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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der heißen Brause stehenden Kurt Holtmann heran und klopfte ihm auf den nackten Rücken.
    »Wennste fertig bist, sollste zur Direktion kommen!« schrie er. Die Brause machte Lärm.
    »Zu wem?« brüllte Kurt Holtmann zurück.
    »Zu Dr. Sassen.«
    Kurt fuhr bei dem Namen herum, verließ den Strahl der Brause, prustete, strich sich die Haare aus dem Gesicht und sah den Reviersteiger entgeistert an.
    »Zu welchem Dr. Sassen?«
    »Zum alten! Was haste denn ausgefressen?«
    »Nichts«, sagte Kurt Holtmann. »Gar nichts.«
    »Der Chef holt doch nur einen von uns, wenn's ne ganz dicke Sache ist.«
    Kurt trocknete sich schnell ab, fuhr in seine Kleider, sah in den Spiegel und rannte los zum Verwaltungsgebäude. Das Sekretariat war bereits informiert. Er durfte in einem Vorzimmer auf einem Ledersessel Platz nehmen und in den Börsenberichten einiger Banken blättern. Dann ging die Tür auf, und Direktor Dr. Sassen stand selbst im Zimmer.
    »Herr Holtmann?« fragte er kurz.
    Kurt sprang auf. »Jawoll, Herr Direktor.«
    »Kommen Sie rein!«
    Kein bitte, kein Lächeln, keine einladende Handbewegung. Nur ein Befehl: Kommen Sie rein!
    Beklommen betrat Kurt Holtmann das Allerheiligste der Zeche Emma II. Wahre Sagen kursierten davon im Betrieb … von Perserteppichen, von wappengezierten Ledersesseln, von Glaskästen mit Orchideen. Jetzt sah er, daß das alles übertrieben war. Die Orchideen waren ein Gummibaum, die Ledersessel waren allerdings vorhanden, die Teppiche waren auch echt, aber keine überwältigenden Exemplare. Überwältigend allein war ein riesiges Gemälde hinter dem Schreibtisch. Es zeigte einen Ausschnitt des Duisburger Hafens.
    Dr. Sassen trat hinter seinen Schreibtisch. Er richtete damit eine unüberbrückbare Schranke zwischen sich und Kurt Holtmann auf. Dann zeigte er wortlos auf einen einzelnen Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand. Setzen Sie sich! hieß das.
    Die Luft war eisig. Kurt Holtmann rang die Beklommenheit in sich nieder.
    Er setzte sich. Wenn es um dich geht, Sabine, dachte er, wird es ein erbitterter Kampf werden.

5
    »Sie wissen, warum ich Sie herbestellt habe?«
    Dr. Sassen betrachtete sein Gegenüber mit den feindseligen Blicken eines Vaters, dessen Tochter auf einen Abweg geraten war und der den Urheber dieser Verirrung nun vor sich hatte. Dr. Sassen hätte gern den Eindruck gewonnen, daß dieser Kurt Holtmann genau der war, den er sich vorgestellt hatte: ein Mitgiftjäger, einer, der mit allen Mitteln nach oben wollte, ein skrupelloser Verführer. Statt dessen gestand er sich – wenn auch widerwillig – ein, daß Kurt Holtmann auf den ersten Blick einen sauberen, anständigen und sympathischen Eindruck machte. Aber nur auf den ersten Blick. Der zweite sagte ihm schon, daß die Augen des jungen Mannes hart und voll Gegenwehr waren und durchaus nicht so, wie man einen Direktor anschaut, der einen kleinen Mann seines Betriebes zu sich bestellt hat.
    Kurt Holtmann schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein.«
    »Was nein?« fragte Dr. Sassen, aus seinen Gedanken gerissen.
    »Ich weiß nicht, was Sie von mir wünschen.«
    »Sie erraten es auch nicht?«
    »Nein«, log Kurt.
    »Ich habe erfahren, daß meine Tochter Sabine –«
    »Das stimmt!« unterbrach Kurt Holtmann kühn. Dr. Sassen hob die Augenbrauen und beugte sich vor.
    » Was stimmt?«
    »Sabine und ich sind befreundet.«
    »Für Ihre Vorbildung haben Sie eine sehr zartfühlende Ausdrucksweise.«
    »Meine Vorbildung war die Mittelschule bis zur 5. Klasse. Dann mußte ich aufhören.«
    »Es reichte nicht, nicht wahr?«
    »Ich muß Sie enttäuschen, Herr Direktor. Mein Vater hatte einen Unfall, außerdem bauten wir. Es war einfach kein Geld mehr da, für die Schulbücher und die Nebenausgaben. Ich mußte mitverdienen. Ich wurde wie mein Vater, mein Großvater und mein Urgroßvater Püttmann.«
    Dr. Sassen lehnte sich wieder zurück. Er ist höflich, dachte er widerstrebend, aber in seiner Höflichkeit steckt eine so impertinente Sicherheit, daß man auf den Tisch schlagen sollte und ihm in eindeutigen Worten erklären müßte: Meine Tochter steht zu hoch über Ihnen, Sie Knecht. Leider war das unmöglich. Man konnte nicht vor der Belegschaft von Sozialismus und Arbeit und Schulter an Schulter sprechen und dann wieder die Ansicht vertreten, ein Püttmann stünde im Vergleich zu einem Bergassessor auf einer niedrigeren Stufe als etwa dessen Reitpferd. Man mußte es anders angehen.
    »Wie stellen Sie sich das alles vor, junger Mann?« begann Dr.

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