Die Schlacht der Trolle
ihren Augen. Mit gefletschten Zähnen hob der Troll die Pranken, doch als sie zurückwichen, erkannte er, dass sie ihn nicht angreifen wollten. Er senkte die Fäuste, um ihnen zu zeigen, dass sie keine Furcht zu haben brauchten.
Eine junge Menschenfrau näherte sich und blieb schließlich vor Kerr stehen. Die Tierhäute, die ihren Körper bedeckten, waren blutverschmiert. Ihr dunkles Haar hing nass zu beiden Seiten ihres Helmes herab. Ihr Gesicht erschien Kerr bekannt, aber viele Menschen sahen nun einmal gleich aus.
Noch während der Troll die Menschenfrau betrachtete, trat plötzlich Sten einen Schritt vor. Er blickte an Kerr vorbei und rief: »Flores!« Ohne auf den Troll zu achten, stürzte die Frau zu dem Krieger und seiner Gefährtin und rief dabei ihre Namen.
»Ihr lebt! Bei den Geistern, ihr seid hier!«, stieß sie immer wieder hervor. Die Freude der Frau endete jedoch abrupt, als sie Viçinias Blut sah.
»Ist es schlimm?«
Matt schüttelte Viçinia den Kopf und brachte ein Lächeln zustande. »Ich wurde zu Boden gerissen und habe einige Tritte abbekommen. Es geht schon. Bei allen Geistern, es ist gut, dich zu sehen.«
Kerr wandte seinen Blick von der kleinen Gruppe, die sich hier in der Schlacht gefunden hatte, und schaute sich suchend nach seinem Stamm um. In seiner unmittelbaren Nähe waren keine Feinde mehr in Sicht. Viele von ihnen flohen den Hang hinab in die Dunkelheit, verfolgt von Menschen und Trollen. Irgendwo hangabwärts ertönten Turks Brüllen und die Geräusche eines Kampfes, doch hier auf dem Hang war es ruhig geworden.
Sanft legte sich Sten den Arm seiner Gefährtin über die Schulter und half ihr aufzustehen. Sein Gesicht zeigte Erleichterung, als Viçinia auf die Füße kam. Dann blickte er die andere Frau verwirrt an: »Wo ist Ionna? Was ist überhaupt geschehen? Wieso kämpft ihr hier so kurz vor dem Mardew? Dreimal verflucht, Flores, was geht hier eigentlich vor?«
»Ionna ist gefallen«, erwiderte die Menschenfrau ernst. »Schon in der ersten Schlacht. Wir waren auf der Flucht vor Szilas’ Truppen, aber der Bastard hat uns hier in die Enge getrieben.«
»Ionna ist tot?«, fragte Viçinia leise. Sten drückte sie fester an sich, aber seine Miene war undeutbar.
»Ja. Wir sind mit den Masriden gezogen. Tamár führt sie an, aber er ist … verwundet. Ich habe gesehen, wie seine Leute ihn fortgetragen haben.«
»Wer führt unsere Krieger an? Neagas?«, erkundigte sich Sten.
»Nein … ich führe sie. Ich bin von den Bojaren zur Voivodin ernannt worden.«
Überrascht bemerkte Kerr bei diesen Worten, die er nicht wirklich verstand, dass Sten erst grinste und dann laut lachte. Auch Viçinias Gesicht drückte Erstaunen aus, so als habe sie einen Troll mit zwei Köpfen gesehen.
»Du, Schwesterchen, bist die Kriegsherrin?«
»Du hast einen ganz hübschen Bart, Sten«, erwiderte Flores säuerlich, ohne auf die Frage zu antworten. »Möchtest du den Schädel dazu behalten?«
»Was habt ihr Frauen nur alle mit meinem Bart?«, wunderte sich Sten.
»Ich finde das auch seltsam«, ließ Kerr verlauten. »Haare im Gesicht. Sieht komisch aus.«
Als er das sagte, wandte sich die Menschenfrau, die Sten Flores genannt hatte, ihm zu: »Und wer bist du? Ihr gehört zu Pard, nicht wahr? Ich habe ihn vorhin mitten im Getümmel gesehen, breit und stark wie immer.«
Traurigkeit stieg Kerr in die Kehle. »Pard ist tot«, sagte er schlicht. »Er hat große Dinge getan, um uns Trolle zu retten. Turk führt den Stamm jetzt in der Schlacht.«
»Und Kerr hier wird sicher auch ein großer Anführer der Trolle werden«, fügte Sten hinzu.
»Pard ist tot?« Flores riss erstaunt die Augen auf.
»Ich werde dir gern später die ganze Geschichte erzählen, aber das würde nun zu weit führen«, meinte ihr Bruder. »Was ist mit Marczeg Laszlár?«
»Er war nicht bei seinen Soldaten«, erklärte Flores betrübt. »Er hat in seinem Lager gewartet. Wenn kein Wunder geschieht, dann wird er entkommen.«
»Hauptsache, er ist geschlagen. Alles Weitere sehen wir später.«
»Ich werde zum Lager vorgehen«, sagte Flores plötzlich, als erinnere sie sich mit einem Schlag an etwas. »Ich will … sehen, was mit Tamár ist.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, lief die Menschenfrau davon.
Einige der Feuer waren bei der wilden Flucht erloschen, einfach niedergetrampelt worden durch zahllose Füße, sodass nur wenig Licht das Schlachtfeld erhellte. Überall lagen Verwundete und Tote. Einige Pferde liefen
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