Die-Schnaeppchenjaegerin
geht’s doch gar nicht!
Ich sehe aus dem Fenster. Auf den Straßen ist ziemlich viel los, und obwohl es schon März ist, hängen in den Schaufenstern immer noch einige REDUZIERT-Schilder, die vom Winterschlussverkauf übrig geblieben sind. Ich mache Stielaugen, damit mir auf keinen Fall irgendein Schnäppchen entgeht. Wir halten vor einer Filiale der Lloyds Bank. Durch die Glasscheibe betrachte ich gedankenverloren die Menschen, die vor dem Schalter Schlange stehen, und höre mich sagen: »Wissen Sie was? Banken sollten auch so eine Art Winterschlussverkauf machen.«
Luke Brandon schweigt, und als ich zu ihm hinsehe, entdecke ich Amüsiertheit in seinem Gesicht.
»Banken?«, fragt er nach.
»Warum denn nicht?«, verteidige ich mich. »Sie könnten für einen Monat ihre Gebühren senken oder so. Und die Bausparkassen genau so. Riesige Poster in den Fenstern: >Preissturz<...« Ich denke einen Moment nach. »Vielleicht wäre ein Frühjahrsschlussverkauf aber schlauer. Im April, wenn das Steuerjahr abgeschlossen ist. Und die Investmenthäuser könnten das auch machen. >Fünfzig Prozent Nachlass auf ausgesuchte Fonds.«*
»Ein Investmentfonds-Ausverkauf«, sagt Luke Brandon bedächtig. »Preisnachlass auf alle Vorausgebühren.«
»Genau«, sage ich. »Die Leute sind doch immer alle ganz heiß auf günstige Angebote. Sogar die Reichen.«
Das Taxi fährt wieder an, und nach einem kurzen Blick auf den Stau wende ich meine Aufmerksamkeit wieder Luke Brandon zu, der sich gerade etwas in sein kleines Notizbuch schreibt. Er sieht auf, begegnet meinem Blick und sagt:
»Rebecca, ist das Ihr Ernst, dass Sie mit dem Journalismus aufhören wollen?«
»Oh.« Ehrlich gesagt, hatte ich das schon ganz vergessen. »Ich weiß nicht. Vielleicht.«
»Und Sie glauben wirklich, dass das Bankgeschäft Ihnen mehr liegt?«
»Wer weiß?«, sage ich und ärgere mich ein wenig über seinen Ton. Er hat gut reden. Er muss sich über seine Karriere keine Sorgen mehr machen - er hat ja seine millionenschwere PR-Firma. Ich plage mich mit meinen millionenschweren Überziehungen. »Elly Granger hört bei Investor’s Weekly News auf«, füge ich hinzu. »Sie fängt als Fondsmanagerin bei Wetherby’s an.«
»Habe ich gehört«, sagt er. »Aber Sie können sich doch nicht mit Elly Granger vergleichen.«
Ach, ja? Diese Äußerung macht mich neugierig. Wenn ich mich nicht mit Elly vergleichen kann - mit wem denn dann? Vielleicht mit jemandem wie Kristin Scott Thomas?
»Sie haben Phantasie«, sagt er. »Die hat Elly nicht.«
Wow! Na, jetzt bin ich aber wirklich sprachlos. Luke Brandon findet, dass ich Phantasie habe? Kaum zu glauben. Nicht schlecht. Eigentlich richtig nett. Sie haben Phantasie. Hmmm, ja, das gefällt mir. Es sei denn...
Moment mal. Das ist doch wohl nicht etwa nur eine höfliche Umschreibung dafür, dass ich dumm bin? Oder eine Lügnerin? So wie >kreative Buchführung<. Vielleicht will er mir damit in Wirklichkeit sagen, dass meine Artikel alle Humbug sind?
Oh, Gott, jetzt weiß ich nicht, ob ich mich freuen soll oder nicht.
Um meine Unsicherheit zu vertuschen, sehe ich wieder aus dem Fenster. Wir stehen an einer roten Ampel, und eine sehr umfangreiche Dame in einem pinkfarbenen Ballonseide-Jogginganzug versucht, die Straße zu überqueren. Sie ist mit mehreren Einkaufstüten und einem Mops beladen und damit vollkommen überfordert. Ständig rutscht ihr irgendetwas weg, und sie muss etwas anderes dafür absetzen. Die Darbietung ist so frustrierend, dass ich am liebsten aussteigen und ihr helfen würde. Dann entgleitet ihr eine der Einkaufstüten völlig und fällt auf den Boden. Die Tüte geht auf und entlässt drei riesengroße runde Packungen Eiscreme, die über die Straße kullern.
Nicht lachen, ermahne ich mich. Das wäre kindisch. Nicht lachen. Ich presse die Lippen aufeinander, kann aber dennoch ein verhaltenes Kichern nicht verhindern.
Ich sehe zu Luke. Auch er presst die Lippen aufeinander.
Dann rennt die Frau mit ihrem Mops im Schlepptau los, um die Eiscremetöpfe einzuholen - und das war’s. Ich kann mein Kichern nicht mehr unterdrücken. Dann ist der Mops schneller als sein Frauchen bei den Eistöpfen und versucht sie mit den Zähnen aufzumachen. Ich glaube, ich muss sterben vor Lachen. Ich sehe zu Luke und kann es nicht fassen. Er lacht Tränen! Ich hätte nie gedacht, dass Luke Brandon überhaupt jemals lacht!
»Oh, Gott«, bringe ich schließlich hervor. »Ich weiß, dass man nicht über andere Leute
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