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Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)

Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)

Titel: Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Wodarz-Eichner , Karsten Eichner
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riesigen Schlüsselbund aus seiner Tasche, zählt umständlich die einzelnen Schlüssel ab und steckt schließlich einen von ihnen in das rostige Schloss an der Tür vor ihnen.
Kreischend dreht sich der Schlüssel im Schloss, und langsam öffnet sich die Tür. An dem grob gezimmerten Tisch in der Gefängniszelle sitzt ein Mann, das graue Haar mühsam im Zopf gebändigt, die Schultern eingefallen, den Kopf in die Hände gestützt. Langsam dreht er sich zu den unerwarteten Besuchern um. Natürlich kennt er den Wärter, aber wer ist der rothaarige, schlaksige junge Bursche neben ihm …?
Zögernd erhebt sich Christian Friedrich Daniel Schubart und streckt dem unbekannten Besucher die Hand entgegen. Jeder ist ihm willkommen, der ihn für eine Stunde, für einen Moment ablenkt von seinen Grübeleien – über die Ungerechtigkeit, der er hier in diesem Kerkerloch anheimgefallen war. Über die gnadenlose Willkür des Herzogs, der ihn auf die Festung schleppen ließ und ihn hier seit Jahren gefangen hielt – ohne Prozess, ohne die Hoffnung auf baldige Entlassung. Sogar ohne Papier und Feder, um seine Gedanken festzuhalten – als wenn seine Schriften ihm nicht schon genug Ärger eingebracht hätten.
Schiller ergreift die ausgestreckte Hand des Dichters. In seinen Augen blitzt Bewunderung für den Mann auf, der seine Gedanken nicht hatte einzwängen lassen in das Korsett, das ihm Karl Eugen auferlegen wollte. Vieles hatte er von Schubart gelesen, und vieles hatte einen tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen. Schubarts „Geschichte des menschlichen Herzens“ war sogar so etwas wie die Vorlage zu seinen „Räubern“ geworden. Und diesen Mann, diesen brillanten Kopf, kerkerte Karl Eugen in seiner Festung Hohenasperg ein – in dieser Zitadelle! Unfassbar …
Auf einmal weiten sich Schillers blassblaue Augen in plötzlicher Erkenntnis: Der Herzog selbst hatte ihn heute zu Schubart in den Kerker geschickt – und zwar nicht, um ihm die Bekanntschaft mit dem verehrten Dichter zu ermöglichen. Nein – um ihn zu warnen, welches Schicksal einen unbotmäßigen Schreiberling erwartete … Und doch würde der Herzog vergeblich warnen und mahnen: Er ließ seine Gedanken nicht unterdrücken, und sollte es ihn alles kosten!
Die schönsten Träume von Freiheit werden im Kerker geträumt. Und die besten, hehrsten Gedanken erwuchsen aus Bedrängnis – dafür lohnte die Gefahr, dafür lohnte alles!
Es gelingt Schiller, seine versagende Stimme unter Kontrolle zu bringen, mit dem Gefangenen zu plaudern. Über Belangloses, solange der Wächter dabei ist. Über das, was beide wirklich bewegt, als der Wächter für eine kurze, viel zu kurze Zeit die Zelle verlässt. Als er wiederkommt, Schiller in die Freiheit führt und Schubart im Düster des Kerkers zurücklässt, haben zwei verwandte Seelen Freundschaft geschlossen.
    Schiller wusste also, was ihm blühen konnte. Er hat sozusagen am lebenden Beispiel gesehen, was es hieß, sich gegen den Willen des Herzogs aufzulehnen. Mehr noch, er ist später selbst in den Kerker gewandert, als er illegal und vermeintlich unerkannt ins Ausland – ins kurpfälzische Mannheim – geritten war, um der Uraufführung seiner „Räuber“ beizuwohnen, und kurz darauf ein zweites Mal. Natürlich bekam der württembergische Herzog von diesem Husarenritt Kunde, und er bestrafte seinen rebellischen Untertanen entsprechend. Der Regimentsmedikus Schiller musste seinen Degen abliefern und zwei Wochen Arrest absitzen.
    Aber Schiller ließ sich auch davon nicht einengen, nicht unterkriegen. Er wollte schreiben, was sein Herz ihm befahl. Allein sein Herz, und nicht der Herzog! Schiller suchte zwar nicht den offenen Konflikt. Er war klug genug zu sehen, dass der Landesfürst am längeren Hebel saß (siehe Kapitel „Aber wisse auch, wann man diplomatisch sein muss“). Aber jede Art von Duckmäuserei, von untertänigem Geist war ihm fremd. Er dachte für unser Verständnis „modern“, das Individuum zählte für ihn mehr als die althergebrachte ständische Gesellschaftsordnung. Und er war selbstbewusst genug, seinen eigenen Standpunkt gegenüber dem Herzog zu vertreten. Und vor allem auf seine eigene Leistung zu vertrauen, von der er überzeugt war. Auch wenn er damit mehr als einmal aneckte und den Zorn des cholerischen, keinen Widerspruch gewohnten Landesherrn hervorrief.
    Denn der war blind für das Neue, das Andersartige, für Schillers Genius. Wo Schiller neue Möglichkeiten sah, witterte der Herzog Aufruhr und

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