Die-Schnaeppchenjaegerin
zuwende. Luke Brandon. Ich meine, nicht, dass ich ihn mögen würde oder so -aber trotzdem. Luke Brandon. »Dieser äußerst flexible Rentenplan«, tippe ich weiter, »bietet Ihnen die finanzielle Absicherung Ihrer Angehörigen im Falle Ihres Todes. Ferner können Sie zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens aus dem Erwerbsleben bereits über einen großen Teil der Versicherungssumme verfügen. Ein Fallbeispiel: Ein Mann, der in den Dreißigern beginnt, jeden Monat £ 100 einzuzahlen...«
Weißt du was?<, denke ich mir plötzlich und höre mitten im Satz auf zu tippen. >Das hier ist langweilig. Du kannst doch viel mehr.<
Ich kann mehr, als in diesem stickigen Büro hier zu sitzen, Informationen aus einer Broschüre abzutippen und sie als glaubwürdigen Journalismus zu verkaufen. Ich habe es verdient, etwas Interessanteres zu tun als das hier. Oder etwas, das besser bezahlt wird. Oder beides.
Ich stütze das Kinn auf die Hände. Es ist Zeit für einen Neuanfang. Warum mache ich nicht einfach das Gleiche, das Elly gemacht hat? Ich scheue mich doch nicht vor ein bisschen harter Arbeit, oder? Warum kriege ich nicht endlich Ordnung in mein Leben, melde mich bei einem der Headhunters in der City und angele mir einen Job, um den mich alle beneiden werden? So einen, wo ich haufenweise Geld verdiene, einen Firmenwagen zur Verfügung habe und jeden Tag Karen-Millen-Kostüme trage. Dann brauche ich mir nie wieder Sorgen um Geld zu machen.
Ich bin begeistert. Das ist es! Das ist die Antwort auf alle meine Probleme. Ich werde...
»Cläre?«, sage ich so cool wie möglich. »Wer verdient eigentlich am besten in der City?«
»Weiß ich nicht«, sagt Cläre und runzelt nachdenklich die Stirn. »Vielleicht die Futures-Broker?«
Damit ist es entschieden. Ich werde Futures-Brokerin. Nichts einfacher als das!
Und es ist wirklich einfach. So einfach, dass ich mich um zehn Uhr am nächsten Morgen ziemlich nervös dem Haupteingang der effektivsten Headhunteragentur in der City,William Green, nähere. Ich drücke die Glastür auf, betrachte kurz mein Spiegelbild und habe das Gefühl, als hätte ich Ameisen im Bauch. Bin das wirklich ich?
Und wie ich das bin. Ich habe mich für mein bestes schwarzes Kostüm, schwarze Strümpfe und hohe Absätze entschieden und mir selbstverständlich eine FT unter den Arm geklemmt. Außerdem kommt endlich mal die Aktentasche mit dem Kombinationsschloss zum Einsatz, die mir meine Mum mal zu Weihnachten geschenkt hat und die ich noch nie benutzt habe. Das liegt einerseits daran, dass sie ziemlich groß und schwer ist und andererseits daran, dass ich die Kombination vergessen habe und die Tasche ergo gar nicht öffnen kann. Aber sie sieht schick aus. Und nur darauf kommt es an.
Jill Foxton, die Dame, mit der ich mich treffe, war riehtig nett am Telefon, als ich ihr erzählte, dass ich eine neue Laufbahn einschlagen möchte, und klang ganz schön beeindruckt von meinem Erfahrungshintergrund. Ich habe schnell einen Lebenslauf getippt und ihr gemailt - na ja, gut, ich habe ihn ein bisschen ausgeschmückt, aber das ist doch genau das, was die wollen, oder? Man muss sich verkaufen können. Und es hat funktioniert. Sie rief nämlich schon zehn Minuten später wieder an und fragte mich, ob ich Zeit für ein persönliches Gespräch mit ihr hätte, da sie glaube, mir ein paar interessante Möglichkeiten anbieten zu können.
Interessante Möglichkeiten für mich! Ich war so aufgeregt, dass ich kaum mehr stillsitzen konnte. Ich bin sofort zu Philip gegangen und habe mir für den nächsten Tag frei genommen - »weil ich mit meinem Neffen in den Zoo gehen will« -, und er hat überhaupt keinen Verdacht geschöpft. Dem wird es glatt die Sprache verschlagen, wenn er herausfindet, dass ich mich von einem Tag auf den anderen zu einer hoch bezahlten Futures-Brokerin gemausert habe.
»Hi«, begrüße ich selbstbewusst die Dame am Empfang. »Ich habe einen Termin mit Jill Foxton. Rebecca Bloomwood.«
»Von...?«
Oh, Gott, ich kann jetzt doch nicht Successful Saving sagen! Dann könnte es ja zu Philip durchdringen, dass ich mich nach einem neuen Job umsehe.
»Von... niemandem und nirgendwo«, sage ich und lache entspannt. »Einfach nur Rebecca Bloomwood. Wir haben einen Termin um zehn Uhr.«
»Gut«, sagt sie und lächelt. »Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Ich greife nach der Aktentasche, steuere die schwarzen Knautschsessel an und bemühe mich, mir nicht anmerken zu lassen, wie nervös ich bin. Ich setze mich, überfliege
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