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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es sein, schon wegen Oliver. Was sagst du nun?«
    »Man wird das Testament anfechten, das weißt du. Und daß man damit durchkommen wird, dürfte dir auch klar sein. Und das führt auch schon zu meinem Vorschlag. Dir droht Mittellosigkeit. Willst du deshalb nicht mit mir kommen?«
    »Mit dir? Wohin?«
    »Nach Südfrankreich. Frankreich gehört zur EG. Ich kann mich als Arzt auch dort niederlassen, als Modearzt in einem kleinen Mittelmeerbad. So etwas kann eine Goldgrube werden. Wir können in einer Woche fahren.«
    Er wartete auf ihre Antwort. Auf seine Krücken gestützt, suchte er im Gesicht Veronikas eine Reaktion. Aber dieses Gesicht war eine Maske aus Puder und Schminke, nachgezogenen Augenbrauen und schwachem, blaugrünem Lidschatten.
    Für Veronika war der Vorschlag Dr. Pillnitz' nicht mehr als ein Witz. Es ist absurd, an so etwas überhaupt zu denken, sagte sie sich. Was soll ich mit einem Krüppel am Mittelmeer? Soll ich die aufopfernde Pflegerin spielen? Soll ich ihn im Rollstuhl am Strand herumfahren und abends ins Bett legen wie einen Säugling? Und dann am Bettrand sitzen und ihm vorlesen? Erst die Zeitung, dann ein Buch, womöglich noch über Archäologie, die er, wie er sagt, so liebt? Und inzwischen rauscht das Leben draußen vorbei, man wird alt, runzelig und müde und trauert jeder Stunde nach, die ungenutzt geblieben ist.
    »Das ist doch Blödsinn«, sagte sie laut.
    Dr. Pillnitz zuckte zusammen. Es war wie ein Schlag ins Gesicht für ihn.
    »Es ist deine einzige Chance. Wenn du nämlich jemals in den letzten Tagen mit dem Gedanken gespielt hast, doch hier zu bleiben: Es ist unmöglich!«
    »Wenn ich gehe, vergrabe ich mich nicht mit einem Krüppel, sondern suche das Leben.«
    Dr. Pillnitz drückte sich auf seinen Krücken hoch. Leicht vornüber gebeugt schwankte er und starrte Veronika aus plötzlich erloschenen und gerade deshalb so gefährlichen Augen an.
    »Sag das noch einmal …« Seine Stimme war fast unhörbar. Veronika wich zum Balkon zurück.
    »Ich schreie«, drohte sie wieder.
    »Wer kümmert sich in diesem Hause noch darum, ob du schreist?«
    »Die anderen nicht mehr, das stimmt – aber mein Mann!«
    Dr. Pillnitz besann sich. Es lag nicht in seinem Interesse, Ludwig Sassen auf den Plan zu rufen. Als Dr. Sassen damals Veronika heiratete, war ihm das sogar als vernünftige Lösung erschienen. Er war seinerzeit noch ein kleiner Zechenarzt mit einem läppischen Anfangsgehalt gewesen und hatte eingesehen, daß er eine Frau wie Veronika auf die Dauer nicht unterhalten konnte. Aber sie hatten sich ein Versprechen gegeben. »Was ich bin, hast du aus mir gemacht, Bernd«, hatte Veronika damals gesagt. »Ich werde dir das nie vergessen. Du weißt, daß ich diesen Sassen nicht liebe, aber er ist die größte Chance meines Lebens. Geliebt habe ich nur einen einzigen Mann, und das warst du. Wir wollen das nie vergessen.«
    Was war daraus geworden?
    Sie hatte sich in das Leben der Dame von Welt schnell eingelebt. Das bereitete ihr keinerlei Schwierigkeiten, denn die Gabe des großen Auftritts brachte sie mit. Sie lernte die Macht und den Rausch des Geldes kennen und gliederte sich ein in die Reihe der bornierten Geldaristokratie, die verächtlich auf jene hinabsieht, die arm geblieben sind. Armut wirkt in dieser Gesellschaft wie Aussatz. Man unterhielt sich nicht darüber, daß auch in Deutschland noch Tausende in Wohnwagen und Baracken am Rande der Städte hausen, so sehr im Schatten des Wirtschaftswunders, daß man sie überhaupt nicht sähe, brächte nicht ab und zu eine Zeitung oder Illustrierte Berichte und Bilder von ihrem armseligen Leben. Nein, man interessierte sich dafür, wo man den Kaviar am besten kauft, mittelgroßes Korn, silbergrau, leicht angesalzen; wie man einen Sportwagen ausfahren kann (o, diese verstopften Straßen und Autobahnen, und alle diese kleinen Kutschen der armen Leute. Sie blockieren doch nur den Verkehr!), wie die neue Reitmode ist und ob man sich für die nächste Fuchsjagd nicht doch einen neuen roten Reiterfrack machen lassen soll, ganz exklusiv, mit echten Goldstücken als Knöpfen. Das gäbe eine neue Kreation, von der man spricht.
    Und dann die Jagdessen! O, meine Liebe, Beste, Gute, der Graf Rupprecht macht einen Rehpfeffer, der brennt nach einer Stunde noch im Hals. Und dieser Skandal von der Baronin Lyndeck! Noch nicht gehört? Hat ein Verhältnis mit ihrem Chauffeur. Ein wundervoller Grieche soll es sein. Typisch Baronin Lyndeck … hat ja auch das

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