Die-Schnaeppchenjaegerin
sage ich leicht verwirrt. »Ja... hier, meine VISA.«
Wie peinlich. Was soll denn mit meiner Karte nicht stimmen? Sieht doch völlig normal aus. Ich werde mich gleich morgen bei der Bank beschweren.
Die Bank. Morgen. Termin. Derek Smeath. Oh, Gott. Nicht daran denken. Schnell, schnell, denk an etwas anderes. Sieh dir den Fußboden an. Sieh dich im Laden um. Hinter mir hat sich schon eine ziemlich lange Reihe Kunden versammelt. Ich höre sie hüsteln und sich räuspern. Alles wartet nur auf mich. Als ich dem Blick der Dame hinter mir begegne, lächele ich sie leicht gequält an.
»Nein«, sagt die Verkäuferin. »Die wird auch nicht angenommen.«
»Wie bitte?« Entsetzt sehe ich sie an. Wieso wird meine VISA nicht angenommen? Ich meine, meine VIS-Al Die wird doch auf der ganzen Welt angenommen! Was ist denn hier los? Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Ich verstehe überhaupt nichts...
Da brechen meine Gedanken ab, und mir wird heiß und kalt. Die vielen Briefe. Die Briefe, die ich einfach in die Schublade gestopft habe. Sie werden doch wohl nicht...
Nein. Die werden doch wohl nicht meine Karte gesperrt haben. Das können sie doch nicht machen.
Mein Herz hämmert panisch. Ich weiß ja, dass ich meine Rechnungen nicht besonders gewissenhaft bezahlt habe -aber ich brauche meine VISA. Ich brauche sie. Die können sie doch nicht einfach so sperren. Ich fange an zu zittern.
»Es stehen noch mehr Leute an«, informiert mich die Verkäuferin und deutet auf die Schlange hinter mir. »Wenn Sie nicht bezahlen können...«
»Natürlich kann ich bezahlen«, sage ich steif. Ich merke, dass ich hochrot angelaufen bin. Mit zitternden Fingern greife ich in mein Portemonnaie und ziehe die silberne Octagon-Kundenkarte hervor. Die war ganz versteckt hinter all den anderen Karten, ich habe sie also schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt. »Hier«, sage ich. »Dann bezahle ich mit dieser.«
»Gut«, sagt die Verkäuferin und zieht die Karte durch die Maschine.
Erst, als wir darauf warten, dass das System diese Karte annimmt, fange ich an, mich zu fragen, ob ich eigentlich mein Kundenkonto bei Octagon ausgeglichen habe. Von denen habe ich doch neulich auch einen unfreundlichen Brief bekommen, oder? Stand da nicht irgendwas von nicht beglichenen Rechnungen? Ich bin mir aber ganz sicher, dass ich sie bezahlt habe, schon vor Ewigkeiten. Oder zumindest einen Teil davon. Oder? Ich bin mir sicher »Entschuldigen Sie, aber ich muss eben kurz telefonieren«, sagt die Verkäuferin und starrt auf das Display der Maschine. Sie greift nach dem Apparat neben der Kasse und wählt.
»Hi«, sagt sie. »Ich möchte bitte eben eine Kontonummer durchgeben...«
Hinter mir seufzt jemand betont laut. Mein Gesicht glüht immer mehr. Ich wage es nicht, mich umzudrehen. Ich wage es nicht, mich zu bewegen.
»Verstehe«, sagt die Verkäuferin schließlich und legt auf. Sie sieht zu mir auf, und ihr Gesichtsausdruck hat auf mich die Wirkung eines Faustschlags in den Magen. Keine Spur von Bedauern oder Höflichkeit. Ihre Miene ist schlicht und ergreifend unfreundlich.
»Unsere Finanzabteilung bittet Sie dringend, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen«, sagt die Verkäuferin schroff. »Ich gebe Ihnen die Telefonnummer.«
»Gut«, sage ich so locker wie möglich, als wenn das eine völlig normale Bitte wäre. »Schön, werde ich tun. Danke.« Ich strecke die Hand nach meiner Octagonkarte aus. Ich habe keine Lust mehr auf Einkaufen. Ich will nur noch meine Karte haben und dann so schnell wie möglich raus hier.
»Es tut mir Leid, aber Ihr Kundenkonto wurde eingefroren«, sagt die Verkäuferin, ohne die Lautstärke ihrer Stimme zu dämpfen. »Ich darf Ihnen Ihre Karte nicht wieder aushändigen.«
Ungläubig starre ich sie an. Mein Gesicht explodiert gleich. Die Leute hinter mir werden unruhig und fangen an, sich gegenseitig anzustupsen.
»Also, wenn Sie über kein anderes Zahlungsmittel verfügen ...«, redet sie weiter und sieht auf meinen Haufen neben der Kasse. Mein Morgenmantel. Meine neue Bettwäsche. Meine Duftkerze. Ein riesiger, nicht zu übersehender Haufen Zeug. Zeug, das ich gar nicht brauche. Zeug, das ich nicht bezahlen kann. Mit einem Mal wird mir ganz schlecht bei dem Anblick.
Wie betäubt schüttele ich den Kopf. Mir ist, als hätte man mich beim Klauen erwischt.
»Elsa«, ruft die Verkäuferin eine Kollegin. »Würdest du dich bitte um das hier kümmern? Die Kundin möchte die Sachen doch nicht kaufen.« Sie zeigt auf meinen
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