Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
»Rechtsaufsicht« alte, bereits zu den Akten gelegte Vorwürfe erneut ausgegraben und zerpflückt. Damit erlahmte die Arbeit der Drogenpolizei. Riku war überzeugt, dass dies die Absicht gewesen war.
»In welchem Fall soll Reini denn in Kotka ermitteln?«, fragte er.
»Keine Ahnung.«
Die Sache beunruhigte Riku. Sein wichtigster und geheimster Informant wohnte in Kotka. Hoffentlich war Sergej jetzt gerade nicht an etwas Besonderem dran.
Mira war die Einzige, die etwas von Rikus Informationsquelle wusste. Sie war Sergej zufällig im Zusammenhang mit einer anderen Drogenermittlung auf die Spur gekommen, hatte jedoch nie herausgefunden, wie er hieß oder wo genau er sich aufhielt. Es hatte Riku viel Mühe gekostet, Mira davon zu überzeugen, dass seine Informationsquelle bei der Gerichtsverhandlung nicht preisgegeben werden durfte. Immerhin hatte er von ihr verlangt, sich des gleichen Dienstvergehens schuldigzu machen, dessen er angeklagt war. Aber schlussendlich hatte Mira nichts verraten, und Riku war um eine Verurteilung herumgekommen.
»Ich habe Reini letzte Woche bei der Finesto-Sitzung gesehen, und da hat er nichts von Kotka gesagt«, murmelte Riku. Finesto war der Name des finnisch-estnischen Polizeikoordinationsteams, dem Reini und Riku angehörten.
»Wir haben ihm auch nichts von Kannelmäki erzählt.«
Riku schwieg und überlegte, ob er Sergej warnen sollte. Mithilfe der Tipps, die er von dem Russen erhalten hatte, war es ihm gelungen, mehrere Festnahmen durchzuführen, zuletzt eben in Kannelmäki. Und jetzt war womöglich ein konkurrierender Drogenpolizist an Sergej dran. Riku wusste nur zu gut, wie brisant Informantenbeziehungen auch innerhalb der eigenen Behörde sein konnten. Er hatte die Kontaktdaten seines Informanten daher auch nicht zur Aufbewahrung in den Tresor der KRP gegeben, weil der jederzeit vom Staatsanwalt durchsucht werden konnte.
Plötzlich stand Markku Jalava in der Tür. »Ist in Kannelmäki alles problemlos verlaufen?«, fragte er seine Frau.
»Wir hatten den Überraschungsvorteil auf unserer Seite.«
»Wegen dem Fall Dobrina wird es heute spät werden. Die Pressekonferenz findet schon am Abend statt.«
Jalava ging und hinterließ den Duft seines teuren Rasierwassers.
Mira sah Riku ernst an, sagte jedoch kein Wort. Riku schloss die Tür.
»Was hatte deine SMS zu bedeuten?«, flüsterte er. »Glaubst du, Markku ahnt etwas?«
»Ja … Er ist plötzlich so wahnsinnig misstrauisch …«
Riku war auf einmal unbehaglich zumute, er spürte, wie er nervös wurde.Innenministerin Sirkka Timonen spähte angespannt durch den Türspalt ins Auditorium, wo sich zahlreiche Journalisten versammelt hatten, obwohl die Pressekonferenz ganz kurzfristig anberaumt worden war. Der Mord an einer der bekanntesten russischen Dissidentinnen in einer Wohnung in Helsinki würde weltweit zur Hauptnachricht avancieren.
Polizeipräsident Heikki Mäenpää und der Dezernatsleiter der KRP, Oberkommissar Markku Jalava, unterhielten sich einige Meter entfernt leise miteinander, bis der Polizeipräsident an die Ministerin herantrat und flüsterte: »Laut einer Zeugin hat die Dobrina am Mordabend gesagt, sie verfüge über brisante Informationen, die mit Finnland zu tun hätten. Unter anderem hat sie behauptet zu wissen, wer aus Koivistos Umfeld Informationen an Moskau verraten hat.«
Ministerin Timonen sah den Polizeipräsidenten argwöhnisch an. »Und das soll etwas mit dem Mord zu tun haben?«
»Natürlich nicht, aber wenn diese Information an die Öffentlichkeit kommt, kann sie haarsträubende Spekulationen auslösen.«
»Hoffentlich weiß diese Zeugin den Mund zu halten.«
»Von Elina Aro wird ein Buch über die Zeit der Finnlandisierung erscheinen. Laut Vorabinformationen des Verlags enthält es neue Enthüllungen und wird viel Aufsehen erregen.«
»Keine Sorge, ich komme schon klar«, sagte Elina am Telefon zu ihrem deutschen Freund. Es war kurz vor Mitternacht.
»Ich nehme die Morgenmaschine«, erklärte Sebastian in Berlin.
»Nein, glaub mir …«
»Das Ticket habe ich schon. Ich wollte sowieso kommen.«
Elina lächelte erstaunt. »Wieso denn das? Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Es sollte eine Überraschung sein. Air Berlin, Ankunft 11.55 Uhr. Aber erzähl mir genauer, was …«
»Wir reden morgen weiter, ich hab jetzt nicht die Kraft dazu. Ich bin bei meinem Vater, und alles ist gut, vor allem jetzt, da ich weiß, dass du herkommst. Tschüss, mein Schatz.«
Elina atmete tief
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