Die-Schnaeppchenjaegerin
schließe die Augen und versuche, meinen pochenden Kopf zu beruhigen. Gleichzeitig fällt mir wieder ein, dass ich, als ich letzte Nacht in mein Zimmer kam, eine halbe Flasche Malt Whisky wieder gefunden habe, ein Werbegeschenk von Scottish Prudential. Ich habe sie aufgemacht und - obwohl ich gar keinen Whisky mag - etwas davon getrunken. Also, bestimmt mehrere Zahnputzbecher voll. Das könnte natürlich die Erklärung dafür sein, dass mir jetzt so schlecht ist.
Ganz langsam schaffe ich es, mich in Sitzposition zu bringen. Ich spitze die Ohren, ob ich etwas von Suze höre -Fehlanzeige. Die Wohnung ist leer. Ich bin allein.
Allein mit meinen Gedanken.
Und das kann ich nicht ertragen. In meinem Kopf hämmert es, und mir ist ganz schlecht und elend zu Mute. Aber ich muss jetzt in die Gänge kommen, ich muss mich ablenken. Ich werde ein bisschen rausgehen, irgendwo gemütlich eine Tasse Kaffee trinken und versuchen, mich zu sammeln.
Irgendwie schaffe ich es tatsächlich, aus dem Bett zu kommen, zu meiner Kommode hinüberzugehen und mich im Spiegel zu betrachten. Was ich da sehe, gefällt mir nicht. Meine Gesichtsfarbe ist grün, mein Mund völlig ausgetrocknet, und meine Haare kleben mir strähnig am Kopf. Aber das Schlimmste ist der Ausdruck in meinen Augen: leer, unglücklich, voller Selbstverachtung. Gestern Abend bot sich mir eine phantastische Gelegenheit - eine einmalige Chance, serviert auf einem Silbertablett. Und ich habe sie vertan. Auf immer verspielt. Ich bin so eine Null. Ich verdiene es nicht, zu leben.
Ich gehe zur King’s Road und lasse mich von der anonymen Menge treiben. Die Luft ist kalt und frisch und so angenehm, dass es mir fast gelingt, nicht an gestern Abend zu denken. Aber nicht ganz.
Ich gehe zu Aroma, bestelle einen großen Cappuccino und versuche, ihn ganz normal zu trinken. Als wenn alles in Ordnung wäre und ich nur eine von den vielen jungen Frauen, die sonntags ein bisschen bummeln gehen. Aber ich schaffe es nicht. Ich schaffe es nicht, meine Gedanken auszublenden. Sie kreisen und kreisen und kreisen in meinem Kopf wie eine endlose Schallplatte.
Wenn ich doch nur das Scheckbuch nicht in die Hand genommen hätte. Wenn ich doch nur nicht so blöd gewesen wäre. Es lief doch so gut. Er mochte mich wirklich. Wir haben Händchen gehalten. Er wollte mich fragen, ob wir uns wieder sehen könnten. Oh, Gott, wenn ich die Uhr doch nur zurückdrehen könnte, wenn ich den gestrigen Abend doch nur noch einmal erleben dürfte...
Nicht daran denken. Gar nicht daran denken, was hätte sein können. Das ist ja nicht auszuhalten. Wenn ich alles richtig gemacht hätte, würde ich jetzt wahrscheinlich mit Tarquin hier sitzen und Kaffee trinken. Ich wäre wahrscheinlich auf dem besten Wege, die fünfzehntreichste Frau Großbritanniens zu werden.
Und stattdessen... ?
Stattdessen kann ich vor Schulden kaum aus den Augen schauen. Ich habe einen Termin mit meinem Bankmanager. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Überhaupt keine.
Todunglücklich trinke ich einen Schluck Kaffee und packe das kleine Schokoladentäfelchen aus. Eigentlich habe ich gar keine Lust auf Schokolade, aber ich stopfe sie mir trotzdem in den Mund.
Das Schlimmste, das wirklich Allerschlimmste an der Sache ist, dass ich gerade angefangen hatte,Tarquin zu mögen.
Gut, er ist nicht gerade mit blendendem Aussehen gesegnet, aber er ist ein guter Mensch und auf seine eigene Art lustig. Und diese Brosche - die ist doch eigentlich ganz süß.
Und dann, dass er Suze nicht erzählt hat, was ich getan habe. Und wie er mir alles geglaubt hat, von den Hunden über Wagner bis hin zu den dämlichen Geigenspielern in Malawi. Seine völlig arglose Vertrauensseligkeit.
Oh, Gott, jetzt fange ich wirklich gleich an zu heulen.
Ich reibe mir unsanft die Augen, trinke den Kaffee aus und stehe auf. Draußen auf der Straße zögere ich erst, dann marschiere ich entschlossen wieder los. Vielleicht bringt mich die frische Luft ja auf andere Gedanken. Vielleicht geht es mir gleich besser.
Aber ich laufe und laufe und verspüre nicht den Hauch einer Besserung. Mein Kopf tut weh, meine Augen sind rot und ich könnte wirklich einen kräftigen Drink vertragen. Oder irgendetwas anderes, irgendeine Kleinigkeit, dann würde es mir bestimmt besser gehen. Ein Drink oder eine Zigarette oder...
Ich sehe auf und stelle fest, dass ich direkt vor Octagon angelangt bin. Mein allerliebster Lieblingsladen auf der ganzen Welt. Drei Stockwerke mit Klamotten,
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