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Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Titel: Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wiederholen – bis wir uns bessern, bis uns die Gnade von Arnold Bros (gegr. 1905) erlaubt, als klügere, geläuterte Wichte ins Kaufhaus zurückzukehren!«
    »Laß uns eins klarstellen«, sagte jemand. »Willst du andeuten, daß der Abt
gelogen
hat?«
    »So etwas liegt mir fern.« Nisodemus schniefte. »Ich nenne nur die Fakten. Ähm. Mehr nicht.«
    »Aber, aber, aber der Abt ist aufgebrochen, um Hilfe zu holen«, warf eine Nomin unsicher ein. »Und das Kaufhaus wurde
bestimmt
abgerissen. Ich meine, andernfalls hätten wir doch nicht so viele Mühen auf uns genommen, oder? Äh.«
    Verzweiflung leuchtete in den Augen der jungen Frau.
    »Ich weiß nur eins«, sagte der Wicht neben ihr.
    »Ganz gleich, was die anderen meinen: Ich halte nichts davon, in die Scheune umzuziehen. Dort gibt’s keine Elektrizität.«
    »Ja, und sie ist mitten in, äh, umgeben von …«, begann ein anderer Nom. Er unterbrach sich kurz und flüsterte: »Ihr wißt schon. Dinge. Davon spreche ich. Von Dingen.«
    »Genau«, bestätigte ein älterer Wicht.
»Dinge.
Hab sie gesehen. Vor ein oder zwei Monaten bin ich mit meinem Sohn Brombeeren pflücken gegangen, oben am Hang. Und da hab ich sie gesehen.«
    »Es macht mir nichts aus, sie aus der Ferne zu betrachten«, sagte die besorgte Nomin. »Aber mir schaudert bei der Vorstellung, davon
umgeben
zu sein.«
    Sie bringen es nicht einmal fertig, die Worte
weite Felder
zu formulieren,
dachte Dorcas.
Oh, ich weiß, wie sie sich fühlen.
    »Hier haben wir’s recht bequem, das muß ich zugeben«, sagte der erste Wicht. »Doch die Sachen dort draußen… Wie nennt man sie? Beginnt mit einem N …«
    »Natur?« fragte Dorcas und ächzte innerlich. Nisodemus grinste wie ein Irrer, und seine Pupillen schienen in Flammen zu stehen.
    »Ja, das meine ich.« Der Nom nickte. »Nun, es ist einfach nicht natürlich. Und es gibt zuviel davon. Eine richtige Welt sollte ganz anders beschaffen sein. Zum Beispiel der Boden.
    Man kann ihn wohl kaum als flach und weich bezeichnen, oder? Wände fehlen. Und die kleinen glitzernden Punkte, die des Nachts am Himmel erscheinen … Ihr Licht genügt nicht; es bleibt trotzdem dunkel. Und die Menschen kommen und gehen, wie’s ihnen paßt, und es gibt keine Vorschriften wie im Kaufhaus.«
    »Deshalb hat Arnold Bros das Kaufhaus 1905 gegründet«, erklärte Nisodemus. »Damit man seinen Geboten gehorcht.
    Ähm. Damit den Wichten keine Gefahr droht.« Dorcas griff behutsam nach Saccos Ohr und zog den jungen Nom zu sich heran.
    »Weißt du, wo sich Grimma aufhält?« raunte er.
    »Ist sie nicht hier?«
    »Da bin ich ziemlich sicher«, erwiderte Dorcas. »Sie hätte wohl kaum darauf verzichtet, einige eindrucksvolle Diskussionsbeiträge zu leisten. Vielleicht blieb sie bei den Kindern in der Schule, als ich die Klingel läuten ließ. Schade.«
    Nisodemus plant irgend etwas,
überlegte er.
Ich weiß nicht, was er plant, aber vermutlich stehen uns einige unangenehme Überraschungen bevor.
    Der Tag wurde nicht besser, sondern schlimmer. Es begann zu regnen, aber es war eine sonderbare Art von Regen, kalt und abscheulich. Oma Morkie nannte ihn ›Graupel‹. Irgendwie matschig, weder Wasser noch Eis. Regen mit Knochen drin.
    Und er drang bis zu Stellen vor, die für normalen Regen unerreichbar blieben. Dorcas wies einige jüngere Wichte an, Entwässerungsgräben auszuheben, und verband mehrere große Glühbirnen mit den elektrischen Drähten – sie spendeten nicht nur Licht, sondern auch Wärme. Die älteren Nomen hockten in ihrer Nähe, niesten und grummelten.
    Oma Morkie versuchte immer wieder, sie aufzumuntern, und schon nach kurzer Zeit wünschte sich Dorcas nichts sehnlicher als ihr Schweigen.
    »Das ist gar nichts«, sagte die alte Nomin. »Ich erinnere mich an die Große Flut. Dadurch stürzte unsere Höhle ein. Tagelang froren wir in nasser Kälte!« Oma kicherte – es klang wie ein Gackern –, neigte den Oberkörper vor und zurück.
    »Wie ertrunkene Ratten waren wir, jawohl! Trugen keinen trockenen Faden am Leib. Eine Woche ohne Feuer. Tja, damals hatten wir nichts zu lachen!«
    Die Kaufhaus-Wichte starrten sie an und zitterten. »Und habt keine Angst davor, auf den weiten Feldern unterwegs zu sein«, fuhr Oma Morkie im Plauderton fort. »In neun von zehn Fällen wird man dabei nicht gefressen.«
    »Meine Güte«, stöhnte eine Nomin.
    »Ich kenne mich aus. Habe mindestens hundertmal weite Felder überquert. Ein Kinderspiel, wenn man dabei in der Nähe von Hecken bleibt

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