Die-Schnaeppchenjaegerin
hoffnungsvoll die ausliegenden Zeitschriften (ist aber nichts Interessantes dabei, bloß so Sachen wie The Economist), lehne mich zurück und sehe mich um. Das Foyer ist ganz schön eindrucksvoll, muss ich sagen. Mit einem Brunnen in der Mitte und einer gläsernen Treppe, die sich in einem Bogen nach oben schwingt. Und da drüben - mir kommt es vor, als wären sie Kilometer weit weg - sehe ich einige hoch moderne Aufzüge. Nicht nur einen oder zwei, nein, an die zehn. Scheint in der Tat eine größere Firma zu sein.
»Rebecca?« Plötzlich steht eine blonde junge Frau in einem blassen Hosenanzug vor mir. Schöner Anzug, denke ich. Sehr schöner Anzug.
»Hü«, sage ich. »Jill!«
»Nein, ich bin Amy.« Sie lächelt. »Jills Assistentin.«
Wow. Nicht schlecht. Seine Assistentin schicken, um Gäste abzuholen - als sei man viel zu wichtig und zu beschäftigt, um das selbst zu erledigen. Ich glaube, das werde ich auch machen, wenn ich erst eine anerkannte Futures-Brokerin bin und Elly zum Lunch vorbeikommt. Vielleicht werde ich ja sogar einen männlichen Assistenten haben - und wir verlieben uns ineinander! Wie im Film! Die Karrierefrau und der süße, sensible...
»Rebecca?« Ich komme wieder zu mir und bemerke, dass Amy mich verwundert ansieht. »Sind Sie so weit?«
»Natürlich!«, sage ich fröhlich und schnappe mir meine Aktentasche. Wir schreiten über den polierten Fußboden, und ich beäuge noch einmal verstohlen Amys Hosenanzug. Da entdecke ich ein ganz diskretes Emporio-Armani-Etikett. Das glaube ich nicht! Emporio Armani! Die Assistentinnen tragen Emporio Armani! Was wird denn dann Jill selbst tragen? Couture Dior? Ich bin schon Feuer und Flamme für den Laden hier.
‘::tg£Egz?&r?*i-M!mm Wir fahren in den sechsten Stock und wandern durch endlos lange Flure.
»Sie möchten also Futures-Brokerin werden«, sagt Amy nach einer Weile.
»Ja«, sage ich. »Das hatte ich mir so vorgestellt.«
»Dann wissen Sie also schon ein wenig darüber Bescheid.«
»Na ja, wissen Sie...«Ich lächele bescheiden.».. .Ich habe so viel über alle möglichen Bereiche des Finanzwesens geschrieben - ich glaube, ich bin ganz gut gewappnet.«
»Sehr schön«, sagt Amy und lächelt wieder. »Manche Leute tauchen nämlich hier auf und haben überhaupt keine Ahnung. Dann stellt Jill ihnen eine ganz normale Standardfrage und...« Sie macht eine Geste. Ich weiß nicht, was sie bedeuten soll, aber ich ahne nichts Gutes.
»Also, so was!«, sage ich und zwinge mich, ganz entspannt zu klingen. »Und - was für Fragen zum Beispiel?«
»Ach, gar nichts Schlimmes!«, sagt Amy. »Sie wird Sie wahrscheinlich fragen... ach, ich weiß auch nicht. Vielleicht so etwas wie >Wie geht man eine Butterfly-Position ein?< oder >An welchem Underlying orientiert sich der Innere Wert eines Better-Of-Calls bei Expyry?< oder >Wie kalkulieren Sie das Verfallsdatum eines Future-Instruments?< Die Basics eben.«
»Aha«, sage ich und schlucke. »Schön.«
Eine innere Stimme sagt mir, dass ich mich umdrehen und wegrennen sollte - aber da stehen wir auch schon vor einer hellen Holztür.
»Da sind wir«, sagt Amy und lächelt mich an. »Möchten Sie Tee oder Kaffee?«
»Kaffee, bitte«, antworte ich und wünschte, ich könnte »Einen doppelten Gin, bitte« sagen. Amy klopft an die Tür,
öffnet sie, schiebt mich hinein und sagt: »Rebecca Bloomwood.«
»Rebecca!«, ruft eine dunkelhaarige Frau hinter dem Schreibtisch und steht auf, um mich zu begrüßen.
Zu meiner Überraschung ist Jill nicht annähernd so gut gekleidet wie Amy. Sie trägt ein blaues, ziemlich spießiges Kostüm und langweilige Pumps. Aber gut, was soll’s, sie ist der Boss. Und ihr Büro ist vom Feinsten.
»Wie wunderschön, Sie kennen zu lernen!«, sagt sie und bedeutet mir, auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen. »Um es gleich vorneweg zu sagen: Ich war außerordentlich beeindruckt von Ihrem Lebenslauf.«
»Wirklich?«, sage ich und empfinde Erleichterung. Das kann doch nur Gutes bedeuten, oder? Außerordentlich beeindruckt. Vielleicht macht es dann auch gar nichts, wenn ich ihre Fragen nicht beantworten kann.
»Vor allem von Ihren Fremdsprachenkenntnissen«, fügt Jill hinzu. »Sehr gut. Sie scheinen ja eins von diesen ganz seltenen Exemplaren eines Allroundtalents zu sein.«
»Na ja, mein Französisch bewegt sich wirklich mehr auf dem Small Talk-Niveau«, räume ich bescheiden ein. »Voicila plume de ma tante und solche Sachen.«
Jill lacht begeistert, und
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