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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stimme, die nichts Gutes verhieß. »Auf den freue ich mich geradezu. Dem werde ich das Nötige erzählen. Wann, denkst du, kommt er?«
    »Spätestens übermorgen.«
    Es war sogar noch eher der Fall.
    Direktor Dr. Sassen nahm bereits den ersten Frühzug, überließ seinem Sohne Fritz alle Verhandlungen in Düsseldorf und verzichtete auch auf die bequeme Autofahrt, weil der Chauffeur, der nichts anderes wußte, als daß er bis 10 Uhr vormittags dienstfrei hatte, nicht aufzufinden war.
    Ludwig Sassen brachte eine ganz wahnsinnige Idee mit nach Buschhausen. Er wollte seine Tochter von der Familie Holtmann loskaufen. Und wenn es ein Vermögen kostete.
    Wie wenig kannte er die Holtmanns.
    An diesem Abend wurde Dr. Waltraud Born telefonisch in die Villa Sassen gebeten. Veronika rief selbst an und sagte: »Liebe Waltraud, so darf ich dich ja nun nennen als deine zukünftige Schwiegermutter, kannst du schnell mal vorbeikommen? Nicht privat, sondern beruflich. Bring deine Medizintasche mit. Es handelt sich um ein Furunkel.«
    Waltraud Born war zwar überrascht, gerade von Veronika Sassen gerufen zu werden, ließ sich aber nichts anmerken und antwortete: »Ich komme. Wo sitzt denn der Furunkel?«
    »Im Nacken.«
    »Ist er reif?«
    »Ich glaube ja.«
    »Dann wäre es besser, wenn wir ihn aufmachen. Gut, ich bringe alles mit. Hast du starke Schmerzen?«
    »Ja.«
    Zwanzig Minuten später stand Waltraud Born in der Halle der Sassen-Villa und wurde von Veronika begrüßt. Sie machte einen frischen, durchaus nicht kranken oder schmerzgeplagten Eindruck, und auch die Kopfhaltung ließ nicht erkennen, daß sie einen großen reifen Furunkel im Nacken hatte. Waltraud sah Veronika erstaunt an und winkte ihr, sich umzudrehen.
    »Laß mal sehen«, sagte sie dabei, »was das für ein Ding ist.«
    Veronika lachte und zeigte nicht die geringste Verlegenheit, als sie antwortete: »Nicht bei mir. Am Telefon wollte ich dir das nicht sagen.«
    »Oliver? der Arme …«
    »Komm mit!« Sie gingen durch die Halle und Veronika öffnete die Tür zum Park. Ehe sie hinaustraten in den dunklen Garten, hielt Veronika plötzlich mit ernster Miene Waltraud am Arm fest. »Du unterliegst doch ärztlicher Schweigepflicht?« sagte sie.
    »Natürlich.«
    »Unter allen Umständen?«
    »Was soll das?« antwortete Waltraud, die einen unbestimmten Verdacht faßte. »Wohin gehen wir?«
    Veronika zog sie mit sich fort. »Komm mit!« sagte sie noch einmal.
    Sie gingen über die große Wiese, durchquerten den Obstgarten und kamen in den wilden, ungepflegten Teil des Parks, zu den hohen Beerensträuchern, den Komposthaufen, der alten, verfallenden Gerätehütte. Und plötzlich, noch ehe sie den Stall erreicht oder an der Mauer entlang die stachligen Büsche umgangen hatten, wußte Waltraud Born, wer den Furunkel hatte und wohin sie geführt wurde. Sie blieb abrupt stehen und drückte die Arzttasche an ihre Brust.
    »Du bist furchtbar, Veronika!« stieß sie hervor.
    »Komm!«
    »Nein!«
    Veronika hielt sie eisern am Arm fest. »Ich dachte, du bist Ärztin«, sagte sie leise, aber mit einer schneidenden Schärfe. »Ich denke, der Eid des Hippokrates bindet dich, jedem zu helfen, der deine ärztliche Hilfe braucht, auch einem Gejagten. Cabanazzi hat einen faustgroßen Furunkel im Nacken, und wenn ihm nicht geholfen wird, kann er eine Blutvergiftung bekommen. Gestorben infolge unterlassener ärztlicher Hilfeleistung, werde ich dann sagen können …«
    »Du ziehst mich wieder in deinen Schmutz hinein!«
    »Du bist Ärztin! Ich habe dich als Ärztin gerufen – Schluß jetzt! Hier ist weder der Ort noch die Zeit, Moralpredigten zu halten. Wenn es dich erleichtert, kannst du mir morgen Vorhaltungen machen – aber nicht jetzt! Was jetzt zu tun ist, weißt du ganz genau. Also mach schon!«
    Waltraud Born nickte zähneknirschend. »Dich muß die Hölle geboren haben!«
    Sie traten in die verfallene Hütte. Im Hintergrund, neben einer abgeschirmten Petroleumlampe, hockte Cabanazzi auf einem alten Sofa, hatte den Kopf auf den Tisch gelegt und stöhnte leise. In seinem Nacken glühte ein großer Furunkel. Er mußte fürchterliche Schmerzen haben, denn er hörte nicht, daß jemand in den Schuppen kam. Er stöhnte nur, hatte den Mund auf seinen Unterarm gepreßt und stöhnte und stöhnte.
    »Sieh dir das an!« sagte Veronika, und Waltraud war nur noch Ärztin. Sie trat auf Cabanazzi zu und beugte sich über dessen Nacken.

17
    Jetzt erst schien Cabanazzi zu bemerken, daß ein Fremder

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