Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel
beginnen. Wir müssen es den Menschen irgendwie ermöglichen, uns zu verstehen. Ohne Schilder, ohne Schreie.
Wäre es nicht toll, eine Vereinbarung mit ihnen zu treffen?
Sie könnten die großen, langsamen Arbeiten für uns erledigen, und wir… Nun, wir kümmern uns um die kleinen, schnellen Dinge. Um knifflige Dinge, zu denen die dicken Finger nicht imstande sind. Aber wenn sie von uns verlangen, Blumen zu bemalen oder Schuhe zu reparieren …
»Grimma?« erklang eine Stimme hinter ihr. »Sieh dir das an, Grimma.« Die Nomen standen an einem weißen Haufen auf dem Boden.
O ja. Die Zeitung des Menschen …
Sie lag nun ausgebreitet auf den Dielen und ähnelte jener anderen, die Grimma gesehen hatte. Doch dieses Exemplar hieß LESEN SIE ES ZUERST IN DER SOURAWAY BLACKBURY EVENING POST & GAZETTE. Auch sie präsentierte Schrift in dicken Blockbuchstaben, manche von ihnen so groß wie der Kopf eines Wichts.
Grimma runzelte die Stirn, als sie versuchte, den Sinn der Worte zu verstehen. Bei den Büchern ergaben sich kaum Probleme, aber Zeitungen schienen eine ganz andere Sprache zu verwenden. Begriffe wie SKANDAL und KATASTROPHE wiederholten sich ständig, und verschwommene Bilder zeigten Menschen, die sich die Hände schüttelten – £ 455 SPENDEN FÜRS KRANKENHAUS. Mit den einzelnen Worten war soweit alles in Ordnung, aber der Zusammenhang zwischen ihnen blieb häufig schleierhaft und geheimnisvoll: KRACH UM KOMMUNALE KRIPPE. »Nein, ich meine das hier«, sagte ein Nom. »Diese Seite. Sieh nur, einige der Worte standen auch in der anderen Zeitung! Es geht um
Enkel, 39
!« Grimmas Blick glitt über einen Bericht: Er betraf jemanden, der irgendeinen Plan vereitelt oder durchkreuzt hatte, vielleicht mit einem großen Stift.
Dann fand sie ein undeutliches Bild von Enkel, 39, unter dem Hinweis: »PROBLEME MIT FERNSEHEN AM HIMMEL.« Sie kniete nieder und starrte auf die kleineren Worte hinab.
»Lies laut vor!« bat ein Wicht.
»›Richard Arnold, der aus Blackbury stammende Aufsichtsratvorsitzende der Arnco Group, sagte heute in Florida, daß die Wissenschaftler noch immer versuchen, den viele Millionen Pfund teuren Kommu … nika … tionssatel… liten Arnsat l unter Kontrolle zu bringen.‹« Die Nomen sahen sich verwirrt an.
»Viele Millionen Pfund
teuer?«
murmelte einer. »Es müßte doch
schwer
heißen, oder?«
»›Nach dem erfolgreichen Start, der gestern in Florida stattfand« fuhr Grimma fort, »»sollte heute mit den ersten Testsendungen begonnen werden. Doch der Satellit sendet keine Bilder, sondern seltsame Sig… Signale. Wie eine Art C … Code, meinte Richard 39...‹« Die Zuhörer murmelten anerkennend.
»›Man könnte fast meinen, er hätte einen eigenen Willen entwickelt‹« las Grimma.
Im Anschluß daran war von ›Kinderkrankheiten‹ die Rede – was auch immer das bei Satelliten bedeutete –, doch Grimma achtete nicht darauf.
Sie erinnerte sich daran, auf welche Weise Masklin von den Sternen gesprochen hatte und warum sie oben am Himmel blieben. Und dann das
Ding. Er hat es mitgenommen
, dachte Grimma. Das
Ding
konnte mit Elektrizität sprechen, nicht wahr? Es hörte dem Elektrischen in Drähten zu, außerdem dem Zeug in der Luft, das Dorcas ›Radio‹ nannte. Das
Ding
war bestimmt in der Lage, ›seltsame Signale‹ zu senden.
Vielleicht ist die Strecke noch größer als jene, die wir während der Langen Fahrt zurücklegten,
hatte Masklin gesagt.
»Sie leben«, verkündete Grimma. »Masklin, Gurder und Angalo. Sie haben Florida erreicht und leben.« Weitere Erinnerungen: Manchmal hatte er versucht, ihr vom Himmel und dem Ding zu erzählen, vom Ursprung der Wichte.
Und ich habe ihn ebensowenig verstanden wie er mich, als ich ihm die Sache mit den Fröschen zu erklären versuchte.
»Sie leben«, betonte Grimma. »Ich bin ganz sicher. Über das Wie und Wo weiß ich nicht Bescheid, aber eins steht fest: Sie haben einen Plan und leben.«
Die Nomen wechselten bedeutungsvolle Blicke und vermittelten damit folgende stumme Botschaft: Sie macht sich etwas vor, aber
ich
bin nicht mutig genug, sie darauf hinzuweisen.
Oma Morkie klopfte ihr sanft auf die Schulter.
»Ja, natürlich«, sagte sie in einem tröstenden Tonfall.
»Und zum Glück war der Start erfolgreich. Ich meine, jeder braucht einen guten Start. Und
du
brauchst jetzt Ruhe, Mädchen. Schlaf dich aus.«
Grimma träumte.
Es war ein wirrer Traum. Das sind Träume fast immer – nur selten kommen sie gut geordnet und sortiert.
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