Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Variante halten«, sagte Vatanen trocken, die Hand am Türgriff. »Aber es wäre natürlich in jedem Fall interessant zu wissen, womit sich Frau Aro in ihrem Buch beschäftigt. Könntest du uns das Manuskript zukommen lassen, wenn du es dir beschafft hast?«
Riku ärgerte sich über den Tonfall, der nicht nach einer Bitte, sondern nach einem Befehl klang. Holt es euch doch selbst, wenn es euch interessiert, dachte er und sah seinem Besuch bei dem Verleger mit noch größerem Interesse entgegen.
»Der Wagen scheint sich prima für einen Polizisten zu eignen, der nicht auffallen will«, scherzte Vatanen beim Aussteigen.
Riku winkte einem kleinen Jungen zu, der interessiert das Coupé betrachtete. Er mochte gar nicht erst darüber nachdenken, was das für eine Gesellschaft war, für die er sich in seiner Arbeit einsetzte. Auf der einen Seite versuchte man, Drogenpolizisten, die Erfolge vorzuweisen hatten, auszubremsen, und auf der anderen Seite schützte man Landesverräter, die hohe Ämter innehatten, mit allen Mitteln.
Sie näherten sich dem Verlag, der seinen Sitz in der Kalevankatu hatte. Sebastian saß am Steuer des Golfs, den er am Flughafen gemietet hatte, Elina auf dem Beifahrersitz. Sie hatte den Verleger angerufen, um sich zu versichern, dass er im Haus war.
Während der Fahrt hatte Sebastian sie bis in die kleinsten Details über die Ereignisse ausgefragt. Elina fühlte sich am Schicksal ihres Vaters schuldig, obwohl Sebastian sie vom Gegenteil zu überzeugen versuchte Es sei doch ihr Verdienst gewesen, dass ihr Vater auf beinahe wundersame Weise gerettet worden sei. Sebastian hatte seine Mutter bei einem Autounfall verloren, als er neun Jahre alt gewesen war, das hatte er Elina schon bei ihrer ersten Verabredung anvertraut. Sebastian redete noch immer nicht oft darüber, auch nicht mit Elina, obwohl sie ungefähr im gleichen Alter gewesen war, als sie ihre Mutter bei einem Verkehrsunfall, verursacht durch einen betrunkenen Autofahrer, verloren hatte.
Elina deutete nach rechts vor sich. »Das alte Haus dort. Halt irgendwo an, ich geh schnell rein.«
In der schmalen Straße mit den kleinen Boutiquen, Bars und Einrichtungsläden gab es nur wenige Parkplätze. Sebastian hielt vor einer Einfahrt, und Elina sprang aus dem Wagen. Sie trat durch die massive Eingangstür ins Treppenhaus und eilte in den ersten Stock hinauf, wo die Verlagsgesellschaft Dynamo ihren Sitz hatte.
Als sie im Büro ihres Verlegers stand, vergeudete sie keineZeit. »Ich brauche den Umschlag, den ich dir zur Aufbewahrung im Tresor gegeben habe«, erklärte sie knapp.
»Elina, wir müssen reden …«
»Nicht jetzt. Wärst du so freundlich und würdest mir den Umschlag geben?«
Der Mann mit der schwarzen Retro-Brille ging zum Tresor, öffnete die schwere Tür und nahm ein braunes Kuvert heraus.
»Was ist los? Du siehst erschöpft aus. Ist etwas passiert? Ein Polizist hat sich nach dir und deinem Buch erkundigt.«
»Wer?«
»Ich glaube, sein Name war Tanner. Er hat gesagt, er käme vielleicht heute noch vorbei.«
Ohne etwas zu erwidern, schob Elina das Kuvert in eine Plastiktüte, dann verließ sie das Büro, lief die Treppe hinunter und eilte zu dem Golf am Straßenrand.
»Und jetzt zurück zum Krankenhaus«, sagte sie, als sie wieder neben Sebastian saß. »Der Polizist kriegt Zustände, wenn er merkt, dass ich weg bin.«
Sebastian schwieg.
Elina sah ihn erstaunt an. Sein Gesicht war bleich, seine Miene wie versteinert.
Im selben Moment registrierte Elina etwas auf der Rückbank, sie spürte es mehr, als dass sie es sah oder hörte. Rasch drehte sie sich um und erblickte einen geduckt dasitzenden Mann mit einer Waffe in der Hand.
»Ruhig bleiben!«, befahl der Mann auf Finnisch mit deutlichem russischem Akzent.
Elina stockte der Atem. Der Mann kam ihr bekannt vor. Es war Veras Mörder.
»Gib mir die Tüte«, sagte er.
Elina saß wie erstarrt da.
»Gib sie her!«, herrschte er sie an und streckte sich nach der Plastiktüte auf Elinas Schoß.
13
Riku suchte in der Kalevankatu, wo sich Elina Aros Verlag befand, nach einem Parkplatz. Das Gespräch mit Vatanen hatte sein Interesse für das Manuskript noch mehr gesteigert.
Vor ihm standen zwei Autos nebeneinander. Aus dem VW Golf, der am Straßenrand geparkt war, wurde eine Plastiktüte in den weinroten Volvo gereicht, der in zweiter Reihe stand.
Eine Frau versuchte, aus dem Golf auszusteigen, aber sie wurde wieder in den Wagen gezogen, und die Tür schloss sich.
Riku
Weitere Kostenlose Bücher