Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Finnland untersucht.«
»Ich glaube nicht, dass dies hier von Bedeutung ist. Wie weit sind Sie mit Ihrer Arbeit?«
»Beim Verlag liegt bereits ein Exemplar des Manuskripts, aber ich werde es noch ergänzen. Das Buch kommt im November heraus.«
»Hat Ihnen Frau Dobrina etwas über den KGB oder die Stasi erzählt, das Sie in Ihr Buch aufnehmen wollen?«
»Nein. Aber je länger ich über das, was Vera erzählt hat, nachdenke, desto mehr habe ich das Gefühl, dass der Schlüssel zu allem in den Rosenholz-Dateien zu finden ist. Sie könnten etwas wesentlich Brisanteres enthalten als das, was man bisjetzt aus ihnen entnommen hat. Oder entnehmen wollte … Irgendwie scheint es mir näherliegend, an eine politische Tat zu glauben.«
»In der Kriminalermittlung muss man Fakten und Spekulationen auseinanderhalten«, erwiderte Riku. »Überlassen wir das Politisieren den Politikern.«
10
Andrej Nowikow saß in seinem angemieteten Apartment im Helsinkier Stadtteil Mellunkylä auf der Couch und starrte auf den Laptop. Der Brand hatte schweren Sachschaden angerichtet, aber von Opfern war in den Meldungen bislang nicht die Rede. Vielleicht waren die Aufräumarbeiten noch nicht so weit fortgeschritten und die Leichen im Keller noch nicht gefunden. Oder aber die Polizei verschwieg die Opfer, weil ein Zusammenhang mit dem Mord an der Dobrina bestand.
Es klingelte.
Nowikow ging an die Tür, drückte die Waffe dagegen und sah durch den Spion.
Feliks.
Er ließ den sorgfältig gekleideten, etwa sechzigjährigen drahtigen Mann mit den stahlgrauen Haaren und der teuren Hornbrille in die Wohnung. Feliks Grischanow war nicht sein richtiger Name, aber Nowikow war es gewohnt, ihn so zu nennen.
»Der Fall ist erledigt«, sagte Nowikow.
»Ach ja?«
Der ironische Unterton des Besuchers ließ Nowikow unruhig werden. Er sah zu, wie Feliks zu seinem Computer ging, ein E-Mail-Programm öffnete und sich einloggte. Grischanows Hände waren gebräunt, die Nägel gepflegt, und den Mittelfinger zierte ein außergewöhnlicher Ring.
»Die Lieferung ist in Kotka«, erklärte Feliks zufrieden und leitete die entsprechende Nachricht an jemanden weiter. Nowikowhätte gern gewusst, an wen, aber für derartige Informationen war er ein viel zu kleiner Fisch.
Sobald Feliks den Laptop zugeklappt hatte, verschwand das zufriedene Lächeln von seinem Gesicht. »Leider täuschst du dich«, sagte er mit einer Stimme, von der Nowikow eine Gänsehaut bekam. »Du hast den Fall nicht erledigt. Der Vater liegt auf der Intensivstation, die Tochter ist unbeschadet davongekommen.«
»Woher weißt du das?«
»Du hast zweimal versagt, Andrej.«
Nowikow spürte, wie seine Kehle trocken wurde. »Es ist lange her, dass ich …«
»Seinerzeit hatte ich dir vertraut«, unterbrach ihn Feliks. »Deshalb habe ich es auch jetzt getan. Zum Glück hast du wenigstens den Trottel von der Polizei, der den Aufpasser spielen sollte, am Leben gelassen. Eine Hetzjagd wegen eines Polizistenmordes hätte uns gerade noch gefehlt.«
»Du kannst dich immer noch auf mich verlassen.«
»Verstehst du nicht, wie ernst diese Angelegenheit ist? Die Frau ist im Krankenhaus Jorvi. Das ist deine letzte Chance. Fahr sofort hin, aber gib mir vorher den Computer von der Dobrina.«
Riku war auf dem Weg zum Außenministerium im Stadtteil Katajanokka, um dort mit Vertretern der Sicherheitspolizei und des Ministeriums über den Ermittlungsbericht im Fall Dobrina zu sprechen, der den russischen Behörden geschickt werden sollte. Unterwegs telefonierte er mit Antti Paasio, dem Verleger von Elina Aro.
»Hat das irgendetwas mit dem Mord an Vera Dobrina zu tun?«, fragte Paasio.
»Wir ermitteln lediglich in jede denkbare Richtung«, erwiderte Riku ausweichend. »Das Buchmanuskript ist also bei Ihnen?«
»Die aktuelle Version liegt bei mir im Tresor. Frau Aro hat natürlich eine noch aktuellere. Es handelt sich um die gründlichste Analyse, die je über die Zeit der Finnlandisierung vorgenommen worden ist.«
»Sind Sie in ein, zwei Stunden in Ihrem Büro? Dann würde ich kurz vorbeikommen.«
»Ja, ich bin hier. Aber ohne die Erlaubnis der Autorin kann ich Ihnen das Manuskript natürlich nicht zeigen …«
»Ich will nur mit Ihnen reden.«
Nach dem Mordversuch an Elina Aro mussten sie nun alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Riku hatte seine Kontaktleute bei der russischen Kriminalpolizei angerufen und genau das erfahren, was er schon wusste: Frau Dobrina hatte in ihren Artikeln die miteinander
Weitere Kostenlose Bücher