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Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Titel: Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Grimma träumte von lauten Geräuschen und blitzenden Lichtern. Und von Augen.
    Von kleinen gelben Augen. Von Masklin, der auf einem Zweig stand, an Blättern vorbeikletterte und in kleine gelbe Augen hinabsah.
    Ich sehe, was er gerade sieht,
dachte Grimma.
Er lebt. Natürlich habe ich nie daran gezweifelt. Seltsam: Im All gibt’s erstaunlich viele Blätter. Oder… Vielleicht ist das gar nicht die Wirklichkeit. Vielleicht träume ich nur…
    Jemand weckte sie.
    Es ist nie klug, über die Bedeutung von Träumen zu spekulieren, und deshalb verzichtete Grimma darauf. In jener Nacht schneite es wieder, und ein eiskalter Wind wehte. Einige Wichte suchten bei den Hütten und Schuppen, fanden ein wenig Gemüse, das nicht von Lastwagenreifen zermalmt beziehungsweise von Stiefeln zertreten worden war. Doch es genügte nicht, um alle hungrigen Nomenmägen zu füllen. Der gefesselte Mensch schlief nach einer Weile ein, und sein Schnarchen klang wie eine dünne Säge, die sich langsam durch einen dicken Baumstamm arbeitete.
    »Morgen früh kehren die anderen Menschen zurück«, warnte Grimma. »Dann dürfen wir nicht mehr hier sein. Vielleicht sollten wir…« Sie unterbrach sich. Alle horchten.
    Unter den Dielen bewegte sich etwas.
    »Ist noch jemand dort unten?« flüsterte Grimma. Die Nomen in ihrer Nähe schüttelten den Kopf. Niemand wollte unterm Boden hocken, solange es eine Möglichkeit gab, die Wärme im Büro zu genießen. »Und es können keine Ratten sein«, fügte sie hinzu. Dann rief jemand, mit der gedämpften Stimme eines Wichts, der zwar gehört werden will, gleichzeitig jedoch möglichst leise sein möchte.
    Sacco.
    Sie zogen das von den Menschen gelöste Bodenbrett beiseite und halfen ihm hoch. Schlamm klebte am jungen Nom, und er taumelte erschöpft.
    »Ich konnte niemanden finden!« keuchte er. »Ich habe überall nachgesehen und konnte niemanden finden, und wir beobachteten, wie die Lastwagen zum Steinbruch fuhren, und ich habe das Licht gesehen und dachte, die Menschen sind noch immer da, und dann bin ich unter die Dielen gekrochen und habe eure Stimmen gehört, und es ist wegen Dorcas!«
    »Er lebt?« fragte Grimma.
    »Wenn nicht…« Sacco schwankte. »Für einen Toten kann er bemerkenswert laut fluchen.«
    »Wir dachten, ihr seid alle t…«, begann Grimma.
    »Es geht uns allen gut, bis auf Dorcas. Er hat sich verletzt, als er aus dem Laster sprang! Kommt mit,
bitte!«
    »Du bist nicht in der Verfassung, uns irgendwohin zu führen«, stellte Grimma fest. Sie stand auf. »Wo ist Dorcas?«
    »Wir haben ihn getragen, und als wir die Hälfte des Weges hinter uns hatten, waren alle sehr müde, und ich bin allein, weitergegangen«, stieß Sacco hervor. »Sie sind unter der Hecke und …« Er sah den schnarchenden Menschen, riß die Augen auf und starrte Grimma an. »Ihr habt einen
Menschen
gefangen?« Er taumelte erneut. »Bin völlig fertig«, murmelte er und fiel.
    Grimma hielt Sacco fest und ließ ihn behutsam zu Boden sinken.
    »Bringt ihn an einen warmen Ort und holt etwas zu essen«, wandte sie sich an die Nomen im großen und ganzen. »Einige von euch begleiten mich; wir suchen nach den anderen.
    Kommt. Dies ist keine Nacht, die man draußen verbringen sollte.«
    Die Mienen der Wichte wiesen deutlich darauf hin, daß sie diesen Standpunkt teilten. Außerdem schienen sie der Ansicht zu sein, daß sie selbst zu den Leuten gehörten, die eine derartige Nacht nicht draußen verbringen sollten.
    »Es schneit ziemlich stark«, sagte ein Nom unsicher.
    »Soviel Schnee und dann die Dunkelheit – wir finden sie nie.«
    Grimma bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick.
    »Vielleicht doch«, erwiderte sie.
»Vielleicht
finden wir Dorcas und die anderen, trotz des Schnees und der Finsternis. Aber eins weiß ich: Wir finden sie
bestimmt nicht,
wenn wir im Büro bleiben, wo’s warm und hell ist.« Mehrere Wichte traten vor.
    Grimma erkannte sowohl Nootys Eltern als auch die der anderen Jungs. Dann kam es zu Unruhe unter dem Tisch, wo die Alten hockten, um gemeinsam zu jammern.
    »Ich komme mit«, ließ sich Oma Morkie vernehmen.
    »Ein bißchen frische Luft kann nicht schaden. Warum starrt ihr mich so an?«
    »Ich glaube, du solltest hierbleiben, Oma«, sagte Grimma taktvoll.
    »Spar dir den Nehmt-Rücksicht-auf-alte-Leute-Unsinn, Mädchen.« Oma Morkie richtete ihren Gehstock auf sie. »Ich bin schon lange vor deiner Geburt im tiefen Schnee unterwegs gewesen.« Sie drehte sich zu den anderen Nomen um. »Eine

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