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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gucken.«
    »Ich haue dir gleich noch eine runter!« antwortete Sabine und sprang auf. »Du bist genauso hochnäsig wie deine Mutter.«
    »Du, wenn ich das Mami sage …«
    Sabine verstummte. Sie sah keinen Ausweg, Oliver hatte hinter dem Busch gesessen, er hatte alles gesehen und angehört. Er war deshalb ganz einfach am Drücker.
    »Gut. Du bekommst deine zehn Mark«, sagte sie. Oliver klatschte in die Hände.
    »Au fein!«
    »Und du sagst Papa nichts davon?«
    »Großes Ehrenwort, Bienchen.«
    Sabine ging zu ihrem Schreibschrank und nahm aus einer verschlossenen Lackschatulle einen Zehnmark-Schein. Oliver steckte ihn in die Hosentasche und gab seiner Schwester die Hand.
    »Jetzt sind wir Verbündete«, sagte er. »Und das will ich dir noch sagen: Der Kurt ist in Ordnung. Ich hab' nichts gegen ihn.«
    »Das ist aber lieb von dir!« sagte Sabine giftig. »Und nun geh, du Erpresser!«
    Draußen an der Tür stand schon eine ganze Weile Dr. Ludwig Sassen. Nun entfernte er sich schnell. Er hatte Sabine zurückkommen gehört und sie etwas fragen wollen. Was er sodann, vor der Tür stehend, hatte vernehmen müssen, erregte ihn so maßlos, daß ihm das Blut in den Ohren rauschte. Nicht Olivers Erpressung regte ihn aber auf, sondern die Eröffnung, daß Sabine mit dem Sohn des Hauers Holtmann eine Liebschaft hatte, mit einem Kumpel, einem Püttmann. Das schlug dem Faß den Boden aus.
    Dr. Sassen rannte hinunter in seine Bibliothek und warf sich in seinen Ledersessel. Den Diderot war er leid. Auch ein französischer Klassiker war hier nicht in der Lage, zu trösten und Ruhe zu spenden.
    Meine Tochter, dachte Dr. Sassen. Habe ich einundzwanzig Jahre lang alle Liebe und alle Ausbildungsmöglichkeiten in sie investiert, damit sie jetzt die Frau eines Hauers wird? Habe ich denn nicht vermocht, ihr einen Funken Stolz mitzugeben? Hat sie nicht das geringste Gefühl dafür, was sie ihrer Familie schuldig ist?
    Dr. Sassen sprang wieder auf und ging zu seinem Barschrank. Erst nach drei Kognaks wurde er äußerlich ruhiger, aber seine innere Wut wich nicht.
    Morgen, dachte er. Morgen werde ich mir diesen Herrn Kurt Holtmann kommen lassen. Nicht von Mann zu Mann werde ich mit ihm reden, das ist unter meiner Würde. Von Chef zu Arbeiter, diesen Unterschied werde ich ihm zu spüren geben. Und ich werde ihm auch sagen, daß ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln diese Verbindung bekämpfen werde. Mit allen Mitteln. Wenn er einen Funken Einsicht hat, wird er die Konsequenzen ziehen. Andernfalls werde ich ihn zwingen, dies zu tun! Meine Tochter Sabine und ein Püttmann! Demokratie hin, Gleichheit her … im eigenen Haus hören diese Flausen auf!
    Die Tür wurde geöffnet. Oliver hüpfte ins Zimmer. Dr. Sassen sah seinen jüngsten Sohn kritisch an.
    »Was ist, Oliver?«
    »Spielen wir Mensch-ärgere-dich-nicht, Papi?«
    »Nein!« Dr. Sassen stellte das Glas hart auf die Spiegelplatte der Wandbar. »Stör mich nicht!«
    Oliver zog einen Flunsch und verschwand wieder. In der Halle traf er auf Sabine.
    »Dicke Luft, Bienchen«, sagte er. »Vater trinkt Kognak! Wenn Mami nicht bald kommt, gibt's hier wieder 'n Gewitter.«
    Die Operation war beendet. Dr. Pillnitz wurde aus dem OP gefahren und kam in ein Einzelzimmer mit Sauerstoffzelt und Infusionsgerät. Eine Schwester wurde abgestellt, ihn in den nächsten Stunden nicht aus dem Auge zu lassen.
    Die innere Verletzung hatte sich als weniger lebensbedrohend erwiesen, als man befürchtet hatte. Der Eingriff in den Pleuraraum war allerdings dringend notwendig gewesen, denn ohne ihn wäre Dr. Pillnitz mit Sicherheit verblutet.
    Schon beim letzten Schnitt wußte der Oberarzt, daß die Lunge zwar verletzt, aber nicht gerissen war. Eine Rippe war gesplittert, und ein Ende der gebrochenen Rippe hatte sich nach innen gebogen und in die Lunge gespießt. Man entfernte die Rippe, reinigte die Lunge von Knochensplittern und konnte es nun nur noch der Natur überlassen, den Heilungsprozeß zu vollziehen.
    Böser sah es mit dem linken Bein aus. Nicht nur die Kniescheibe war völlig zertrümmert, sondern auch der Oberschenkelhals war gebrochen, und zwar so kompliziert, daß nur ein Silberdrahtgewebe, um die Knochensplitter gelegt, nach langer Liegezeit zur Bildung eines neuen Knochens führen konnte, vorausgesetzt, die Kalkablagerungen waren auch groß genug. Nüchtern gesehen, hatte Dr. Pillnitz sich selbst die vernünftigste Diagnose gestellt: »Sofort amputieren, keine

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