Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
Anstachelung zum Umsturz. Schiller versuchte ihm klarzumachen, wie viel Glanz des aufstrebenden Theater-Stars auch auf dessen Gönner am Stuttgarter Hof zurückfallen würde – vergeblich. Lange vor Gerhard Schröders Beispiel gefiel sich der Landesfürst in einer rigiden Basta-Politik. Und übersah dabei, dass Liebedienerei zwar bequem sein mag, aber auf Dauer keinen Fortschritt und keinen nachhaltigen Erfolg ermöglicht. „Der Feigen waren mehr, denn der Streitbaren, der Dummen mehr, denn der Klugen – Mehrheit setzte sich durch“ , schreibt Schiller kurz nach seiner endgültigen Flucht aus Stuttgart 1782 in der „Verschwörung des Fiesco zu Genua“ – es könnte auch ein Portrait der Stuttgarter Hofgesellschaft sein. Oder eines beliebigen Unternehmens unserer Tage.
Schiller hat sich entschieden – gegen Stromlinienförmigkeit und für das freie Wort: Duckmäuserei war seine Sache nicht. Instinktiv spürte er, dass er in einem Klima der Anpassung, der Liebedienerei niemals Großes schaffen konnte. Eine Erkenntnis, so zeitlos wie die Balladen des Dichterfürsten. Denn nur wo der freie Geist sich entfalten kann, wo Kreativität bewusst gefördert wird, wo auch ungewöhnliche Wege kein Tabuthema sind, da können Spitzenleistungen entstehen.
Es muss ja nicht immer gleich der Swimmingpool oder der Billardtisch für die Mitarbeiter sein, der für kreative Pausen genutzt werden kann, wie in mancher amerikanischen Softwareschmiede. Aber schon ein offenes Klima im Unternehmen, Fairness im Umgang miteinander, ein transparentes Vergütungssystem und eine Personalentwicklung, die diesen Namen auch verdient, wirken häufig Wunder. Mitarbeiter reagieren in der Regel sehr feinfühlig auf solche Rahmenbedingungen, die motivieren (aber bei negativen Vorzeichen auch extrem demotivieren) können. Und gerade für Spezialisten und Führungskräfte werden diese vermeintlich „weichen“ Faktoren immer wichtiger. Hier hat jedes Unternehmen einen guten Ruf zu verlieren. Ein schlechtes Betriebsklima spricht sich schnell herum.
Und das ist keinesfalls nur ein Phänomen der heutigen Arbeitswelt. In gewisser Weise traf das im späten 18. Jahrhundert auch für den Württembergischen Staat zu – auch wenn dort eine berufliche „Wechselmöglichkeit“ nur in der Flucht ins Ausland bestand. Schiller hat das Hofleben an einer wahrhaft guten Schule studiert – vermutlich der besten, die es in Deutschland zur damaligen Zeit gab. Denn der Hof Herzog Karl Eugens galt als glanzvollster unter allen deutschen Fürstentümern, als deutsches Abbild von Versailles. Für Lustbarkeiten, Bankette, Diners, Jagden, Schlossbauten, Feuerwerke und vieles andere wurde das Vermögen des damals nicht gerade reichen Landes verpulvert, wurden Steuern erhöht, Schulden gemacht und für kurzfristige Einnahmen sogar Soldaten ans zahlungskräftige Ausland verkauft. Es war eine glänzende Fassade, die der Herzog errichtete, auf Schulden und dem Schweiß der Untertanen erbaut.
Schiller hat das Elend hinter dem Glanz gesehen. Er hat aus seiner unmittelbaren persönlichen Beobachtung seine Schlüsse gezogen. Und er hat später, im sicheren Exil, das getan, was er in Stuttgart nicht tun konnte: Er hat erbarmungslos den Finger in die Wunde gelegt. In „Kabale und Liebe“ zeichnet er ein bedrückendes Bild der intriganten absolutistischen Gesellschaft. Er hält den Hofschranzen, den kühlen Taktikern der Macht, den Günstlingen, Emporkömmlingen und Mätressen ohne Scheu den Spiegel vor.
Mut und Zivilcourage als Gegenmodell zu Unterdrückung und Despotismus. Unabhängiges Denken statt Speichelleckerei. Und ein freier Geist, der sich nicht einengen lässt, gegenüber sturem Kadavergehorsam: Schiller zeigt uns, wie wir uns idealerweise verhalten sollen. Es propagiert Tugenden, die zeitlos sind – im 18. Jahrhundert ebenso wie im 21. Das kann zum Beispiel bedeuten, den Mut zu besitzen, dem Chef zu widersprechen – sofern man die besseren Argumente hat. Das kann bedeuten, für die eigenen Ideen einmal etwas zu riskieren – selbst gegen großen Druck von oben. Und das kann bedeuten, auf Missstände aufmerksam zu machen – selbst wenn es vielleicht gerade höchst unbequem ist.
Schiller hat zu seiner Zeit vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen – und er tut es noch heute. Er brachte auf die Bühne, was viele insgeheim dachten, aber kaum zu sagen wagten. Als eine Art früher Enthüllungsjournalist des 18. Jahrhunderts hat er mit diesem Stück erneut Triumphe
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