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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann einen manchmal wachrütteln«, sagte er tief aufatmend. »Wir stehen doch eigentlich alle verdammt nahe an einem sich plötzlich öffnenden Loch.«
    Veronika Sassen erwachte mit einem langen Seufzer und sah in das abgeschirmte Licht einer Nachttischlampe. Neben dem Bett saß Dr. Waltraud Born und las in einer Illustrierten. Auf dem Nachttisch lagen ein Spritzenkasten, zwei Tablettenröllchen und eine Tropfflasche.
    Bei der ersten Bewegung Veronikas legte Waltraud Born die Zeitschrift weg und beugte sich über die Kranke. Was wird sie sagen, fragte sie sich. Wird sie mich davonjagen? Sie haßt mich doch. Zwischen uns ist nur noch Feindschaft.
    Veronika Sassen sah Waltraud Born eine lange Zeit stumm und fragend an. Dann suchte ihre Rechte die Hand der jungen Ärztin. Als sich die Finger der beiden fanden, glitt ein mattes Lächeln über Veronikas schmales, schönes Gesicht.
    »Danke«, sagte sie leise.
    »Wofür?«
    »Sie haben Oliver gerettet.«
    »Nein. Ich habe ihm nur zwei Stärkungsinjektionen gegeben. Gerettet haben ihn die Männer – und Gott, wenn Sie daran glauben. Gerettet haben auch Sie ihn. Sie sind rechtzeitig um Hilfe gelaufen.«
    »Wie geht es Oliver?«
    »Gut. Er schläft tief und traumlos. Morgen wird er alles überstanden haben. Ihr Gatte hat Prof. Wallburg für morgen früh hierhergebeten.«
    Veronika Sassen ließ die Hand Waltraud Borns los und starrte an die Decke mit der Seidentapete. Wie ein mattglitzernder Schneehimmel wölbte sich die bespannte Decke über dem großen Zimmer.
    »Weiß mein Mann schon alles?« fragte sie und senkte ihren Blick. Sie schämte sich und war selbst erstaunt über dieses ihr fremde Gefühl.
    »Nein. Was meinen Sie? Er weiß nur, daß Sie die ersten Leute, denen Sie begegnet sind, um Hilfe gebeten haben.«
    »Hat er nicht gefragt, warum ich in der Buschener Heide war?«
    »Nein.«
    »Hat Oliver schon gesprochen?«
    »Nein. Er ist nicht aufgewacht. Er wird bis morgen durchschlafen.«
    »Sie … Sie wissen es, Waltraud?«
    »Ich ahne es.«
    Veronika Sassen faßte wieder nach der Hand Waltrauds. »Was soll ich tun?« fragte sie fast kläglich. »Er wird mich morgen fragen. Er wird alles wissen wollen. Was soll ich denn bloß sagen?«
    »Es bleibt Ihnen nur die Wahrheit übrig.« Waltraud Born sagte es ohne Gehässigkeit, ohne einen Triumph. Es gab keine andere Antwort. »Es ist besser, Sie sagen es selbst, als wenn Ihr Gatte es durch den Mund Olivers erfährt.«
    »Können Sie das nicht verhindern, Doktor?«
    »Nein. Wie denn?«
    Veronika schwieg. Es gab kein Entrinnen mehr. Morgen früh würde Ludwig Sassen seinen Sohn sehen und sprechen wollen, spätestens bei der Ankunft Prof. Wallburgs. Dann war alles verloren, dann war alles vorbei.
    »Sie können verhindern, daß er mich fragt«, sagte sie wieder. »Helfen Sie mir! Sie haben Mittel, die mich allen Verhören entziehen können.«
    »Natürlich. Ich kann Ihnen Megaphen geben und Sie in einen dauernden Dämmerzustand versetzen. Aber was haben Sie davon? In drei oder vier Tagen wachen Sie auf und müssen doch Rede und Antwort stehen. Was nützt Ihnen diese Frist?«
    Veronika Sassen schloß die Augen und spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper lief. Ich habe Angst, dachte sie. Ich habe furchtbare Angst. Noch nie habe ich bei einem Abenteuer alles einsetzen müssen, nie habe ich daran gedacht, daß dies möglich sein könnte. Nun ist es soweit. Nun geht Veronika Sassen zugrunde. Sie geht, um mit meiner Muttersprache zu reden, ganz einfach vor die Hunde.
    »Fräulein Doktor …«
    »Ja?« Waltraud Born beugte sich vor. Veronika hielt die Augen noch immer geschlossen.
    »Bin ich schlecht?«
    »Ja!« antwortete Waltraud Born fest.
    »Warum?«
    »Sie wollten Dr. Pillnitz töten –«
    Veronika riß die Augen auf. Ihr Körper verkrampfte sich, Entsetzen schrie aus ihren Augen.
    »Nein!« stieß sie hervor. »Nein! Das ist nicht wahr! Ich schwöre Ihnen: Es ist nicht wahr!«
    Sie wollte aus dem Bett springen, aber Waltraud Born drückte sie auf die Kissen nieder. Sie rangen fast miteinander. Veronika wehrte sich, aber schließlich erlahmten ihre Kräfte und sie gab Ruhe. Schweißnaß lag sie im Bett und streckte Arme und Beine von sich. »Es ist nicht wahr!« wimmerte sie dabei. »Es ist nicht wahr –«

7
    Um sie zu beruhigen und einen neuen Ausbruch vorzubeugen, flößte ihr Waltraud Born in Wasser aufgelöste Beruhigungstropfen ein. Gehorsam schluckte Veronika Sassen die bittere Medizin und lag dann wie apathisch

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