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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Sie stellt den alten Hilger dar.«
    »Na und?«
    »Ich habe das Gefühl, dass der Weiße diese Schnitzerei gemacht hat. Er muss den Hilger gekannt haben, sonst hätte er ihn nicht so lebensnah fertigen können.«
    »Ich werde ihn suchen. Und falls er wirklich aus Fleisch und Blut ist, werde ich ihn fangen und den Leuten vorführen. Erst dann können wir über unseren Plan nachdenken, die Meinradschen und die Hilgerschen zu vereinen. Ich könnte mich an diesen Gedanken gewöhnen.«
    Inga musste ihrem Bruder zustimmen, denn eine Verbindung zwischen Gisela und Bero brächte bei allen Widrigkeiten auch Vorteile, selbst für sie: Denn dann würde sie sorglos in ihre Heimat zurückkehren können.
    »Weib!«, dröhnte plötzlich eine wohlbekannte Stimme. »Weib, wo steckst du? Mutter ist wach geworden. Komm sofort her, du faules Stück.«
    »Du hörst, Bero, ich muss gehen. Sei vorsichtig und nimm dich vor dem Weißen in Acht. Er ist alt und wirkt zerbrechlich, verfügt aber über Bärenkräfte. Sogar einen Hünen wie Ansgar hat er überwältigen können.«
    »Das ist auch mir schon einmal gelungen.«
    Inga umarmte Bero zum Abschied und machte sich auf den Weg zurück in die Taverne, wo die spuckende und keifende Alte bereits auf sie wartete.

XXX
    A lles beginnt uns zu entgleiten.«
    »Was ist geschehen?«
    »Die Mönche sind nur dem Anschein nach fort. Sie wissen sehr wohl, was vorgeht. Sie wissen, dass der Hof keinen Herrn mehr hat. Wollen helfen.«
    »Helfen wollen sie, so nennen sie das also. Gab es ein deutliches Angebot?«
    »Durchaus.«
    »Das ist nicht gut. Aber wer soll das entscheiden, jetzt, wo der aus dem Tal auch tot ist? Er war der Einzige, den sie als Vormund hätten annehmen können.«
    »Das ist denen vom Kloster gleich, die verhandeln auch mit Geisteskranken. Es macht die Sache für sie nur leichter.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen.«
    »Ich sehe dich sprachlos.«
    »Was willst du damit sagen? Willst du hören, dass ich zugebe, einen Fehler gemacht zu haben?«
    »Wir hätten ihn noch eine Weile schonen sollen. Außerdem weiß man mittlerweile von dir.«
    »Was du nicht sagst. Hat das Vögelchen also doch gezwitschert.«
    »Auch andere haben dich gesehen.«
    »Sollen sie sich doch Geschichten zusammenreimen. Erkennen wird mich ohnehin niemand. Und was die Absichten der Klostermänner
betrifft: Da hilft nur eines, was ihnen das Spiel verderben wird.«
    »Du meinst, dass ich mich neu vermählen soll.«
    »Ganz genau.«
    »Du weißt, dass mir diese Lösung nicht behagt. Zu viel steht auch hier im Wege.«
    »Es wird deine Aufgabe sein, all diese Hindernisse zu beseitigen, denn das Ende der Geschichte werde ich nicht mehr erleben.«
    »Sag das nicht stets. Wir werden schon noch ein gutes Plätzchen für dich finden.«
     
    Trotz des bitterkalten Winters hatte der Mönch Melchior ganze sechs Mal den Weg von der Weser bis hin zu der Kapelle auf dem heiligen Berg und in die Siedlungen der Umgebung gefunden. Nur zwei dieser Reisen hatte er allein unternommen, bei den übrigen vier Unternehmungen war er von Bruder Pius begleitet worden, einem Neuankömmling aus Aachen. Er war kein angenehmer Mensch, und Melchior hatte den Eindruck, dass es sich bei dem Mönch um einen guten Freund des heimtückischen Taddäus handelte. Bruder Pius war sehr darauf bedacht, die Erbschaftsangelegenheiten zu regeln, welche sich in der Talsiedlung nach dem plötzlichen Tode des Sippenoberhauptes Liudolf aufgetan hatten.
    Liudolf hatte keine erwachsenen Söhne hinterlassen, dafür große Flächen fruchtbaren Landes, die es nun zu verwalten galt. Seine Kinder, allesamt Vollwaisen – da ja auch die Mutter im letzten Sommer an der Tollwut verstorben war -, mussten versorgt werden, und es war die Pflicht der Gottesmänner, sich dieser armen Hinterbliebenen anzunehmen.
    Nicht nur das Erbe des Liudolf, der ohnehin zu einem guten Teil bereits unter der Lehnshoheit des Klosters gestanden hatte, galt es zu verwalten. Auch auf dem Hilgerhof – das war
dem pfiffigen Pius nicht entgangen, als er die Menschen aus dem Tal ausgehorcht hatte – herrschte durch den Tod des Liudolf das vollkommene Chaos. Folgende Worte waren ihm zu Ohren gekommen:
    »Da gibt es keinen Mann im Hause, denn der Ansgar ist wirr im Kopf.«
    »Liudolf hat sich um die Belange gekümmert, ihnen zwei neue Knechte verschafft. Aber was hilft die zusätzliche Arbeitskraft, wenn niemand da ist, der den Hof führt?«
    »Zwei Frauen sind es, die dort das Sagen haben. Das kann

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