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Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Titel: Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fanden das alles recht verwirrend.
    »Ich bleibe hier stehen und trotze den gräßlichen Schergen von Anordnung!« ereiferte sich Nisodemus. »Ich werde ihnen eine Lektion erteilen, die sie so schnell nicht vergessen.« Die übrigen Wichte schwiegen. Wenn Nisodemus vor einem Auto stehenbleiben wollte, so war das seine Sache. »Wir
alle
trotzen ihnen!« verkündete er.
    »Äh, was?« fragte ein Nom.
    »Brüder, laßt uns hier voller Entschlossenheit stehen und Anordnung zeigen, daß wir ihm gemeinsam die Stirn bieten!
    Ähm. Wenn ihr fest genug an Arnold Bros (gegr. 1905) glaubt, so wird euch auch kein Leid geschehen!«
    Der Wagen mit dem Blaulicht rollte auch weiterhin über den Weg. Bald würde er die breite Stelle vorm Tor erreichen, an dem eine nutzlose Kette mit einem nutzlosen Vorhängeschloß hing.
    Grimma öffnete den Mund, um zu sagen: Seid nicht dumm, ihr Narren! Es kann wohl kaum Arnold Bros’ (gegr. 1905) Absicht sein, daß ihr vor Autos stehenbleibt. Ich habe
gesehen,
was mit Nomen passiert, die vor Autos standen. Ihre Verwandten mußten sie in Briefumschlägen begraben.
    All das wollte sie sagen – doch dann überlegte sie es sich anders. Viele Monate lang war es immer wieder nötig gewesen, den Wichten Dinge zu erklären. Irgendwann mußte damit Schluß sein. Warum nicht jetzt? Einige besorgte Gesichter wandten sich ihr zu, und jemand fragte: »Wie sollen wir uns jetzt
verhalten,
Grimma?«
    »Ja«, meinte ein anderer Nom. »Sie gehört zu den Fahrern, und die Fahrer wissen immer, worauf es ankommt.« Grimma lächelte, doch es war kein besonderes freundliches Lächeln.
    »Entscheidet selbst«, erwiderte sie. Dutzende von Wichten holten tief Luft.
    »Nun, ja«, sagte ein Nom. »Aber, äh … Nisodemus behauptet, wir könnten die Menschen aufhalten, indem wir einfach nur glauben, dazu imstande zu sein. Stimmt das?«
    »Keine Ahnung«, entgegnete Grimma. »Vielleicht seid ihr dazu in der Lage. Ich bin es nicht.« Sie drehte sich um und ging mit langen Schritten zu den Hütten.
    »Bleibt entschlossen stehen!« befahl Nisodemus. Er hatte überhaupt nicht auf die von Besorgnis geprägte Diskussion hinter ihm geachtet. Vielleicht hörte er inzwischen gar nichts mehr – abgesehen von den Stimmen, die in seinem Kopf flüsterten.
    »›Entscheidet selbst‹«, murmelte ein Nom. »Was soll man mit einem solchen Rat anfangen?« Hunderte von Wichten beobachteten, wie sich ihnen das Auto näherte. Nisodemus stand vor ihnen und hob wie beschwörend die Hände.
    Jetzt gab es nur noch ein Geräusch: Reifen knirschten über Kies.
    Wenn während der nächsten Sekunden ein Vogel zum Steinbruch hinabgesehen hätte, wäre er sicher erstaunt gewesen.
    Oder vielleicht auch nicht. Vögel zeichnen sich durch eine eher geringe Intelligenz aus: Es fällt ihnen schwer genug, das Gewöhnliche zu verstehen, ganz zu schweigen vom Ungewöhnlichen. Aber nehmen wir einmal an, ein ungewöhnlich intelligenter Vogel – ein Hirtenstar etwa, oder ein Papagei, der von einem sehr starken Wind viele tausend Kilometer weit nach Norden getragen wurde –, hätte das Geschehen beobachten können. Vermutlich gingen ihm dabei folgende Gedanken durch den Kopf: Oh, dort ist ein großes Loch im Hügel, mit kleinen, rostigen Wellblechhütten und einem Zaun davor. Und dort ist ein Wagen mit blinkendem Blaulicht, der gerade durchs Tor im Zaun fährt.
    Und dort sind kleine dunkle Punkte auf dem Boden, nicht weit vom Tor entfernt. Ein Punkt steht ganz still, direkt vor dem heranrollenden Auto, und die anderen … Die anderen sausten fort. Hunderte von Wichten rannten um ihr Leben.
    Sie sahen Nisodemus nie wieder. Einige besonders mutige Nomen gingen später –
viel
später – zum Tor und suchten in den von Autoreifen stammenden Furchen. Ein Gerücht entstand. Vielleicht war Nisodemus im letzten Augenblick hochgesprungen, um sich an einem Teil des Wagens festzuhalten und daran hochzuklettern. Und dann wartete er, zu beschämt, um sich anderen Wichten zu zeigen – bis das Auto wieder fortrollte und ihn mitnahm. Vielleicht führte er nun ein Leben in Einsamkeit. Eigentlich war er kein schlechter Nom gewesen, hieß es. Ganz gleich, was man sonst über ihn sagen konnte: Er hatte fest an gewisse Dinge geglaubt und sich immer so verhalten, wie er es für richtig hielt. Deshalb erschien es angemessen, daß er noch lebte, irgendwo draußen in der Welt.
    So erzählte man es sich, und so schrieb man es im
Buch der Nomen
nieder.
    Was die Wichte dachten, als sie zu

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