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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Einweihungstag des Kraftwerks war es drückend heiß gewesen, jetzt baute sich im Osten eine Gewitterfront auf. Die ersten Windböen brachten bereits die hohen Laubbäume am Ufer zum Rauschen.
    Richter ärgerte sich über den Zigarettenqualm, der ihm in die Nase stieg, obwohl er Anton zum Rauchen aufs Achterdeck geschickt hatte. Anton war ein ehemaliger Hauptmann des KGB und einer der Vertrauensleute, die Feliks seit Jahren einsetzte.
    »Hoffentlich kommt der Sturm nicht so schnell«, sagte Anton, als er wieder an seinen Platz zurückkehrte. Er trug grüneTarnhosen, unter denen er, wie Richter wusste, stets ein Stilett mit Tape am Unterschenkel befestigt hatte.
    »Wir müssen vorher handeln«, erwiderte Richter.
    Wieder betrachtete er den massiven Reaktorsicherheitsbehälter mit dem Fernglas. Er kannte sich gut mit der Technik von Atomkraftwerken aus, vor allem mit den Sicherheitsvorrichtungen und den Notfallsystemen. Und er wusste, wie fehlerhaft sie sein konnten.
    Richter kannte Männer von russischen und deutschen Sondereinheiten, die extra dafür ausgebildet waren, Atomkraftwerke zu zerstören. Es war bedeutungslos, die technische Sicherheit der Meiler zu loben, solange es auf der Welt Menschen und Geräte gab, mit denen man jedes Kernkraftwerk zerstören konnte, wenn man nur wollte. Das Gleiche galt auch für eine andere komplizierte und gefahrenanfällige technische Errungenschaft, für das Flugzeug. Auch da konnte eine Kette von Defekten und Fehlern bisweilen zu einem Absturz führen, auch wenn alle Systeme zuvor mehrfach überprüft worden waren. Und wenn jemand es darauf anlegte, ein Flugzeug abstürzen zu lassen, waren die Sicherheitssysteme bedeutungslos.
    Richter legte das Fernglas aus der Hand und sah auf die Uhr.
    »Es muss jetzt passieren«, erklärte Anton.
    Glaubte er wirklich, dass Richter zögerte? Ohne ein Wort zu erwidern, stand der Deutsche auf und ging in die Kajüte, wo ein spritzwassergeschützter Computer stand. In der Tasche, die an der Wand lehnte, befand sich ein gleichartiges Ersatzgerät. Auf dem Bildschirm leuchtete die Signalstärkeanzeige, sie zeigte ein vierzig Prozent stärkeres Signal an, als sie mindestens brauchten.
    Alles war in bester Ordnung, das System war einsatzbereit.
    Richter starrte auf die Enter-Taste. Er wusste, was es bedeutete, wenn er sie drückte.
    Als er eine Stimme hinter sich hörte, schrak er zusammen.
    »Worauf wartest du noch?«, fragte Anton ernst, er klang beinahe drohend.
    Gereizt hob Richter den Finger, hielt ihn trotzig eine Weile in der Luft und drückte dann entschlossen auf die Taste.
    Auf dem Bildschirm erschien ein Symbol, das die Aktivierung des Senders, der im Reaktor Olkiluoto 3 versteckt war, mitteilte. In dem Meiler gab es zwei voneinander unabhängige Sicherheitssysteme, die unterschiedliche Technologien verwendeten und nicht miteinander verbunden waren. Außerdem durfte natürlich auch das Steuersystem des Reaktors keine Signale in den Sicherheitssystemen auslösen.
    Der von Richter aktivierte Sender erzeugte nun genau solche unerwünschten Funksignale. Sie beschädigten das System zwar in keiner Weise, verursachten aber einen Störfall.
    Dieser würde die Finnen allerdings nicht überraschen. Leider. OL 3 war die erste Probeversion des kompliziertesten Kernreaktors der Welt. Bei diesem Prototyp waren sämtliche elektronischen Steuer- und Sicherheitssysteme automatisiert. Dies war in den Verkaufsgesprächen seinerzeit als großer Fortschritt gepriesen worden, hatte sich jedoch in der Realisierungsphase als reines Planspiel entpuppt. Deswegen war es zu Verzögerungen gekommen, und der Druck war gestiegen. Aber man hatte die Probleme vor der Öffentlichkeit verheimlicht, bis schließlich die Leitung der Finnischen Strahlenschutzbehörde laut die Wahrheit aussprach, die sie als Aufsichtsbehörde nicht mehr verschweigen konnte: Den Mitarbeitern von Areva mangelte es an fachlicher Kompetenz, um die Probleme mit dem Automationssystem beheben zu können, und nicht einmal offensichtliche Planungsfehler waren korrigiert worden. Am Ende bekam man die Technik dann doch in den Griff, doch der Glaube an die Zuverlässigkeit des Automationssystems war erschüttert.
    »Fahren wir«, sagte Richter zu Anton, der daraufhin unverzüglich das Boot wendete.
    Richter starrte aus dem Kajütenfenster auf Olkiluoto. Einen Störfall zu verursachen war der erste Teil ihres zweistufigen Plans, und Richter konnte es nicht verhindern, dass ihm ein unangenehmer Schauer

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