Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
begriff, dass nun alles vorbei war. Die russischen Scheißkerle hatten gewonnen. Trotz des rasenden Schmerzes sammelte er noch einmal sämtliche Kräfte, drehte sich zur Seite und trat seinen Gegner mit voller Wucht in den Magen. Der Mann stürzte und schlug mit dem Kopf auf den Fels auf.
Riku schleppte sich zu dem ächzenden Mann und packte ihn am Kragen.
»Wo ist mein Sohn?«, keuchte er heiser. Der andere war kurz davor, bewusstlos zu werden.
Jetzt drangen Geräusche aus dem Wald. Die anderen Männer kamen. Riku blickte sich um, sah aber nirgendwo die Waffe liegen. Womöglich war sie ins Wasser gefallen, als der Russe stürzte.
Riku schaute aufs Meer hinaus. Der nächste große Stein ragte zwanzig Meter vom Ufer entfernt aus dem Wasser. Das war seine einzige Hoffnung. Schnell zog er die Schuhe aus, lief ins Wasser, und sobald er weit genug gewatet war, tauchte er unter.
Bei dem Stein schnappte er nach Luft und fasste den nächsten Felsen ins Auge. Mit Müh und Not würde er ihn tauchend erreichen können. Er holte tief Luft, glitt ins Wasser und stieß sich am Stein ab.
Hinter dem Felsen tauchte er auf. Nachdem er durchgeatmet hatte, spähte er vorsichtig zum Ufer hinüber.
Dort beugte sich ein Mann über den am Boden liegenden Komplizen. Ein dritter Mann kam gerade mit der Waffe in der Hand aus dem Wald gelaufen.
Riku blickte hinter sich aufs Meer hinaus. In etwa zwanzig, dreißig Metern Entfernung gab es eine kleine Felsinsel. Sie schien viel zu weit weg zu sein, trotzdem zögerte Riku nicht, sondern sog Luft ein und tauchte. Er stieß sich durch das trübeWasser und hatte das Gefühl, seine Lunge würde gleich explodieren. Schließlich sah er die Felsinsel vor sich und schwamm unter Wasser um sie herum. Mit letzter Kraft tauchte er auf und schnappte gierig nach Luft. Da hörte er plötzlich Musik. Riku drehte sich um und sah am anderen Ufer ein Häuschen stehen. Davor brannte ein Feuer. Über das Wasser hallte stampfende Techno-Musik.
Rikus wasserdichte Uhr zeigte 14.55. In drei Stunden würde er in Helsinki sein müssen, oder das Ultimatum liefe ab. Das Handy in seiner Tasche war vom Wasser ruiniert worden, aber er hätte ohnehin nicht gewusst, wen er hätte anrufen sollen. Er musste das gegenüberliegende Ufer erreichen.
Nachdem er eine Zeit lang, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, geschwommen war, hörte er das Brummen eines Motors. Ein Boot näherte sich, und falls es den Verfolgern gehörte, hatte er keine Chance mehr.
In das Motorengeräusch mischten sich bald auch Stimmen.
Riku paddelte im Wasser und sah auf. Ein schnittiges, blütenweißes überdachtes Boot fuhr auf ihn zu. An Bord erkannte er mehrere junge Leute. Mit abnehmender Geschwindigkeit wurde das Motorengeräusch leiser.
»Hey, Alter, was geht ab?«, rief ein junger Mann ganz an der Spitze des Bootes. Er war braun gebrannt, und seine Haare hatte die Sonne gebleicht. In der Hand hielt er eine Bierflasche. »Bist du ein bisschen schwimmen gegangen?«
»Helft mir ins Boot«, keuchte Riku. Er begriff, dass die jungen Leute ordentlich betrunken waren.
»Versuchst du einen Rekord aufzustellen?«, rief ein anderer.
»Nun helft ihm schon hoch!«, forderte eines der Mädchen zornig.
»He, der hat ja alle Klamotten an. Was für ein Spinner ist das denn?«
»Ist wahrscheinlich beim Pissen über die Reling gefallen.«
Alle lachten schallend.
Das Mädchen stellte den Motor ab, und einer der Jungen legte sich bäuchlings aufs Deck und streckte die Hand aus. Riku schwamm näher heran und ergriff sie.
Er wurde an Bord gezogen und blieb erschöpft liegen. Der Motor wurde wieder angelassen, und das Boot nahm Fahrt auf.
56
Peter Richter hatte das Fernglas auf das Atomkraftwerk Olkiluoto gerichtet, das hinter den grünen Bäumen am Ufer aufragte und sich hell vor dem dunklen Himmel abzeichnete.
Dabei war Sichtkontakt eigentlich nicht nötig, sondern entscheidend war die Erreichbarkeit per Funk, und um diese sicherzustellen, hatten sie sich entschieden, vom Meer aus zu operieren. An Land wäre es wegen der dicht stehenden Bäume und der Bewachung wesentlich schwieriger gewesen, nah genug an den Reaktor heranzukommen. Greenpeace hatte seine Protestaktion gegen die Einweihung zum Glück bereits beendet, und die Polizei patrouillierte ebenfalls nicht mehr auf dem Wasser.
Richter saß mit seinem Gehilfen Anton in einem Motorkajütboot, das leicht im Wellengang schaukelte. Auf beiden Seiten bogen sich lange Angelruten über die Reling. Am
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