Die Schlacht der Trolle
zurücklehnte, füllte Tamár ihre beiden Becher aus einem Lederschlauch.
»Ich bedauere, dass wir nur diesen Fusel haben, um auf Eure Verwandte zu trinken«, meinte er entschuldigend, doch Flores winkte ab. »Ihr habt den Schnaps noch nicht gekostet, der in Lareas Schänke in Teremi verkauft wird, sonst würdet Ihr diesen hier nicht Fusel nennen.«
»Erzählt mir von Nemes Viçinia«, bat der Marczeg. »Ich habe sie nur kurz gekannt.«
»Ich habe sie kennengelernt, als Sten und ich nach Désa kamen. Wir waren Flüchtlinge damals. Viçinia war ein wenig jünger als wir, vielleicht zwölf oder dreizehn, ich weiß nicht mehr so genau. Sie war schon damals ziemlich besonnen. Dazu erzogen, eines Tages an der Seite ihrer Schwester zu stehen. Und eine richtige kleine Schönheit war sie auch. Ich glaube, mein Bruder hat sich sofort in sie verliebt.«
Die Wlachakin lachte auf, als erinnere sie sich an etwas Lustiges. »Aber es hat nicht lange gedauert, da hatten wir sie verdorben.«
»Verdorben?«
»Nachdem wir uns eingelebt hatten, wurden wir ziemlich schnell berüchtigt am Hof von Désa. Wir hatten andauernd Ärger, auch wenn Natiole versuchte, uns zu decken. Er war zwar älter als wir, aber der einzige Fremde, zu dem wir Vertrauen fassten.«
Tamár blickte Flores an, während sie erzählte. Aber ihre dunklen Augen sahen ihn nicht, sondern schienen direkt in die Vergangenheit zu blicken.
»Zusammen mit Viçinia haben wir eine ganze Menge Unsinn ausgeheckt. Sie wirkte immer so ernst, aber schon damals hatte sie es faustdick hinter den Ohren. Bis Sten dann mit Natiole und den anderen loszog, um Krieg gegen Zorpad zu führen. Viçinia hatte immer weniger Zeit, weil sie mehr und mehr Pflichten übernahm und schließlich sogar als Gesandte an fremde Höfe reiste. Irgendwann bin ich einfach gegangen. Ich habe es in Désa nicht mehr ausgehalten, wo es nur noch ein Thema gab: der Kampf gegen die Masriden.«
»Aber Ihr habt doch mitgekämpft? Gegen Zorpad?«
Einen Moment lang schwieg Flores, dann kehrte ihr Blick in die Wirklichkeit zurück und fixierte Tamár.
»Ich habe mich als Söldnerin verdingt. Ich wollte nichts mit all dem zu tun haben. Und dann bin ich doch wieder in die Sache verwickelt worden. Sten wurde für tot gehalten, war aber tatsächlich mit den Trollen unterwegs. Nati kam zu mir und suchte Unterschlupf. Ich habe mich zunächst gewehrt, aber was für ein Mensch ist man, wenn man Freunden und Familie nicht hilft?«
Die junge Frau zuckte mit den Achseln. »Vielleicht hat mein Bruder recht, und man kann sich dem Krieg in unserem Land nicht auf Dauer entziehen.«
»Vielleicht nicht«, murmelte Tamár.
»Jetzt sind sie alle tot, und mein Bruder ist verschwunden«, sagte Flores leise. Sie schien mehr zu sich selbst als zu Tamár zu sprechen. »Und ich, ich lebe und bin Bojarin von Dabrân. Das Leben nimmt seltsame Wege.«
Nach diesen Worten schwiegen beide. Tamár nahm einen Schluck aus seinem Becher, Flores blickte zu Boden. Die Zeit dehnte sich, bis das Schweigen unangenehm wurde. Schließlich erhob sich die Wlachakin.
»Ich fürchte, heute ist nicht der richtige Abend, um Abschied zu nehmen. Wir sind zu erschöpft. Und meine alten Geschichten …«
Ohne den Satz zu vollenden, wandte sich Flores in Richtung des Ausgangs. Hastig sprang Tamár auf die Füße. Um sich herum spürte er die Leere und Dunkelheit des Zeltes, die auf ihn warteten. Dennoch nickte er mit einem Lächeln: »Natürlich, Nemes Flores.«
Sie wollte sich abwenden und gehen, doch ihr Fuß verfing sich in einem der Kissen und ließ sie stolpern. Mit einem Schritt war Tamár bei ihr und fing sie auf. Seine Finger legten sich um ihren Arm. Unter dem Stoff konnte er ihre Haut spüren. Sein Blick fiel auf ihre Augen, dunkles Braun, das im Licht der Feuerschale schimmerte. Bevor er wusste, wie ihm geschah, drückte er seinen Leib gegen ihren, und er küsste sie. Ihre Lippen waren weich, sie schmeckten nach dem scharfen Gebräu und nach ihr. Seine Hand grub sich in ihr Haar, wanderte über ihren Rücken und zog sie zu sich. Er erwartete, dass sie ihn von sich stoßen würde, doch ihre Lippen öffneten sich für ihn, ihr Mund presste sich fest auf seinen, ihre Zunge fuhr über seine Zähne. Er spürte ihre Finger, die unter sein Hemd glitten und über seine Brust kratzten. Sie zogen feurige Linien auf seiner Haut, die seine Begierde anfachten. Er packte sie, schob sie vor sich her, ohne den Kuss zu lösen. Gemeinsam stürzten sie auf sein
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