Die-Schnaeppchenjaegerin
ich strahle sie an.
»Aber Finnisch!«, sagt sie und greift nach der Kaffeetasse vor sich auf dem Schreibtisch. »Das ist nun wirklich ungewöhnlich!«
Ich lächele weiter und hoffe, dass wir mit dem Fremdsprachenthema bald durch sind. »Finnisch fließend in Wort und Schrift« hatte ich doch nur reingeschrieben, weil mir »Umgangsfranzösisch« ein wenig zu mager erschien. Und wer spricht ansonsten schon Finnisch? Niemand.
»Und dann Ihre fundierten Kenntnisse des Finanzwesens«, sagt sie und zieht meinen Lebenslauf näher an sich heran. »Sie haben ja in den letzten Jahren als Finanzjournalistin anscheinend eine beträchtliche Bandbreite an Themen abgedeckt.« Sie sieht zu mir auf. »Was genau ist es, das Sie an Derivaten so anziehend finden?«
Wie? Was? Wovon redet sie eigentlich? Ach, ja. Derivate. Das sind Futures, oder?
»Nun ja«, hebe ich selbstsicher an - und werde von Amy unterbrochen, die mit meinem Kaffee hereinkommt.
»Danke«, sage ich und sehe dann in der Hoffnung, dass inzwischen ein Themawechsel stattgefunden hat, wieder zu Till. Aber sie wartet immer noch auf eine Antwort. »Ich glaube, dass Futures tatsächlich die Zukunft sind - wie der Name schon sagt«, antworte ich ernst. »Futures sind eine extreme Herausforderung, und ich glaube...« Was glaube ich? Oh, Gott. Wäre es jetzt möglicherweise angebracht, Butterflys oder Verfallsdaten oder so was in der Art zu erwähnen? Besser nicht. »Ich glaube, dass ich sehr gut in den Bereich hineinpassen würde«, sage ich schließlich.
»Verstehe«, sagt Till Foxton und lehnt sich zurück. »Ich frage deswegen, weil wir zurzeit eine Position in einer Bank anzubieten hätten, und ich glaube, da würden Sie auch gut hineinpassen. Ich weiß nicht, was Sie dazu sagen würden.«
In einer Bank? Ist das ihr Ernst? Hat sie etwa schon einen Job für mich? Ich fasse es nicht!
»Na ja, ich glaube schon, dass ich damit leben könnte«, sage ich und bemühe mich, meinen Überschwang zu verbergen. »Ich meine, natürlich würden mir die Futures fehlen, aber - also, das Bankgeschäft ist natürlich auch interessant.«
Jill lacht. Ich glaube, dass sie glaubt, ich würde Witze machen.
»Unser Klient ist eine erstklassige ausländische Bank, die Verstärkung für die Londoner Zweigstelle ihrer Schuldnerberatungsabteilung sucht.«
»Ah, ja«, sage ich intelligent.
»Ich weiß natürlich nicht, ob Sie mit den Arbitrage-Prinzipien auf dem europäischen Parkett vertraut sind?«
»Bin ich«, sage ich dreist. »Über genau das Thema habe ich letztes Jahr einen Artikel geschrieben.«
Wie war das doch gleich? Arbiwas?
»Ich möchte Sie selbstverständlich zu keiner Entscheidung drängen«, sagt sie, »aber wenn Sie wirklich umsatteln wollen, wäre das hier meiner Ansicht nach der perfekte Einstieg für Sie. Natürlich müssten Sie sich für die Stelle einem weiteren Bewerbungsgespräch unterziehen, aber da sehe ich eigentlich gar kein Problem.« Sie lächelt mich an. »Und wir werden ausgesprochen attraktive Konditionen für Sie aushandeln.«
»Wirklich?« Mir stockt buchstäblich der Atem. Sie wird attraktive Konditionen für mich aushandeln. Für mich!
»Ja, natürlich«, sagt Jill. »Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie gewissermaßen eine Rarität sind.« Sie lächelt mich vertraulich an. »Wissen Sie, als ich gestern Ihren Lebenslauf bekam, habe ich einen Freudenschrei ausgestoßen! Ich meine, was für ein Zufallh »Oh, ja«, sage ich und strahle sie an. Mein Gott, das gibt es doch gar nicht! Ein Traum wird wahr! Ich werde Bankerin! Aber nicht in irgendeiner ollen Bank - nein, in einer erstklassigen Bank!
»Ja, dann«, sagt Jill ganz lässig. »Sollen wir gleich rübergehen, damit Sie Ihren neuen Arbeitgeber kennen lernen?«
»Wie bitte?«, sage ich erstaunt, doch sie lächelt nur wieder.
»Ich wollte es Ihnen nicht sagen, bevor ich Sie ein bisschen kennen gelernt hatte - aber der Personalchef der Bank of Helsinki ist gerade zu einem Treffen mit unserem Geschäftsführer hier im Hause. Und ich weiß jetzt schon, dass er Sie nehmen wird. Er wird begeistert sein. Die Sache haben wir noch heute Nachmittag unter Dach und Fach!«
»Hervorragend!«, sage ich und stehe auf. Hahaha! Ich werde Bankerin!
Der tiefere Sinn ihrer Worte erschließt sich mir leider erst, als wir schon eine ganze Weile auf den endlosen Korridoren unterwegs sind. Bank of Helsinki.
Bank of Helsinki. Das heißt doch nicht etwa... Sie glaubt doch wohl nicht...
»Ich freue
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