Die Schmetterlingsinsel
er sagte.
»Alles in Ordnung, Miss?«, fragte der junge Offizier, während er ihr aus dem Rettungsboot half. Zähneklappernd nickte Grace und ließ sich dann in die ihr zugedachte Kabine führen. Die bewundernden Blicke, die der junge Mann über ihr Gesicht und ihr Haar schweifen ließ, bemerkte sie nicht. Ja, sie hätte in dem Augenblick jeden ausgelacht, der behauptet hätte, dass der Offizier mit dem blonden Haar und den blauen Augen einmal ihr Ehemann werden würde.
Doch während der Fahrt änderte sich das. Der junge Offizier bemühte sich um sie, sorgte für ihren Komfort und brachte ihr persönlich Extraportionen, denn er war der Meinung, dass das Kleine unter ihrem Herzen gut versorgt werden sollte. Auch als sie wieder an Land waren und Grace in einer kleinen Hamburger Pension lebte – nach Tremayne House hätten sie keine zehn Pferde zurückbekommen –, ließ er sich regelmäßig blicken, brachte ihr Geschenke mit und ging mir ihr spazieren. Einige Leute wunderten sich über Graces Zustand, andere glaubten, dass es ihr Mann sei, an dessen Arm sie ging. Bekannten von Friedrich, die anmerkten, dass er wohl nichts habe anbrennen lassen wollen, drohte er gespielt ein paar Ohrfeigen an, doch Grace erkannte, dass seine Augen stolz strahlten, wenn man ihn für den Vater ihres Kindes hielt.
Vielleicht war es diese Fürsorge, vielleicht auch die Erkenntnis, dass sie einen Menschen brauchte, an dem sie sich festhalten konnte, bis ihr Prinz erschien, die Grace dazu brachte, ihr Herz wieder ein wenig zu öffnen. Zunächst war es Sympathie, dann sogar Zuneigung, die sie für den Mann empfand, der sie, im siebten Monat schwanger, in einer kleinen Kirche in Ostpreußen, seiner Heimat, heiratete.
Mit grimmiger Genugtuung stand sie vor dem Altar, gab dem Offizier das Jawort und machte ihn damit zum glücklichsten Menschen der Welt. Den Brief ihrer Schwester, der am 15. Februar 1888 verfasst wurde, trug sie dabei an ihrem Herzen. Eines der Dienstmädchen von Tremayne House hatte ihn ihr weitergeleitet.
Ich habe dir verziehen, Victoria, dachte sie, als sie, bewundert und umjubelt von den Hochzeitsgästen, aus der Kirche trat. Doch es ist gut zu wissen, dass jemand für meine Nachkommen da sein wird.
Dieser Nachkomme wurde in dem Jahr geboren, das als Drei-Kaiser-Jahr in die deutsche Geschichte einging. Grace gab ihrer Tochter, die in so vielem ihrem Vater ähnlich war, den Namen Helena. Zunächst war sie gewillt, wie es der tamilische Brauch war, den ersten Buchstaben ihres Vaters vor ihren Namen zu stellen, doch sie wollte nicht, dass man ihr Fragen stellte.
Es genügte ihr, dass Helena sie mit Vikramas Augen ansah.
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