Die Schiffe der Kleopatra
hochaufragenden, aus Holz geschnitzten Akanthuszweig am Bug. Die Würdenträger der Stadt waren in Mannschaftsstärke angetreten, machten jedoch Platz für meine glänzende Eskorte. Als ich eintraf, wurde gerade eine riesige Laufplanke von der Größe der Enterbrücke einer Triere auf das Pflaster herabgelassen, komplett mit einem Geländer aus vergoldeten Ketten, die von fischschwänzigen Cupidos mit Spielzeugdreizacken gehalten wurden.
Als erstes ging der für die Flotte verantwortliche Senatsbeamte von Bord, ein Quaestor namens Valgus. Ich war selbst einmal Quaestor gewesen. In Rom war das das niedrigste Wahlamt, und man war kaum mehr als ein glorifizierter Laufbursche, der entsprechend wenig Respekt bei der Einwohnerschaft genoß. Außerhalb Roms hingegen wurden Quaestoren mit der gleichen Ehrfurcht behandelt wie ein Promagistrat. Ihm folgten Senatoren, die zur Botschaft in Ägypten unterwegs waren, darunter auch einige bekannte Gesichter. Schließlich kamen die Passagiere der vornehmen Klassen.
»Decius!« Julia winkte von der Schiffsreling wie ein aufgeregtes Mädchen. Dann war sie auf der Laufplanke und bemühte sich um einen angemessenen, zurück haltenden, formvollendeten, patrizischen Abgang. Schließlich stand sie vor mir, umarmte mich züchtig und gab mir ein Küßchen auf die Wange.
Ich tätschelte ihren Hintern. »Das kannst du aber besser.« Sie stieß mir ihren Ellenbogen in die Rippen. »Natürlich«, zischte sie, »aber nicht hier vor all den vornehmen Leuten.« Sie ertappte meine Männer bei einem Grinsen unter dem Gesichtsschutz ihrer Helme. Ein wütender Blick von ihr, und jedes Lächeln erstarb. »Es ist noch jemand mit gekommen, den du kennst«, informierte sie mich.
Erst jetzt entdeckte ich eine imposante Gestalt, die die Planke heruntertrampelte. »Titus!« johlte ich. Milo federte die letzten paar Schritte bis zum Kai herunter und ergriff meine Hand mit beiden Händen. Seine Handflächen waren immer noch hart wie Holz.
»Wie du siehst, Decius, habe ich deine Dame sicher nach Zypern gebracht«, verkündete er, »und unterwegs nach Leibeskräften sämtliche Seeleute und Senatoren von ihr ferngehalten. Du siehst besser aus als bei unserer letzten Begegnung«, stellte er fest. »Die Seeluft muss dir gut tun.« »In Rom bin ich regelrecht eingegangen«, erwiderte ich. »Dort ist es dieser Tage einfach zu friedlich, du verpasst überhaupt nichts. Aber hier brauche ich dich, und zwar verzweifelt. Schon dein bloßer Anblick hebt meine Stimmung.« In Wahrheit war ich ein wenig entsetzt über Milos Erscheinung. Sein Haar war fast vollständig ergraut, sein einst göttergleiches Antlitz von tiefen Falten zerfurcht. Ich musste mich daran erinnern, dass er ungefähr in meinem Alter war, denn er sah weit älter aus. Doch seine Glieder schienen so kräftig, sein Gang so geschmeidig wie eh und je, trotzdem wirkte er hager, als ob all sein überflüssiges Fett verbrannt worden wäre. Nun ja, auch mein Haar zeigte erste graue Strähnen.
Milo klopfte Hermes auf die Schulter. »Hermes! Hat dieser bösartige Tyrann dich noch immer nicht freigelassen? Ich dachte, ich würde dich mittlerweile in einer Toga antreffen.« »Ich will ihn verkaufen«, knurrte ich, »aber niemand will ein Angebot machen. Kommt mit, ich zeige euch euer Quartier.« Ich hoffte, er hatte den Ausdruck in Hermes' Augen nicht bemerkt. Hermes hatte Milo seit Knabenzeiten verehrt und war genauso schockiert wie ich, aber weniger geschult darin, es zu verbergen. Julia reiste natürlich nicht allein, also ließ ich ein paar Männer zurück, um ihre Sklaven und ihr Gepäck zum Marinestützpunkt zu eskortieren, wenn es entladen war. »Ich bin so froh, dass wir so ausgezeichnetes Segelwetter hatten«, sagte Julia auf dem Weg zur Marinebasis. »Ich hatte schon Angst, wir würden nicht mehr rechtzeitig zu den Aphrodisia hier eintreffen. Aber so ist alles perfekt gelaufen. Hast du den Tempel schon besichtigt?«
»Das habe ich«, antwortete ich brav. »Ich werde ihn dir morgen zeigen und dich persönlich mit der Hohen Priesterin lone bekannt machen.«
»Wundervoll! Ich möchte unbedingt -« Als sie die Ansammlung schlichter funktionaler Militärgebäude sah, blieb ihr das Wort im Mund stecken. »Decius, ich dachte, du hättest uns ein angemesseneres Quartier besorgt. Erwartest du etwa von mir, dass ich zwischen Seeleuten und Soldaten kampiere?«
»Um ehrlich zu sein, meine Liebe, habe ich noch bis vor wenigen Tagen in der Villa des Statthalters
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