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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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ähnelt. Außerdem hatte ich noch das kleinere Problem, dass wir hier nicht in Rom waren. Wären wir dort gewesen, hätte ich, unterstützt von den zahlreichen Klienten meiner Familie, zumindest meine Anschuldigungen erheben können. Ich hätte sogar auf Milos Bande als Leibwächter zurück greifen können. Hier auf Zypern war ich trotz meines Ranges nicht in einer Position der Stärke. Ich hatte Seeleute und Soldaten von zweifelhafter Loyalität. Gabinius hingegen hatte seine Veteranen, und vielleicht verfügte er über weit mehr Männer, als ich bisher gesehen hatte. Und dann gab es auch noch die Piraten, von denen ich mittlerweile den Eindruck hatte, dass sie sich nie weit von Zypern entfernten. Vielleicht lagen ihre Schiffe sogar in nahe gelegenen Buchten vor Anker, und die Tavernen der Stadt waren voll von ihnen.
    Nein, dies war noch nicht der Zeitpunkt, unausgegorene Beschuldigungen in Gabinius' zerfurchtes Gesicht zu schleudern.
    Mit derlei Überlegungen verbrachte ich den Großteil des Vormittags. Sie verlangten um ihrer Luzidität willen auch noch ein wenig mehr gewässerten Weins, und ehe ich mich versah, war es Zeit fürs Mittagessen. Ich zog mich in eine Taverne am Kai zurück, die einen prachtvollen Blick über den Hafen bot, und genehmigte mir ein reichhaltiges Mahl. Obwohl der Laden wegen der bevorstehenden Feierlichkeiten gut gefüllt war, legte ich mich auf meiner Bank zurück und lehnte den Kopf an die weißgetünchte Wand. Ich wollte nur eine Weile still meditieren, war jedoch schon bald friedlich eingeschlafen. Nun, es war eine lange Nacht gewesen.
    Lauter Lärm weckte mich. Von irgendwoher dröhnten Fanfaren. Am Ufer erhob sich ein großes Geschrei, und die Gäste der Taverne waren aufgesprungen. Ich schüttelte den Kopf, kämpfte mich auf die Füße und drängte mich nach vorn. Alle Augen waren aufs Meer gerichtet. Das Wasser jenseits der Hafenmole schien von Segeln bedeckt zu sein. Zahllose Schiffe nahten, und sie waren riesig.
    »Neptun schütze uns!« sagte ich. »Wir werden angegriffen!« Aber so viele Piraten konnte es doch gewiss nicht geben. Und wozu diese riesigen Schiffe?
    Ein Mann, der neben mir stand, lachte. »Beruhige dich, mein Freund«, sagte er jovial. »Kein Feind in Sicht. Das ist die römische Getreideflotte auf dem Weg nach Alexandria.« Gleichzeitig verlegen und erleichtert ging ich zum Hafen hinunter, um das Spektakel zu genießen. Jetzt sah ich, dass die Schiffe mehrere Masten und dreieckige Toppsegel hatten, woran man Handelsschiffe in der Regel erkennen konnte. Aber sie waren größer als gewöhnliche Frachter und verfügten über fünf- bis sechsmal mehr Ladekapazität. Es waren die größten seegängigen Schiffe überhaupt und wurden an Größe nur noch von den monströsen Flußbarkassen der Ptolemäer übertroffen. In Italien wurde dem Schicksal der alljährlich auslaufenden Getreideflotte fast religiöse Bedeutung zugemessen. Von dem Moment, in dem sie in See stach, bis zu dem Tag ihrer Rückkehr hielten wir kollektiv den Atem an. So imposant die Schiffe auch waren, sie konnten in einem einzigen Sturm vernichtet werden. Wenn das geschah, konnten hungrige Zeiten ins Haus stehen, so abhängig hatten wir uns von ägyptischem Getreide gemacht.
    Wenn die zurück kehrende Flotte den Heimathafen anlief, wurden entlang der gesamten italischen Halbinsel Leuchtfeuer entzündet, und in jeder Stadt gab es Freudenfeiern. Selbst wenn es in Italien eine Mißernte gab, musste niemand verhungern. Als man Pompeius die Aufsicht über die Getreideversorgung für fünf Jahre übertragen und ihm vollkommen freie Hand gegeben hatte, Korruption und Schlampereien auszumerzen, war das der größte Vertrauensbeweis, den das römische Volk ihm erweisen konnte, und ebenso ruhmreich wie jeder militärische Oberbefehl.
    Es dauerte fast den ganzen Nachmittag, bis die Schiffe die Segel gerefft hatten und zu ihren Ankerplätzen gerudert waren. Derweil kehrte ich zum Marinestützpunkt zurück, wusch und rasierte mich, legte meine besten Kleider an und versammelte einen Trupp meiner vorzeigbareren Soldaten um mich, die als meine Ehrenwache fungieren sollten. Mit dieser und dem ebenfalls staatsfein herausgeputzten Hermes im Schlepptau paradierte ich zum Hafen zurück.
    Wir kamen gerade rechtzeitig. Das Flaggschiff der Flotte, ein wahrhaft gigantischer Pott, legte am steinernen Hafenkai an. Es war weiß gestrichen und opulent vergoldet, mit einem geschwungenen Schwanenhals am Heck und einem

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