Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel
still!« sagte Oma Morkie automatisch.
»Ich bin der Anführer, bin ich«, jammerte Torrit. »Du hast kein Recht, so mit einem Anführer zu reden.«
»Natürlich bist du der Anführer«, bestätigte Oma Morkie.
»Hat jemand behauptet, daß du nicht der Anführer bist? Nein, niemand. Du bist der Anführer, ganz klar.«
»Ja, genau«, schniefte Torrit.
»Und jetzt sei still!« sagte Oma Morkie.
Masklin klopfte Angalo auf die Schulter. »Wo
sind
wir hier?« erkundigte er sich.
Der Wicht blieb an einer Wand stehen, deren oberen Bereiche sich in Dunkelheit verloren.
Verdutzt hob er die Brauen. »Das wißt ihr nicht?«
»Wir haben nur gedacht – beziehungsweise
gehofft –,
daß uns der Laster in eine bessere Gegend bringt«, antwortete Grimma.
»Nun, dann gehen eure Hoffnungen in Erfüllung«, verkündete Angalo stolz. »Dies ist die beste aller Gegenden. Wir sind hier im
Kaufhaus!«
Kapitel 2
XIII. Und im Kaufhaus gab es weder Nacht noch Tag, nur Geöffnet und Geschlossen. Nie regnete es, und es fiel auch kein Schnee.
XIV. Und die Nomen lebten in Saus und Braus. Im Lauf der Jahre wurden sie immer mehr und verbrachten ihre Zeit mit Rivalität und Kleinkriegen, Abteilung gegen Abteilung. Schließlich vergaßen sie das Draußen.
XV. Und sie sprachen: Hat Arnold Bros (gegr. 1905) nicht
alles
unter einem Dach untergebracht?
XVI. Und lustig machte man sich über jene, die da sagten: Vielleicht nicht
alles.
XVII. Und andere Nomen sprachen: Selbst wenn ein Draußen existiert kann es dort Dinge geben, die wir brauchen? Hier haben wir die Macht der Elektrizität, den Speisesaal und alle Arten von Unterhaltung.
XVIII. Und so stapelten sich die Saisons, auch Jahreszeiten genannt, höher als die Kissen in der Abteilung für Vorhänge, Teppiche und dergleichen (3. Stock).
XIX. Bis ein Fremder aus der Ferne kam, die Stimme erhob und rief: O weh, o weh!
Aus dem
Buch der Nomen,
Erster Stock,
Verse XIII-XIX
Sie stolperten über die eigenen Füße, stießen gegeneinander, sahen sich dauernd um und staunten mit offenem Mund. Angalo verharrte neben einem Loch in der Wand und winkte.
»Hier durch«, sagte er. Oma Morkie rümpfte die Nase.
»Das ist ein Rattenloch«, erwiderte sie. »Willst du etwa, daß ich in ein Rattenloch krieche?« Sie wandte sich an Torrit. »Er will, daß ich in ein Rattenloch krieche! Ich habe nicht die Absicht, in ein Rattenloch zu kriechen!«
»Warum denn nicht?« fragte Angalo.
»Es ist ein Rattenloch!«
»Es sieht nur danach aus«, meinte Angalo. »Ein getarnter Zugang.«
»Deine Ratte ist da hineingekrochen«, sagte Oma Morkie in triumphierendem Tonfall. »Ich hab’s genau gesehen. Woraus folgt: Es handelt sich um ein Rattenloch.«
Angalo warf Grimma einen flehentlichen Blick zu und duckte sich durch die Öffnung in der Mauer. Sie folgte ihm einige Schritte weit.
»Ich glaube, es ist kein Rattenloch, Oma.« Grimmas Stimme klang gedämpft.
»Und weshalb, wenn ich fragen darf?«
»Weil es hier eine Treppe gibt. Und hübsche kleine Lichter.«
Es war ein langer Aufstieg. Mehrmals blieben sie stehen, damit die Alten zu ihnen aufschließen konnten, und schon nach kurzer Zeit mußte Torrit gestützt werden. Oben führte die Treppe durch eine würdevollere Tür, und dahinter…
Selbst als Kind hatte Masklin nie mehr als vierzig Nomen auf einmal gesehen.
Hier hielten sich mehr auf. Und es gab Nahrung. Zwar wirkten die Objekte alles andere als vertraut, aber es mußte Nahrung sein: Man aß sie.
Der Raum war etwa doppelt so hoch, wie Masklin groß war, und er reichte bis in weite Ferne. Lebensmittel bildeten breite Stapel, und in den Gängen dazwischen wimmelte es von Nomen. Man achtete kaum auf die kleine Gruppe, als sie hinter Angalo dahinschlurfte, der nun wieder stolzierte.
Mehrere Wichte führten gestriegelte Ratten an Leinen. Einige Frauen ließen sich von Mäusen begleiten, die ihnen gehorsam folgten. Aus dem Ohrwinkel hörte Masklin ein mißbilligendes ›Ts, ts‹ von Oma Morkie.
»Das Zeug dort drüben kenne ich«, sagte der alte Torrit aufgeregt. »Es ist Käse! Einmal lag ein Käsebrötchen im Abfallkorb, im Sommer vierundachtzig, erinnert ihr euch …?«
Oma Morkie stieß ihm fest den Ellbogen in die Rippen.
»Sei still!« befahl sie. »Oder willst du uns vor diesen Leuten in Verlegenheit bringen? Sei ein Anführer. Zeig Stolz.«
Es fiel ihnen schwer. Sie setzten den Weg fort und schwiegen fassungslos. Obst und Gemüse lagen auf langen Tischen, und Nomen waren dort
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