Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
ein Wort.
Ramstein.
Er war auf der richtigen Spur, das konnte kein Zufall sein.
Er überlegte konzentriert, wonach er noch suchen könnte. Hatten womöglich auch Peter Richter und CMP Technik, der Arbeitgeber von Rainer Bauer, etwas mit der Sache zu tun? Hingen die Ereignisse von Meteor irgendwie mit dem zusammen, was jetzt gerade vor sich ging? Er schrieb die Namen beider Firmen in das Suchfeld, aber es gab keine gemeinsamen Nachweise.
Stattdessen tauchte CMP in einem interessanten anderen Zusammenhang auf: Bauers Arbeitgeber fungierte als Subunternehmer für ein großes deutsches Ingenieurbüro, das wiederum an der Realisierung des Automationssystems im weltweit ersten EPR-Kernkraftwerk im finnischen Olkiluoto beteiligt gewesen war.
Sebastian klickte den Link an, unter dem eine Stadt auf einer Landkarte zu sehen war. Der Name ließ ihn zusammenfahren.
Rauma.
Warum hatte der ehemalige Stasi-Ingenieuroffizier Peter Richter in seiner Wohnung eine Hotelreservierung für Rauma liegen gehabt? Stand die Verbindung von Richter und Bauer in Zusammenhang mit dem Atomkraftwerk?
Rasch suchte Sebastian nach grundlegenden Informationen zu dem Reaktor Olkiluoto und stellte fest, dass der neueste Reaktorblock an diesem Vormittag eingeweiht worden war.
55
Mira hätte jubeln können über ihren Erfolg. Sie saß im Labor der KRP vor einem großen Bildschirm, auf dem nebeneinander zwei Bilder von einem Mann zu sehen waren.
Das linke Foto war relativ scharf, es war die Vergrößerung eines Negativs von guter Qualität aus dem Jahr 1988. Bei dem rechten Bild handelte es sich um das Standbild der Überwachungskamera im Schmuckgeschäft in der Kalevankatu. Auf der Vergrößerung setzte sich das Gesicht des Mannes aus grobkörnigen Pixeln zusammen. Am unteren Rand war zusätzlich ein kleineres Bild zu sehen, auf dem ein grauhaariger Mann mit einer Plastiktüte in der Hand neben einem Volvo stand.
»Ist Geschmackssache«, meinte der Kollege von der Kriminaltechnik.
»Nein. Das ist derselbe Mann. Woher stammt das Bild?«
»Aus der Datenbank der Sicherheitspolizei. Viktor Kovalenko, KGB. Fotografiert am 17. 8. 1988 hinter dem Konsulat der Sowjetunion, Eingang Vuorimiehenkatu.«
»Ein Kollege von Nowikow. Gut. Danke.«
Mira ging zum Informationsdienst eine Etage tiefer, wo eine Informatikerin Miras Auftrag zu Viktor Kovalenko entgegennahm.
»Hoffentlich eilt es damit nicht«, sagte sie. »Du könntest ein paar grobe Suchdurchgänge selbst machen, da drüben steht ein freier Rechner. Bei uns ist gerade ziemlich viel los, wegen Riku Tanners Vater.«
Mira nahm die Mitteilung überrascht zur Kenntnis. Sie hatte gehört, dass der Name Ralf Tanner in Dobrinas Notizen aufgetaucht war, jedoch nicht gewusst, dass jemand der Sache ernsthaft nachging. Sie spürte einen Stich. Hatte sich Riku doch in etwas Zweifelhaftes hineinziehen lassen?
Nervös nahm sie einige Recherchen zu Kovalenko vor und druckte die Ergebnisse aus.
Die vom Regen nassen Farnsträucher und Gräser streiften Rikus Beine, während er immer tiefer in den Wald hineinging. Er hatte seinen Wagen einen halben Kilometer von Huutoniemi entfernt am Straßenrand abgestellt und sich danach von der Straße ferngehalten.
Die Luft war drückend wie in einem feucht-heißen Treibhaus. Riku blickte nach oben in den dunkelgrauen Himmel über den Ahornkronen. Er musste seine Gedanken unter Kontrolle halten und durfte nicht in panische Hast verfallen, sondern musste die Vorstellung von Leos Not verdrängen. Aber trotz aller Bemühungen klang ihm immer wieder die dünne Stimme im Ohr: Papa, ich hab Angst …
Unzählige Male hatte er sich die Aufnahme angehört. Der Anrufer sprach hervorragendes Englisch, war aber mit absoluter Sicherheit Russe.
Riku versuchte, möglichst lautlos im Unterholz voranzukommen, bis er plötzlich stehen blieb, weil sein Blick auf eine hohe, bemooste Mauer fiel. Sie war stellenweise eingebrochen und mit Maschendraht geflickt worden, welcher wiederum verrostet und an mehreren Stellen gerissen war, sodass es keinerlei Mühe bereiten würde, auf die andere Seite zu kommen. Nicht weit entfernt konnte Riku das Zufahrtstor an der Straße erkennen.
Lauschend näherte er sich der Mauer. Etwa fünfzig Meter von der Einfahrt entfernt fehlte der Maschendraht in einer Mauerlücke fast vollständig. Vorsichtig schlüpfte Riku hindurchund schlich auf dem großen Grundstück dahinter im hohen Gras weiter.
Das Gelände war verwildert, und die Sträucher wucherten.
Weitere Kostenlose Bücher