Die Schiffe der Kleopatra
Strauchwerk bewachsen, was bedeutete, dass es keine Ziegen gab. Die Vegetation kam meinen Absichten perfekt entgegen. Im Schatten der Sträucher arbeiteten wir uns bis unter den Anlegesteg vor. Seine Planken verliefen direkt über meinem Kopf, und in diesem Moment kehrten auch die Männer vom Haus zurück, offenbar mit schweren Säcken bepackt.
»Das wird die Rückfahrt angenehmer machen«, sagte eine dröhnende Stimme. »So leicht beladen hat sie auf der Herfahrt mächtig geschlingert.« Der Mann sprach Latein mit einem fast perfekten römischen Akzent. Es gibt subtile Nuancen, an denen man die Sprache der eingeborenen Römer von denen Zugereister unterscheiden konnte. Er redete wie ein Mann aus den besseren Kreisen, wahrscheinlich jedoch aus einer Stadt im Umland und nicht aus Rom selbst. Der Akzent klang mir vertraut, doch ich wusste ihn nicht unterzubringen. Zwar konnte ich nicht erkennen, wer sprach, aber ich konnte zwei Gestalten ausmachen, die unweit meines Versteckes zusammenstanden, ein wenig abseits der Männer mit den Säcken. Sie hatten sich so weit aus dem Lichtkreis der Fackeln entfernt, dass ich weder ihre Gesichtszüge noch Details ihrer Kleidung erkennen konnte. Behutsam versuchte ich mich in eine Position vorzutasten, die es mir erlaubte, beide deutlicher zu sehen.
»Dies ist für eine Weile die letzte Lieferung.« Diese Stimme war unverkennbar: Gabinius. »Die Lage ist zu unberechenbar.
Wir müssen uns eine Zeitlang ruhig verhalten.«
Der andere gluckste. »Du meinst wegen dieses Idioten mit seiner Spielzeugflotte?«
»Unter anderem«, gab Gabinius unwillig zurück. »Ich habe dich gewarnt. Ich warne dich nicht noch einmal.«
»Aber du hast deine Geschäftsbeziehung nicht nur mit mir«, erwiderte der andere, »und das weißt du auch.« Jetzt konnte ich vor dem Hintergrund des Mondes und der Sterne die Umrisse der beiden erkennen. Gabinius' Gestalt war unverkennbar. Ich dachte zunächst, der andere trüge eine Kapuze, bis mir aufging, dass es sein langes Haar war, das bis auf die Schultern fiel: Spurius.
»Trotzdem«, beharrte der General, »unsere Geschäfte müssen bis auf weiteres ruhen. Ich gebe dir einen Brief mit, den du mit der Fracht übergeben sollst. Wenn ich euch einen Rat geben darf, dann meidet diese Gewässer ein oder zwei Saisons. Wie ich höre, bieten die Küsten des Pontus Euxinus prächtige Möglichkeiten für einen Mann von Mut und Unternehmungsgeist.«
»Ich bestimme meine Ziele selbst«, sagte Spurius. »Außerdem habe ich vor, die Feiern der Aphrodite zu besuchen. Sie sind weltberühmt, und wo ich nun schon einmal in der Gegend bin, wäre es doch eine Schande, sie zu verpassen.«
»Damit beschwörst du dein eigenes Verhängnis herauf«, warnte Gabinius ihn. »Wenn du nicht bald verschwindest, wirst du noch am Kreuz landen.«
»Du weißt, dass das nie geschehen wird.« Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme förmlich hören. Doch was würde nie geschehen? Die Kreuzigung oder sein Aufbruch in ruhigere Gewässer?
»Aber ich denke, vielleicht wird es für mich ohnehin Zeit, mich aus dem Geschäft zurück zu ziehen«, fuhr Spurius fort. »Vielleicht sollte dies meine letzte Fahrt für dich sein.«
Nach einem längeren Schweigen sagte Gabinius: »Das wäre vielleicht wirklich das beste.« Und mit diesen Worten gingen die beiden zurück in Richtung des Hauses. Es drängte mich, ihnen zu folgen, doch auf dem Gelände liefen einfach zu viele Männer herum, und es brannten noch mehr Fackeln. Einige von ihnen wurden von Gabinius' Schlägern gehalten, die in voller Rüstung und bewaffnet bereitstanden. Besonders vertrauensselig wirkte in dieser Nacht jedenfalls niemand.
Also entschied ich mich einmal für die vernünftige Option und tippte Hermes auf die Schultern. Gemeinsam schlichen wir durchs Gebüsch zurück und dann weiter am Strand entlang. Es gab so viel mehr, was ich wissen wollte, doch ich hatte mein Glück schon bis zum Äußersten strapaziert. Ich bin zwar mein Leben lang ein begeisterter Spieler gewesen, aber bei den Rennen verliert man auch nur Geld.
Aristons Gestalt ragte in der Nacht wie die eines Dämons aus der Unterwelt, der durch ein Loch in der Erde gekrochen war. »Ist irgend jemand hinter euch her?« wollte er wissen. »Wenn, dann sind sie noch leiser als wir. Wo ist das Boot?« Nachdem ich nun beschlossen hatte, zu verschwinden, wollte ich es so schnell wie möglich hinter mich bringen, als ob dies der gefährlichste Teil unserer Mission sei, eine
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