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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ich fahre mit ihm.«
    »Das verbiete ich dir!«
    »Das hast du schon einmal versucht, Vater, und es war vergebens. Darf ich dich daran erinnern?«
    Dr. Sassen stellte sich ihr in den Weg, aber Sabine ging um ihn herum und verließ, wie angekündigt, den Raum. Sie verließ zum zweiten Mal ihre Familie.
    Im Zug nach Gelsenkirchen sagte Kurt zu ihr: »Das war eine Falle, glaub mir, ich kann dir nichts anderes sagen.«
    »Ich verstehe nicht, daß ich je daran zweifeln konnte, Liebling«, antwortete Sabine.
    Sie legten ihre Köpfe aneinander, Wange an Wange. Eine Weile schwiegen sie glücklich.
    »Es wird schwer werden, Bienchen«, sagte Holtmann dann und küßte sie aufs Ohr. »Wir werden ganz allein sein.«
    »Hast du Angst, daß wir uns nicht durchbeißen könnten?«
    »Nein, aber es wird ein anderes Leben für dich sein als bisher. Ich bin nur ein Püttmann.«
    »Ich werde auch eine Stellung annehmen. Ich habe Französisch und Englisch gelernt. Es wird reichen, um auf eigenen Beinen zu stehen.«
    »Auf wackeligen Beinen, Bienchen.«
    »Na und? Das Wichtigste ist, daß wir uns gegenseitig lieben und einander stützen.«
    Er legte den Arm um ihre Schulter, und so umschlungen sahen sie durchs Fenster hinaus in die Nacht.
    Die ersten Fördertürme tauchten aus der Dunkelheit auf. Flammen und eine glutende, feuerspritzende Woge ergossen sich in Kaskaden neben der Bahnstrecke aus einem dunklen Gebäudeklotz. Eine Kokerei.
    Sie näherten sich der Heimat. Dem Herzen Deutschlands, dem Ruhrgebiet.
    Dr. Pillnitz war sehr erstaunt, als ein gemütlich aussehender Herr nach kurzem Klingeln in seine Wohnung trat und sich mit einer Verbeugung vorstellte:
    »Enrico Pedronelli.«
    »Pillnitz. Bitte, treten Sie näher. Doch bevor Sie anfangen, mir Ihr Leiden zu schildern oder sich auszuziehen, muß ich Ihnen sagen, daß ich nicht praktiziere, sondern Zechenarzt bin und nur die Kumpel auf Emma II betreue. Ich habe keine freie Praxis.«
    »Darum handelt es sich auch nicht, dottore.« Pedronelli setzte sich auf einen alten Stuhl und legte seinen Hut mangels einer anderen Ablage auf den Fußboden. »Ich bin gekommen, um Sie zu beglückwünschen.«
    »Beglückwünschen? Mich?« Dr. Pillnitz blickte seinen Besucher zweifelnd an. Wie ein Verrückter sieht er eigentlich nicht aus, dachte er. Aber einer, der kommt, einen Krüppel zu beglückwünschen, hat nicht alle Tassen im Schrank.
    »Ja, dottore. Nachträglich. Sie haben Glück, noch am Leben zu sein.«
    »Ach!« Dr. Pillnitz humpelte zu seinem Schreibtisch, öffnete die rechte Tür und holte eine Flasche Whisky und zwei Gläser heraus. Was weiß der von Veronika, fragte er sich. Aber es handelt sich gar nicht um Veronika.
    »Danke, dottore. Whisky? Für einen Sizilianer?« Pedronelli winkte ab. »Das schmeckt auf unserer Zunge ganz scheußlich.«
    »Einen Marsala habe ich leider nicht hier, signor Pedronelli.«
    »Ich gebe mich mit Sodawasser zufrieden.« Enrico lehnte sich zurück und beobachtete Dr. Pillnitz, wie er sich ein Glas halb voll Whisky schüttete und es in einem Zug leerte.
    »Sie trinken viel, dottore?«
    »Früher nicht. – Erst seit meinem Unfall.«
    »Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, daß Sie getötet werden sollten. Und zwar auf der Fahrt nach Bochum im Krankenwagen. Es hat nur nicht geklappt, weil Cabanazzi nicht so exakt arbeitete, wie er es sonst in solchen Dingen tut.«
    Dr. Pillnitz hob die Augenbrauen und stützte sich schwer auf seine Krücken. »Sagten Sie Cabanazzi?«
    »Ja. Sie haben das damals nicht mitbekommen und auch nicht in der Zeitung gelesen, weil Sie andere Sorgen hatten. Am gleichen Tag, an dem Sie von Gelsenkirchen nach Bochum verlegt wurden, prallte ein anderer Krankenwagen auf einen quer gestellten Lastwagen und zerschellte. Ein Sanitäter war sofort tot. In diesem Krankenwagen, so vermutete Cabanazzi, seien Sie. Uhrzeit, Fahrtroute, alles stimmte. Nur Sie waren nicht in diesem Wagen. Der mysteriöse Unfall ist nie aufgeklärt worden. Nur wir wissen, wer ihn konstruierte, und konnten auch aufhellen, warum er das tat.«
    Dr. Pillnitz atmete schwer. Das war ja ungeheuerlich. Er sagte: »Und Sie sind sicher, daß Cabanazzi das tat?«
    »Ja, dottore. Er wollte Sie beseitigen.«
    »Warum?« Dr. Pillnitz setzte sich, durch seine Beine zog wieder der wahnsinnige Schmerz, den er bis an sein Lebensende behalten würde. »Wurde er angestiftet?«
    »Darüber müssen Sie sich Ihre Gedanken machen, dottore.«
    Pedronelli strich sich mit den Fingern das Kinn.

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