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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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konnte nach dem Laufen nicht schlafen. Aber sie war allein in der Wohnung. Der Onkel übernachtete manchmal da. Die Studenten waren alle irgendwo. Bei den Eltern. In Praktika. Ferien. Die Wohnung roch schon nicht mehr nach ihnen. Der Turnschuhgeruch weg. Im Auto. Hatte sie nicht Laufschuhe im Auto. Der Onkel meinte, sie solle das Auto noch mindestens ein Jahr fahren. So lange würde es halten. Ohne große Reparaturen. Abwarten, hatte er gesagt. Sie solle abwarten, was die Autoindustrie sich ausdenken würde. Wegen der Benzinkosten. Sie solle froh sein, ein kleines Auto zu fahren. Er. Mit diesem Range Rover. Den niemand haben wolle. Er könne sich das nicht mehr leisten. Was das Benzin koste. Aber jetzt einmal. Jetzt könne er so etwas nicht regeln. Und die Tante Trude. Die wolle sicherlich mit dem Range Rover nach Hause gebracht werden. Sie konnte sich das nicht vorstellen. Dass die Tante Trude wieder aufstehen konnte. Aber sie war eine Hysterikerin. Sie stellte sich gerne das Schlimmste vor. Sie musste sich das Schlimmste vorstellen und dann Weinkrämpfe haben. Fieber und Weinkrämpfe. Sie nahm die Dinge zu ernst. Zu einseitig. Sie musste das lernen. Obwohl das auch eine Fähigkeit war. Für die Planung der Sicherheit von einem Forschungslabor. Da war das ein Plus, sich das Schlimmste vorstellen zu können. Für Einsparungen in Gefängnisräumlichkeiten. Da war das nicht so brauchbar. Da war ihre Einfindung in die Situation kontraproduktiv gewesen. Sie hatte sich Einzelhaft nicht vorstellen wollen und die facilities dafür nicht vorgesehen. Verdrängt. Die Seminararbeit ein C minus. Bad. Aber auch gleichgültig. Jetzt musste die Tante Trude gesund werden. Besser. Irgendwie. Dann würde man schon weitersehen. Am Ende. Ein surfshop irgendwo. Das würde ihr Schicksal sein. Am Rand stehen und zuschauen. Nur am Rand. Dazugehören. Das mit dem Dazugehören. Das passierte irgendwie anders. Früher. Das lernten die Dominik Ebners. Sollte sie so jemanden heiraten. Das gab es ja auch noch. Aber jetzt einmal nicht. Jetzt ging es von Tag zu Tag. Die Nächte. Jetzt einmal. Sie konnte gar nichts planen. Hatte es nicht in der Hand. Sie konnte nur die Hand halten. Und wie hielt man Augenblicke fest.
    Sie fühlte die Hand der Kranken. Konnte sie sich dieses Gefühl merken. Würde sie sich erinnern können, wie pergamenten sich die Haut der Kranken auf ihrer Haut angefühlt hatte. Wie trocken beweglich über den Knochen. Sie seufzte. Wahrscheinlich nicht. Erinnern. Ihr Problem fiel ihr ein. Kam zurück. Überfiel sie. Sie beugte sich vor. Holte tief Luft. Das war jetzt nicht wichtig. Es war bitter. Ihr Problem hatte sie in die Uhlandgasse zurückgejagt. Es war ihr Problem gewesen, das sie zu der Familie gemacht hatte, die sie jetzt waren. Sie kämpfte gegen ein Schluchzen. Die Erzählungen der Tante. Von den 7 Fehlgeburten. Von den 7 Prüfungen. Und wie schwer das alles gewesen. Und dass sie ins Haus genommen worden war. Das war schon aus diesen Katastrophen gekommen. Dass sie jetzt hier saß. Und dass das richtig war. Das kam aus diesen Katastrophen. Wie sollte man das ertragen. Der Onkel Schottola hatte es leicht. Der beugte seinen Kopf in seine Religion und seine Verfolgtheit. Den Ausschluss der Evangelischen. Wenn das immer gesagt werden musste. Die sind Evangelische, wissen Sie. Der Onkel Schottola war gewappnet. Die Tante Trude hatte das auch erst lernen müssen. Die Tante Trude war übergetreten. Zur evangelischen Kirche H.B. Aber sie hatte sich zu ihr gebeugt und ihr zugeflüstert, dass sie immer noch nicht alles gelernt hätte. Die Tante Trude hatte gekichert dabei und den Onkel angelächelt. Der war gegangen und hatte den Rasen gemäht. Zum zweiten Mal in der Woche. Und die Tante Trude hatte ihr gestanden, dass sie ja nur bestraft würde. Sie hätte die Angst vor der Umspannanlage gleich um die Ecke von der Uhlandgasse. Sie hätte diese Angst nur vorgeschützt. Sie hätte nie Angst vor dieser Umspannanlage gehabt. Aber sie hätte weggewollt. Weg aus Stockerau. Weg aus der Uhlandgasse. Sie hätte nach Wien gewollt. Der Onkel Schottola hätte auch jeden Tag in die Werkstatt in Stockerau fahren können, und Spezialisten wie er. Er hätte auch in Wien eine Stelle finden können. Beinprothesen wurden überall gebraucht, und er war gesucht. Ihre Krankheit wäre die Bestrafung für ihre Lüge. Wegen der Umspannanlage. Jetzt habe die Umspannanlage sie wirklich krankgemacht. Die Sache mit der Sandra. Das könne sie einfach

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