Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
Scheiben des Busses, der die Passagiere zur Abfertigungshalle brachte.
    Nachdem sie ihren Koffer vom Förderband gehoben hatte, eilte Diana in die Wartehalle, wo sie hoffte, auf Mr Green zu treffen. Er hatte auf ihre Mail pünktliches Kommen zugesagt, doch der moderne Berufsverkehr konnte selbst dem gewissenhaftesten Butler heutzutage einen Strich durch die Rechnung machen.
    Im Menschengewirr konnte sie ihn zunächst nicht sehen, doch schließlich entdeckte sie ihn bei den Türen. Im gleichen Augenblick trafen sich ihre Blicke, und seine Hand schnellte winkend in die Höhe.
    Diana beschleunigte ihren Schritt, entschuldigte sich, als sie einen Mann mit Trolley versehentlich anrempelte, und schlängelte sich durch eine Gruppe Japaner, die freudig ihre Kameras auf eine Anzeigetafel hielten.
    Je näher sie kam, desto mehr fiel ihr auf, dass sich Mr Green seit ihrem letzten Zusammentreffen vor fünf Jahren nicht wesentlich verändert hatte. Mittlerweile war er Ende fünfzig, doch sein perfekt frisiertes Haar war nur leicht von Silberfäden durchzogen, und sein hochgewachsener Körper wies nicht ein Gramm Fett zu viel auf. Der Lodenmantel, den er über seinem Anzug trug, war so tadellos geschnitten, dass man ihn leicht für einen reichen Geschäftsmann hätte halten können.
    So ist Tante Emmely, dachte Diana wehmütig. Perfektion in allen Dingen. In Mr Green, der ihr nun schon seit fast dreißig Jahren diente, hatte sie den perfekten Butler gefunden.
    »Herzlich willkommen in London, ich freue mich, Sie wiederzusehen, Mrs Wagenbach.«
    Sein Händedruck war ebenso warm und herzlich wie sein Lächeln. Unwillkürlich fragte sich Diana, ob er wohl wieder eine Freundin hatte, nachdem seine letzte vor einigen Jahren mit einem Seemann durchgebrannt war.
    »Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Mr Green«, antwortete Diana ehrlich, denn der Butler strahlte etwas Beruhigendes aus. Sie lebt noch, wisperte eine Stimme in ihrem Hinterkopf. Wir sind noch nicht zu spät. »Sind Sie gut durch den Verkehr gekommen?«
    »Alles bestens, Madam«, entgegnete er höflich, während er seinen überdimensionalen Schirm unter den Arm klemmte. »Ich hatte das Glück, etwas weiter vorn einen Parkplatz zu bekommen, so dass durchaus die Möglichkeit besteht, einigermaßen trocken dorthin zu gelangen.«
    Ein Lächeln huschte über Dianas Gesicht. Es war zwecklos, Konversation mit Mr Green zu betreiben, wenn man gerade angekommen war. Erst wenn man ein paar Tage blieb, ließ sich der pflichtbewusste Butler dazu hinreißen, auch mal ein paar persönliche Worte zu wechseln.
    Draußen empfing sie ein heftiger Prasselregen, der einige Passagiere dazu antrieb, trotz schweren Gepäcks zu rennen, als ginge es um ihr Leben. Davon unbeeindruckt öffnete Mr Green den Schirm und hielt ihn über Diana.
    »Wollen wir, Madam?«
    Es fiel Diana schwer, Gleichschritt mit dem Mann zu halten, der gut zwanzig Zentimeter längere Beine hatte, und dabei noch den Pfützen auszuweichen, die sich in Windeseile auf dem Boden bildeten.
    Vor einer großen schwarzen Limousine, einem 98er Bent­ley Brooklands, machten sie schließlich halt. Trotz seiner zehn Jahre, die er bereits auf dem Buckel hatte, wirkte der Wagen sehr gepflegt. Wahrscheinlich hatte sich Emmely nur gelegentlich damit ausfahren lassen. Dass Mr Green diesen Wagen für Privatfahrten nutzte, bezweifelte Diana. Dazu war er viel zu korrekt.
    Der Butler nahm ihr mit einem Lächeln die Tasche ab und öffnete die Tür. Während sie einstieg, hievte er ihr Gepäck in den Kofferraum.
    »Ich nehme an, dass Sie gleich zum Hospital fahren wollen«, sagte er, nachdem er elegant auf den Fahrersitz des Bent­leys geglitten war. Ein paar Regentropfen glitzerten auf seiner Schulter und in seinem Haar, als er sich ihr zuwandte.
    »Ja, das möchte ich«, antwortete Diana. »Haben Sie schon ein wenig mehr in Erfahrung bringen können?«
    »Leider nicht, denn ich bin kein Angehöriger. Der Notarzt, der mich für ihren Sohn hielt, hat mir immerhin gesagt, dass er einen Schlaganfall vermute, der nicht nur ihre beiden Arme endgültig gelähmt hat, sondern auch die Beine. Wäre mir nicht aufgefallen, dass sie sich nicht aus ihrem Sessel erheben konnte, wäre sie wahrscheinlich in der Nacht noch gestorben.«
    »Das war wie immer sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte Diana, der nichts anderes einfallen wollte. Was sollte man auch dazu ­sagen?
    Nachdem sie sich angeschnallt hatte, ließ Mr Green Motor und Scheibenwischer an, und wenig später

Weitere Kostenlose Bücher