Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
riesigen Achtungserfolg, vergleichbar etwa einem Debütautor unserer Tage, der die Bestsellerlisten stürmt.
Doch Schiller will mehr – und er will es lieber heute als morgen. Ein einzelner kurzer Erfolg allein reicht ihm nicht. Sein Ziel, seine Vision ist ebenso unbescheiden wie ehrgeizig. Er will der Größte sein – größer noch als der umjubelte Goethe, der Säulenheilige des damaligen Literaturbetriebs. Und er will etwas schaffen, was von Dauer ist. Eben unsterblich.
Auch wenn man kein so hehres Ziel wie die „Unsterblichkeit“ hat, gibt es auch heute noch genügend Gründe, an einem großen (Lebens-)Ziel festzuhalten und diese Vision mit Hartnäckigkeit zu verfolgen. Das kann das über Jahre und Jahrzehnte gesteckte Ziel sein, einmal Bundeskanzler zu werden (Paradebeispiele dafür sind Helmut Kohl und Gerhard Schröder), der Wunsch, einmal im Vorstand eines Dax-Unternehmens zu sitzen, oder der Traum, ein berühmter TV-Star zu werden. Reine Zufallskarrieren sind selten, allen Versprechungen der Castingshows diverser Fernsehprogramme zum Trotz. Und ohne Visionen für das eigene Leben sind sie fast unmöglich.
Friedrich Schiller zeigt, was es heißt, seine Vision mit letzter Konsequenz zu verfolgen: Er will Dichter sein, koste es, was es wolle! Und es kostet ihn eine ganze Menge – seine Familie, seine Heimat, seinen Beruf, seine ganze gesicherte, wenn auch bescheidene Existenz. Er riskiert seine Freiheit, seine Ehre, seine Gesundheit, möglicherweise sogar sein Leben – denn man wusste, dass der Herzog Fahnenflüchtige durchaus auch mit Gewalt in sein Land zurückholte, um sie dort ohne Federlesens in den Kerker zu werfen.
Der Preis, den Schiller zahlt, ist extrem hoch; doch er weiß genau, warum er ihn zahlt. Er ist sich sicher, später einmal allein von seiner Feder leben zu können – als erster Berufsschriftsteller Deutschlands. Er ist kein Träumer, kein Phantast, trotz des offen geäußerten Wunsches nach „Unsterblichkeit“. Er kennt seine Stärken, und er glaubt an sie, allen Rückschlägen zum Trotz. Er weiß, dass er eine reelle Chance hat, es zu schaffen.
Und er hat es geschafft. Schiller ist auch heute noch aktuell, seine Stücke gehören zum Repertoire eines jeden Theaters. Die Schiller-Feiern 1859 und 1905 glichen wahren Nationalfeiern. Und nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz (die er selbst übrigens nie besucht hat) gilt er als „Nationaldichter“ – vor allem dank des Dramas „Wilhelm Tell“, eines aufrührerischen Stücks, das er in des Herzogs Diensten niemals hätte schreiben können.
Ein solcher Erfolg ist nicht auf ausgetretenen Pfaden zu erreichen, sondern nur durch einen radikalen Schnitt, eine grundsätzliche Richtungsentscheidung in seinem Leben. Das weiß auch Friedrich Schiller, und er richtet sein Handeln entsprechend aus. Denn sein Landesherr, Herzog Karl Eugen von Württemberg – so viel ist ihm schnell klar – will nach den revolutionären „Räubern“ kein weiteres Stück seines Untertanen: „Bei Strafe der Festungshaft sage ich Ihm: Schreibe Er keine Komödien mehr!“ , lässt er barsch ausrichten. Das vorzeitige Ende einer Karriere?
Manch einer hätte unterwegs aufgegeben, seine Visionen ad acta gelegt oder nicht einmal den ersten Schritt gewagt. Hätte sich mit dem Erreichten oder dem leicht Erreichbaren begnügt. Wie Schiller mit seiner Stelle als Regimentsmedikus: Immerhin einer gesicherten Existenz mit einem gewissen Ansehen und einem schmalen, aber auskömmlichen Salär. Vielleicht auch mit bescheidenen Erfolgen – so wie Schiller möglicherweise nebenberuflich ein zahmer Lustspiel-Autor von des Herzogs Gnaden hätte werden können: kurz umjubelt von der höfischen Gesellschaft in Stuttgart und Ludwigsburg, aber schon nach wenigen Jahren vergessen.
Schillers Vision reicht weiter. Er glaubt an sein Talent, seine Begabung, seine Berufung als Autor. Er weiß, welche Macht seine Sprache über die Menschen hat; dass es ihm gelingen würde, die Menschen zu erreichen, zu begeistern. Und dies seit mittlerweile mehr als 200 Jahren. Die Vision Friedrich Schillers hat ihm tatsächlich Unsterblichkeit beschert – und uns einige der besten Dramen in deutscher Sprache.
Schiller hat seine Lebensvision schon früh entwickelt und mit Anfang 20 begonnen, sie in die Tat umzusetzen – in einem Alter, in dem heute mancher erst lustlos sein Studium beginnt. Und auch wir sollten uns zumindest hin und wieder fragen: Läuft unser Leben in der
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