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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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vergessen. Ihre Mali sei wieder da, und alles habe seinen Sinn. Dann war die Tante eingeschlafen und nur der Rasenmäher draußen zu hören.
    Einzeln waren diese Geschichten nicht schwierig. Das Gewebe war so schwer begreifbar. Wie das ineinandergriff. Sich verstrickte. Und dann abglitt. Sich abstieß. Aber ein Gewebe blieb. Sie stieß die Luft aus. Das war sehr anstrengend. Sie verstand Einzelgänger. Sie verstand die STEERO -Weisung, Gruppen nach 3 Monaten aufzulösen. Attachment. Das war anstrengend. Das wurde immer anstrengender. Das war Schwerarbeit. Das kostete alle Kraft.
    Einen Augenblick. Sie konnte die Blutplättchen in den Adern der Tante Trude sehen. Wie die weißen Plättchen der STEERO -Weisung folgten. Wie sie mehr und immer mehr wurden, um die Tante Trude wegzuholen. Die Gruppe aufzulösen. Das attachment zu kappen. Die weißen Plättchen hatten » STEERO « aufgedruckt und rollten eifrig über alles hin. Eifriger und eifriger. Bis nur mehr die STEERO -Blutplättchen durch die Adern rollten und die Tante keine Luft mehr bekommen konnte. Die STEERO -Blutplättchen würden mit der Tante sterben und wussten das nicht. Wie die operatives von der STEERO -Organisation. Die wurden von aller Kameradschaft getrennt und starben allein. Unbeweint. Kosteten keine Kraft. Hinterließen keine Traumen. Die Versicherungssumme wurde bezahlt. Sonst musste es niemand bemerken.
    »Husch. Weg.« sagte sie laut.
    »Wer soll weg.« Die Nachtschwester war ins Zimmer gekommen. Mit ihrer Frage drehte sie das Licht auf. Hinter ihr kam der Onkel Schottola herein. Alle schauten auf die Tante Trude. Die lag still da. Die Krankenschwester begann, den Blutdruck zu messen. Sie stand auf. Schaute auf ihr handy. Es war lang nach Mitternacht. Ob sie bleiben solle, fragte sie. Der Onkel schüttelte den Kopf. Er stellte eine Thermosflasche auf den Nachttisch. Er nahm ein Buch aus einem Plastiksack. Legte es neben die Thermosflasche. Er ging zum Fenster. Die Krankenschwester war fertig. Sie trug die Daten in die Krankengeschichte ein. Klappte den Metalldeckel über das Papier. Ob sonst etwas gebraucht würde. Sie schaute sie beide an. Nickte und ging.
    Solle sie das Licht ausschalten. Die Krankenschwester schaute durch die Tür. Nein. Nein. Der Onkel stand da. Überlegte. Dann setzte er sich in die Ecke. Schaltete die Leselampe ein. Holte sein Buch und die Thermosflasche. Er würde einmal lesen, sagte er. Dann umarmte er sie. Er sei sicher, allein bleiben zu wollen. Ja. Er riefe sie an. Aber. Der Onkel ging ans Bett. Sie sähe doch fast gesund aus. Viel besser. Jedenfalls. Es würde besser. Er nickte auf die Schlafende hinunter. Sie ging ans Bett. Beugte sich über die Tante. Küsste sie auf die Stirn. »No steero. You understand.« Sie flüsterte das neben das Ohr. Küsste die Wange. Richtete sich auf. Der Onkel sah sie fragend an. »Abergläubisches Zeug.« sagte sie. Er nickte. Sie ging zur Tür. Hob ihre Schuhe auf. Sah sich um. Sie drückte den Schalter. Das Licht ging aus. Klickend raschelnd. Sie schlüpfte hinaus. Sie drehte sich nicht um. Sie dachte, wenn sie sich jetzt umdrehte, dann wäre das ein Zeichen, dass sie nicht erwartete, die Tante wiederzusehen. Lebend.

September.
    Der Blick auf die Alpen. Sie kauerte nieder. Verdrehte den Kopf. Schaute zur Balkontür. Baumkronen. Hinter dem Balkon Baumkronen. Gino hatte sein Bett so in die Ecke geschoben. Er schaute in die Kronen der Buchenallee hinter dem Krankenhaus. Die Berge. Von Ginos Kopfpolster aus verschwanden die Berge hinter den Bäumen. Gino würde nicht so bald bergsteigen können. Da wollte er die Berge lieber nicht sehen.
    Sie ging auf den Balkon. Ginos Mutter lehnte am Geländer. Schaute in das Zimmer. Schaute auf das leere Bett. Ob sie einen Kaffee trinken wolle. Etwas essen. Sie habe sicher nicht richtig gefrühstückt. Die Frau schüttelte den Kopf. Sie richtete sich aber auf. Ins Bistro gehen. In die Halle. Ja. Herumgehen. Bewegen. Sie konnte einen Orangensaft trinken. Man müsse nicht hierbleiben. Im Zimmer warten. Das konnte einen verrückt machen. Nein. Die hätten die Handynummer. Die konnten sie überall erreichen. Sie musste nicht hierblieben. Sie mussten nicht hierbleiben. Und Amy solle die Balkontür schließen. Man wisse ja doch nicht, wer da herumginge. Ginos Sachen wären eingesperrt. Im Schrank. Sie habe den Schlüssel. Aber trotzdem. Man wolle doch niemanden verleiten. Ins Zimmer zu kommen und. Ginos Mutter sprach den Satz nicht zu Ende und ging aus dem

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