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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nur verraten, daß signora Sassen weiß, wo Cabanazzi ist. Es widerstrebt uns, auch bei Frauen gleich die Mittel der Wahrheitsfindung anzuwenden, die wir bei Männern so erfolgreich einsetzen. Uns liegt daran, den ganzen Fall lautlos zu bereinigen, hinter dem Vorhang gewissermaßen. Schon aus Rücksicht auf unser Gastland. Sie verstehen. Es soll keinerlei Aufsehen erregt werden. Wenn ein Gastarbeiter plötzlich verschwindet, na ja … der Bursche hatte grenzenloses Heimweh und ist auf dem Wege nach Italia. Es ist nicht tragisch.«
    Dr. Pillnitz stützte das Kinn auf seine Krücke und sah seinen Gast sinnend an.
    »Und was soll ich nun dabei, signor Pedronelli?«
    »Uns helfen, dottore. Sie haben Zutritt zum Hause Sassen. Sie werden nun entdecken wollen, wo Cabanazzi ist.«
    »Das habe ich schon auf eigene Faust versucht. Veronika Sassen ist hart wie ein Stein.«
    »Wie Lava, dottore. Trotzdem werden Sie hinter ihm her sein, dottore.«
    »Und wenn ich Ihnen sage, daß er mir egal ist …?«
    »Das glaube ich nicht. Das wäre dumm von Ihnen. Solange nämlich Cabanazzi am Leben ist und – wie soll ich sagen? – mit signora Sassen Beziehungen unterhält, kann sich das wiederholen, was einmal scheiterte. Sie verstehen, dottore? So lange sind Sie Ihres Lebens nicht sicher.«
    Dr. Pillnitz goß sich wieder ein Glas ein und trank es aus, ohne abzusetzen. »Wenn ich Sie richtig verstehe, signor Pedronelli, wollen Sie mich anwerben …«
    »Ja«, lächelte der Sizilianer.
    »Zur Beihilfe bei einem Mord, signor …«
    »Die moralischen Grundlagen der Gesellschaft sind in jedem Land verschieden, signor dottore.« Pedronelli faltete die Hände über dem kleinen Bauch. »Wenn in Deutschland die Geliebte ihren treulos gewordenen Geliebten erschießt, ist das Mord. In Frankreich haben die Richter für so etwas mehr Verständnis und urteilen milder darüber. In Sizilien gelten die Ehrbegriffe der vergangenen Jahrhunderte. Wer sie bricht, ist ein Schädling. Was macht man mit Schädlingen, dottore, mit Heuschrecken, Raupen, Käfern, Wühlmäusen? Man rottet sie aus! Prego … kommt es auf die Größe und die Gattung der Schädlinge an?«
    »So kann man sich auch ein Weltbild aufbauen«, sagte Dr. Pillnitz sarkastisch.
    Er betrachtete seinen Gast und fühlte plötzlich, so groß sein Haß auch war, Mitleid mit Luigi Cabanazzi. Es stand jetzt mit absoluter Sicherheit fest, daß das Leben Cabanazzis nur noch Stunden oder Tage zählte. Es nützte kein Verkriechen mehr, kein Wegrennen, kein Betteln, kein Schrei nach Gnade. Die Unerbittlichkeit des Todes war gekommen, und dieser Tod sah aus wie ein jovialer, gemütlicher Onkel, mit einem Bäuchlein, hellen lachenden Augen und dem Benehmen eines Mannes, den man gerne um sich sieht.
    Dr. Pillnitz stützte sich auf seinen Krücken hoch.
    »Und warum glauben Sie, bin ich der richtige Mann, Handlanger eines Mörders zu sein?«
    Pedronelli lächelte nett. »Weil Sie Luigi sogar selbst ermorden würden, wenn Sie ihn fänden.«
    »Nun gut, aber ich zweifle immer noch, ob ich das richtige Geschick dafür hätte.«
    »Eben. Dafür gibt es Spezialisten. Wir nehmen Ihnen diese Belastung ab … vor allem aber die Möglichkeit, entdeckt und verurteilt zu werden. Was wir machen, ist immer perfekt.« Pedronelli erhob sich und nahm seinen Hut vom Boden auf. »Wir sind uns einig, dottore. Ich wußte, daß ich mit Ihnen offen reden kann, genau wie mit signora Sassen. Wir wissen das immer. Bei Ihnen sahen wir Ihr großes Eigeninteresse; bei der signora, daß sie ein Kind hat. Das schützt uns vor Anzeigen bei der Polizei.«
    Mit diesen deutlichen Worten schied Enrico Pedronelli von Dr. Pillnitz. Sie waren sogar nicht nur deutlich, sondern entsetzlich.
    Kurt Holtmann traf mit einem Taxi aus Gelsenkirchen spät nachts in Buschhausen ein und schellte seine Eltern aus dem Bett. Es dauerte lange, bis der alte Holtmann aus den Federn kroch, sich seinen Bademantel überwarf und zur Haustür schlurfte. Vorher sah er aus dem Fenster und lauschte. Nee, keine Sirene, also kein Alarm. Auf Emma II war nichts passiert. Er ließ die Gardine zurückfallen und strich sich die schlafwirren Haare aus dem Gesicht. Elsi saß aufrecht im Bett und klopfte gegen die runde Scheibe des Weckers.
    »Zwei Uhr, Hans«, sagte sie ängstlich. »Wer kann denn das sein?«
    »Wenn's der Lorenz ist, das versoffene Loch, haue ich ihm 'n Dotz an die Birne«, sagte Hans Holtmann. »Es kann nur der Lorenz

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