Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
nebensächliches Steuerdelikt zum Verhängnis …
„Redlichkeit gedeiht in jedem Stande“ , schreibt Schiller. Aber ahnt er da auch schon, welch niedrigen Stellenwert die Redlichkeit, die Gewissenhaftigkeit heute vielerorts nur noch besitzt? Dass Steuerbetrug als Kavaliersdelikt gilt, Versicherungsbetrug geradezu als Volkssport? Undenkbar, unvorstellbar für Schiller. Auch wenn er im Laufe seines kurzen Lebens das Leben selbst zur Genüge kennengelernt hat; die Winkelzüge, die Tricks seiner Mitmenschen. Die falschen Versprechungen, die kleinen Lügen und großen Betrügereien … Er wusste letztlich sehr wohl, worüber er schrieb. Aber darüber zu schreiben, oder es selbst zu tun – das waren für ihn dann doch zwei grundverschiedene Dinge.
Zugegeben: In manchen Dingen hat auch Schiller sich unkorrekt verhalten, hat beispielsweise viele Schulden bei Freunden und Gönnern einfach nicht zurückbezahlt und stets geflissentlich übersehen. Auch wenn er damit gewiss kein Vorbild ist – zumindest wird uns Schiller, der moralisch scheinbar Unfehlbare mit den hehren Ansprüchen, ein Stück menschlicher.
Und auch wir sollten uns immer wieder fragen: Wo haben wir uns unkorrekt verhalten, vielleicht eine moralisch fragwürdige Handlung begangen? Wo haben wir nicht genügend Sorgfalt auch im Kleinen walten lassen? Wo haben wir unsere offene Flanke, die uns vielleicht eines Tages im Beruf gefährlich werden kann – und sei sie auch zunächst noch so unscheinbar? Denn auch kleine Fehler können eines Tages großen Ärger hervorrufen. Solide, gewissenhafte Arbeit im Kleinen wie im Großen hat hingegen gerade in der heutigen Zeit wieder einen steigenden Stellenwert.
„Das Herz ist Gottes Stimme. Menschenwerk ist aller Klugheit künstliche Berechnung.“
Wallenstein
30 TREIBE KEINEN RAUBBAU MIT DEINEM KÖRPER: NIMM DIR AUSZEITEN
„Es ist der Geist, der sich den Körper baut.“
Wallensteins Tod
Es war zum Verzweifeln. Sonst flogen ihm die Gedanken nur so aufs Papier, aber heute kämpfte er um jedes einzelne Wort. Längst hatte sich die Nacht auf die Stadt gesenkt, und nur in wenigen Fenstern war noch ein Lichtschimmer zu sehen. Die Nachbarn wussten, dass seine Lampe oft bis ins Morgengrauen hinein glomm, wenn er Stunde um Stunde am Schreibtisch saß und seine Feder fast Mühe hatte, so schnell wie seine Gedanken zu fliegen – nie fühlte er sich so lebendig, so frei wie in solchen Schaffensnächten. Doch heute …
Es war noch nicht einmal Mitternacht, und eine bleierne Müdigkeit hielt ihn unbarmherzig umklammert. Irgendwo bellte ein Hund – war es vielleicht ein Pudel, so einer wie der, dem sein alter Freund Goethe ein literarisches Denkmal gesetzt hatte? Pudel müsste man sein, dann käme der Ruhm von selbst, sinnierte der Mann am Schreibtisch, und die Ahnung eines Lächelns flog über sein blasses Gesicht. Von früh bis spät gehätschelt und mit Leckerbissen verwöhnt werden; niemals Sorgen darum, wie die Familie ernährt und die Schulden bezahlt würden; und dann und wann sogar ein Besuch beim Barbier … Pudel sein – das Ideal …
Und er dagegen konnte sich kaum mehr aufrecht auf seinem Stuhl halten, die mühsam aufs Papier gemalten Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Was hatte er schreiben wollen? Seine Hände zitterten, und langsam wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Konnte es – konnte es schon wieder das Fieber sein?
Wieder Schüttelfrost – verdammt, nicht heute! Er brauchte diese Nacht, um die Abhandlung fertig zu schreiben, er brauchte jede einzelne Nacht bis zu seinem fünfzigsten Geburtstag, um seinen engen Zeitplan zu erfüllen, damit dann endlich das Haus abbezahlt war. Sein Haus, sein Refugium …!
So – oder so ähnlich – ist es Friedrich Schiller in seinen letzten Jahren permanent ergangen. Um endlich genügend Geld zu verdienen, die Familie von den Schulden zu befreien, hat er bis zur Erschöpfung gearbeitet. Hat sich die Nächte um die Ohren geschlagen, hat sich enge Termine gesetzt. Hat sich selbst beständig zur Arbeit angetrieben, hat am laufenden Band neue Werke produziert. Hat Fieber und Schüttelfrost – die Symptome seiner immer wieder ausbrechenden Malaria – so weit wie möglich ignoriert. Und hat dabei letztlich seine Gesundheit ruiniert. Seinen 50. Geburtstag hat er längst nicht mehr erlebt.
Manchem Manager mag es heute ähnlich gehen: Gehetzt von Termin zu Termin, den Blackberry oder das iPhone stets zur Hand, das nächste Karriereziel fest im Blick,
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