Priester des Poseidon und Photinus waren am selben Tisch plaziert
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